Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 15. November 2012, Teil 1/2
Romana Reich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Verfolgt man das Anlaufen von Filmen jahreszeitlich, so sieht man, daß sich die Verleiher, die die Filme herausbringen, bei den Terminen viel gedacht haben. So überschwemmen den Sommer viele leichte Sommerkomödien und im November gibt es schwere Seelenkost, auf jeden Fall Filme, die einen nachdenklich machen: Nachdenken über das Leben. Auch unser eigenes. Heute.
STILLE SEELEN
„Der Körper einer Frau ist selbst ein Fluß, so schade, daß man nicht in ihm ertrinken kann.“, sagt ein Mann, der Mann, der den Tod seiner Frau Tanya betrauert und Miron heißt. Dieser will seine tote Frau nach den Bräuchen der Merja bestatten. Das ist eine finnisch-ugrische Volksgruppe, die inmitten der russischen Zentrale rund um Moskau bis heute siedelt, deren Mitglieder und ihr heutiges Leben nicht eindeutig auszumachen sind, weshalb der Film und seine Geschichte märchenhafte Züge trägt und viele Szenen absolut surreal wirken.
Der Film beginnt mit zwei Spatzen, die Aist kauft und die er sich im Käfig auf die Fensterbank stellt, um die zwei genau zu beobachten, deren Verhalten ihn fasziniert, was er aufzuschreiben beginnt, und beim Schreiben auf seinen toten Vater, einen Dichter, kommt und auf das überkommene Volk der Merja, von deren Ritualen man teilweise noch weiß. Ein wichtiges Ritual ist das Verhältnis zu fließenden Gewässern, zu den Flüssen, die als heilig gelten. Die Erzählung über die ambivalente Bedeutung der Flüsse – Ertrinken ist Glück des Himmels, sich ertränken heißt die Hölle – ist derart in die Aufnahmen von Landschaft und Fluß eingebunden, daß sich für den Zuschauer eine fast hypnoseartige Wirkung ergibt und er dem Film atemlos lauscht, der heidnische Traditionen beschwört, so als ob sie heute noch praktiziert würden.
Auf jeden Fall will Miron zusammen mit seinem Freund Aist seine Frau nach der Art der Merja dem Tod überlassen, wozu erst einmal viele Erinnerungen an das Leben gehören, unter anderem ein Gespräch über ihren nackten Körper und das erotische Eheleben. Das alles hält ein Erzähler, auch ein Merjaner, zusammen, der sich an die Romanvorlage von Denis Ossokin hält wie auch Regisseur Aleksei Fedorchenko – der bekam für den schon 2010 hergestellten Film Lob in Venedig, wie auch der Kameramann -, der dem Ganzen filmisch eine unterschwellige Ironie verpaßt, die angesichts des Ernstes des Geschehens und der Stimme Abgehobenheit erzeugt, die den Zuschauer mitnimmt, ihm aber auch klar macht, daß solche Rituale immer welche männlicher Art waren.
DIE STIMME MEINES VATERS
Diese deutsch-türkische-französische Zusammenarbeit gilt einer kurdischen Familie in der Türkei, deren politischer Konflikt quer durch die Familie geht und auf Echtheit beruht. Es spielen Sohn und Mutter der beschriebenen Familie ihre Rollen selbst. Ein wichtiges Mittel im Film ist das Schweigen, das sehr beredt ist.
DREDD
Hierzulande weniger bekannt ist Judge Dredd eine Comicfigur, ja sogar in England eine Comicikone, der mit dem Helm auf dem Kopf auf einem 200 Stockwerke-Wolkenkratzer die Welt von Übermorgen morgen rettet.
TEPENIN ARDI - BEYOND THE HILL
In Form eines Western zeigt Emin Alper (Buch und Regie), wie das funktioniert mit der Übertragung, in dem ein Gruppe von Männern ihre inneren Konflikte auf einen Feind projizieren, von dem niemand weiß, denn man aber braucht, um sich gut zu fühlen. Wem käme dabei nicht Anatolien und die Türkei in den Sinn.