Till Schauder
Köln (Weltexpresso) - Shahin Najafi steuerte zwei Rap-Songs zum Soundtrack meines vorhergehenden Filmes DER IRAN JOB bei. Als der Film herauskam, wollte ich Shahin zur Premiere einladen. Aber ich konnte ihn nicht erreichen. Nicht per Telefon, nicht per mail oder die sozialen Netzwerke und auch nicht über gemeinsame Bekannte. Er war verschwunden.
Letztendlich sagte mir meine Frau Sara, die auch Produzentin des Filmes ist, ich sollte mal die Nachrichten durchgehen. So erfuhr ich, dass Shahin sich versteckt halten mußte. Die englische The Times nannte ihn den „Rushdie des Rap“, nachdem strenggläubige Geistliche eine Todesfatwa gegen ich ausgesprochen hatten wegen der Veröffentlichung eines Rap-Songs mit ihrer Meinung nach blasphemischen Inhalten.
Als ich Shahin schließlich erreichte, meinte er erschöpft: „Ich fürchte um mein Leben.“ Mein Schwiegervater, Nicki Nodjoumi, ist ein Maler und berühmt für sein politisches und oftmals satirisches Werk. Er mußte 1980 von einem Tag auf den anderen sein Heimatland Iran verlassen – in dem Jahr, in dem Shahin geboren wurde. In den Tagen vor Nickis Flucht hatten Extremisten eine Retrospektive mit seinen satirischen Gemälden in Teherans Museum für moderne Kunst niedergebrannt. Seitdem lebte er im Exil und konnte den Tod seiner Mutter nur aus der Ferne erleben ohne sie wiedergesehen zu haben – ein Schicksal, dass Shahin nun ebenfalls mit ihm teilt. Die beiden verbinden weitere Gemeinsamkeiten: beide sind Künstlerauf der Flucht, die sich an die Gegebenheiten ihrer Gastländer gewöhnen müssen und dabei auch um die Erhaltung ihrer eigenen Identität kämpfen müssen. Und wie mein Schwiegervater, der früher die große Hoffnung der lokalen Geistlichen gewesen war und dann Künstler und ein unerbittlicher Kritiker des iranischen Regimes geworden war, hatte auch Shahin in seiner Jugend in Erwägung gezogen, eine geistliche Laufbahn einzuschlagen, bevor er sich für die Kunst und gegen die Religion entschied.
Solche Biographien sind für mich äußerst faszinierend. Sie erfordern Mut und Überzeugung, wenn sie hindeuten auf die politischen, kulturellen und religiösen Risse zwischen der westlichen und der muslimischen Welt. WENN GOTT SCHLÄFT zielt darauf ab, einen kontroversen Künstler und seinen Weg von lähmender Angst zu einem Wiedererlangen von Freiheit zu begleiten. Dabei stehen auch Fragen der Meinungsfreiheit, religiösem und politischem Extremismus und der künstlerischen Integrität im Fokus.
Aber diesen großen globalen Themen liegt eine sehr persönliche Geschichte religiöser Erkundung zu Grunde. Gefragt, ob Gott für ihn existiere, sagte Shahin: „Wenn Gott existiert, dann schläft er.“ Im Licht der weltweiten Konflikte über Religion, politische Unterdrückung, Flüchtlinge und Integration, scheint es gerade jetzt wichtig und richtig zu sein, Shahins Geschichte zu erzählen. Ich fühle mich geehrt, dass Shahin mir das exklusive Recht und die Möglichkeit gibt, seine außergewöhnliche Geschichte zu erzählen – eine große Herausforderung allen Facetten seiner Persönlichkeit gerecht zu werden, die provozierend, mutig, rastlos, schwer auszuhalten, widersprüchlich und liebenswert sein kann.
Foto: © Verleih
Info: Abdruck aus dem Presseheft
Solche Biographien sind für mich äußerst faszinierend. Sie erfordern Mut und Überzeugung, wenn sie hindeuten auf die politischen, kulturellen und religiösen Risse zwischen der westlichen und der muslimischen Welt. WENN GOTT SCHLÄFT zielt darauf ab, einen kontroversen Künstler und seinen Weg von lähmender Angst zu einem Wiedererlangen von Freiheit zu begleiten. Dabei stehen auch Fragen der Meinungsfreiheit, religiösem und politischem Extremismus und der künstlerischen Integrität im Fokus.
Aber diesen großen globalen Themen liegt eine sehr persönliche Geschichte religiöser Erkundung zu Grunde. Gefragt, ob Gott für ihn existiere, sagte Shahin: „Wenn Gott existiert, dann schläft er.“ Im Licht der weltweiten Konflikte über Religion, politische Unterdrückung, Flüchtlinge und Integration, scheint es gerade jetzt wichtig und richtig zu sein, Shahins Geschichte zu erzählen. Ich fühle mich geehrt, dass Shahin mir das exklusive Recht und die Möglichkeit gibt, seine außergewöhnliche Geschichte zu erzählen – eine große Herausforderung allen Facetten seiner Persönlichkeit gerecht zu werden, die provozierend, mutig, rastlos, schwer auszuhalten, widersprüchlich und liebenswert sein kann.
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