Konrad Daniel
Köln (Weltexpresso) - Mit der feierlichen Preisverleihung endete am Montagabend des 16. Oktober 2017 nach vier intensiven, filmerlebnisreichen Tagen die 17. Ausgabe von Filmplus – das Festival für Filmschnitt und Montagekunst.
In diesem Jahr erhielt den Filmstiftung NRW Schnitt Preis Spielfilm, dotiert mit 7.500 Euro von der Film- und Medienstiftung NRW, Heike Parplies für ihre herausragende Montageleistung an „Toni Erdmann“.
Die Jury, bestehend aus Frank Geiger (Produzent), Isabel Krolla (Film-und Medienstiftung Nordrhein-Westfalen), Claudia Linzer (Editorin, Vorjahrespreisträgerin), Pierre Sanoussi-Bliss (Schauspieler, Regisseur) und Isabelle Stever (Regisseurin) begründet ihre Entscheidung wie folgt:
„Wir haben uns entschieden, einen Underdog auszuzeichnen. Ein Underdog deshalb, weil dieser Film das Risiko eingeht, die Zuschauererwartungen nicht nur nicht zu bedienen, sondern zuweilen auch zu frustrieren. Aus einem ungebrochenen Stilwillen heraus, sucht die Montage dieses Films nicht den Effekt, betont nicht den Witz, sondern konzentriert sich auf die einfühlsame und differenzierte Figurenzeichnung, die durch den Mut zur Länge von etwas Überhöhtem zu etwas Alltäglichem, etwas Nachfühlbarem wird. Die Montage beeindruckt durch ein wunderbares Gespür für den passenden Rhythmus, der in seiner Langsamkeit dem tragischen und intelligenten Humor der Figuren genug Raum gibt. Durch die Balance zwischen den beiden Protagonisten, enthält sich der Film eines Urteils über diese, und konfrontiert uns dadurch mit den Realitäten unserer Welt. »Da schwirren ganz schön viele Begriffe rum«, sagt Ines im Film zu Winfried, »kann man das nicht mal ein bisschen ausdünnen?« Nein. Toni Erdmann ist – maßgeblich durch die Montage von Heike Parplies – ein Kunstwerk, das uns auch beim wiederholten Sehen immer wieder überrascht.“
Der mit ebenfalls 7.500 Euro von der Stiftung Kulturwerk der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst dotierte Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm wurde an Christof Schertenleib und Christoph Brunner vergeben für die Montage am Dokumentarfilms „Safari“.
„Wir prämieren eine Montageleistung die in ihrer Radikalität und Konsequenz einen Film entstehen lässt, der uns gnadenlos auf uns selbst zurückwirft. Insbesondere den Editoren ist es zu verdanken, dass der Blick auf die Protagonisten zwar entlarvend, aber am Ende nicht diskreditierend gerät. Die Schnittdramaturgie baut einen sich stetig steigernden Spannungsbogen, der bis zuletzt überraschende Akzente setzt. Insbesondere in der sich gegenseitig kommentierenden Wechselwirkung von Szene und Tableaux sowie durch bewusst gesetzte Auslassungen und Wiederholungen eröffnet uns die Montage von Christof Schertenleib und Christoph Brunner an „Safari“ einen tiefen und erschreckenden Einblick in globale Machtstrukturen“, so die Jury um Anna Ditges (Filmemacherin, Produzentin), Fabian Eder (Kameramann), Petra Hoffmann (Filmemacherin), Kaya Inan (Editor, Vorjahrespreisträger), Grit Lemke (Kuratorin).
Über die Vergabe des Nachwuchspreises berieten die Jurys des Filmstiftung NRW Schnitt Preis Spielfilm und des Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm gemeinsam. Preis-Pate Pierre Sanoussi Bliss überreichte den mit 2.500 Euro dotierten Förderpreis Schnitt, ermöglicht durch das Land NRW und die Deutsche Filmakademie, an Maximilian Merth für die Montage am Kurzfilm „Sara the Dancer“.
Die Jury hat sich nach einer intensiven Diskussion dafür entschieden, „den Preis für die beste Nachwuchsleistung einem Editor zuzusprechen, der eine ursächlich schöpferische Arbeit geschaffen hat. Dieser Editor schafft es in dem ständig wachsenden Archiv der Beliebigkeiten auf eine humorvolle und pointierte Art und Weise eine Narration zu finden, den Blick des Zuschauers durch unsre Welt zu lenken, dem digitalen Fahrzeug das Steuer zu entreißen und damit diese Beliebigkeit aufzuheben und mit Emotion zur erfüllen. Diese elementare Aufgabe eines Editors erfüllt er herausragend.“
Eine lobende Erwähnung erhielt Tama Tobias-Macht für ihre Montage an „El Manguito“.
Die Jurys begründeten Ihre Entscheidung folgendermaßen:" Durch das in seiner Entschleunigung sichere Timing des Schnitts kommen wir dem Kosmos Familie genau wie dem soziopolitischen System dahinter nahe – eine präzise Collage aus Fotos, Film und Text eröffnet uns Assoziationsräume und entführt in einem meditativen Sog in die entlegene Welt des Ortes El Manguito.“
Den Ehrenpreis Schnitt für das Lebenswerk nahm die Berliner Editorin Inge Schneider aus den Händen „ihrer“ Regisseurinnen Judith Keil und Antje Kruska entgegen, deren Film „Glanz von Berlin“ am selben Tag im Rahmen der Filmplus-Hommage zu sehen war.
Filmplus präsentierte vier Tage lang vom 13. bis 16. Oktober 2017 insgesamt 15 nominierte Filme in den Kategorien Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilm, begleitet von ausführlichen Gesprächen mit den anwesenden nominierten Editorinnen und Editoren. Neben etablierten Programmsektionen wie u.a. dem diesjährigen Themenschwerpunkt „Kommunikationslabor Schneideraum“ und der Inge Schneider gewidmeten Hommage, fand zum sechsten Mal der „Gastland“-Abend statt, in diesem Jahr mit dem schwedischen Editor Fredrik Morheden, der als einer der bekanntesten Schnittmeister des Landes gilt. Nach dem Screening von ‚Ein Mann namens Ove‘, der in Schweden zum kommerziell erfolgreichsten Film aller Zeiten wurde, diskutierte Morheden mit Emil Stenberg, Vorstandsmitglied des schwedischen Editorenverbandes.
Gemeinsam mit den Gästen, den Filmplus-Förderern, den Nominierten und den Jurys durften sich die künstlerische Leiterin Kyra Scheurer und der künstlerische Leiter Dietmar Kraus über ein gelungenes Get Together der Branche und des Kölner Kinopublikums freuen: „2017 war für uns als neues Führungsteam eine besondere Herausforderung. Umso glücklicher sind wir, dass die 17. Festivaledition von Filmplus bei Branchen- und Festivalbesuchern ein solcher Erfolg war. Gemeinsam mit unseren Gästen und dank aller Partner und Mitarbeiter konnte Filmplus das Gewerk der Montage wieder einmal vier facettenreiche Festivaltage lang als bedeutenden Bestandteil der Filmkunst in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rücken. Mit großer Zuversicht und Vorfreude sehen wir bereits dem 18. Geburtstag von Filmplus im nächsten Jahr entgegen.“
Die Schnitt Preisträger 2017:
HEIKE PARPLIES („Toni Erdmann“) – Filmstiftung NRW Schnitt Preis Spielfilm
CHRISTOF SCHERTENLEIB und CHRISTOPH BRUNNER („Safari“) – Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm
MAXIMILIAN MERTH („Sara the Dancer”) – Förderpreis Schnitt
TAMA TOBIAS-MACHT („El Manguito“) – Lobende Erwähnung Förderpreis Schnitt
INGE SCHNEIDER – Ehrenpreis Schnitt
Foto: Ehrenpreisübergabe © filmplus
Info:
Mit Jenny Krüger als Geschäftsführerin bilden Scheurer und Kraus die tricollage gUG, unter deren neuer Leitung das Festival 2017 zum ersten Mal stand. Die 18. Ausgabe von Filmplus – das Festival für Filmschnitt und Montagekunst findet vom 26. bis 29. Oktober 2018 statt.
Info:
Mit Jenny Krüger als Geschäftsführerin bilden Scheurer und Kraus die tricollage gUG, unter deren neuer Leitung das Festival 2017 zum ersten Mal stand. Die 18. Ausgabe von Filmplus – das Festival für Filmschnitt und Montagekunst findet vom 26. bis 29. Oktober 2018 statt.