f gauguinSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. November 2017,      Teil 7

Corinne Elsesser

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Paul Gauguin gilt als einer der bedeutendsten Wegbereiter der modernen Malerei. Vincent van Gough und Paul Cezanne zeigten sich beeindruckt und selbst Pierre Bonnard bewahrte eine Postkarte seines 1888 entstandenen Gemäldes "Vision nach der Predigt" auf, das man zuletzt auf einer grossen Retrospektive in der Fondation Beyeler in Basel bewundern konnte. Das Bild war noch in der Bretagne entstanden, wohin Gauguin auf seiner Suche nach dem Ursprünglichen gereist war, bevor er 1891 in Richtung Südsee aufbrach.

f gauguin2Seine 1893 erschienene Reisebeschreibung "Noa Noa: Voyage de Tahiti", in der er seinen Aufenthalt auf Tahiti schilderte, diente nun dem französischen Regisseur Édouard Deluc als Vorlage für ein Biopic. Der Film konzentriert sich auf die Zeit im selbstgewählten Exil fernab von Europa. Das langersehnte Paradies war der Urwald auf der kleinen Pazifikinsel Tahiti allerdings nicht. Gauguins Malerfreunde hatten sich nach anfänglicher Begeisterung aus dem "Atelier des Tropischen" zurückgezogen und auch seine Ehefrau Mette (Pernille Bergendorff) entschied sich, ihn doch nicht zu begleiten. So musste Gauguin (Vincent Cassel) seine Liebe und seine fünf Kinder in Paris zurücklassen. 18 Monate blieb er auf Tahiti und vollendete trotz Einsamkeit, Hunger und Krankheit über sechzig Gemälde. Sein hier entwickelter Malstil war sensationell neu, blieb jedoch im damaligen Europa unverstanden. Lange nach seinem Tod erst würden sich die Fauves und später die Kubisten auf ihn berufen.

Der inneren Gebrochenheit und dem ambivalenten Charakter des Malers verleiht der Schauspieler Vincent Cassel auf tiefgründige Weise Ausdruck. Er lässt den Maler angesichts der extremen Klimabedingungen und zahlreicher Krankheiten so glaubwürdig altern, als sei es das eigene Älterwerden. Über weite Strecken ist denn auch nicht zu unterscheiden, ob es Regisseur Deluc um den Maler Paul Gauguin oder nicht vielmehr um den Schauspieler Cassel geht, der diesen darstellt.

Gauguins Ringen um einen neuen Malstil, die ureigene künstlerische Tätigkeit, tritt zu sehr in den Hintergrund, wenn sich die Filmhandlung auf das Vorankommen des Helden im schier undurchdringlichen Urwald der Insel zu konzentrieren scheint. "Ich werde in den Wald zurückkehren, um dort von der Ruhe, der Ekstase und der Kunst zu leben," schrieb Gauguin in seinem Reisebericht. Édouard Deluc nahm sich diesen Satz zum Leitmotiv, was zwar aufregend klingt, für eine dramatisch vorangetriebene Filmerzählung aber nicht ausreicht. Über lange Strecken reitet der Maler ziellos durch die Urwälder und wirkt dabei wie ein Pionier in einem Western.

So zärtlich sich dagegen die Liebesgeschichte mit der Eingeborenen Tehura (Tuheї Adams) anbahnt, so nonchalant und desinteressiert steht Gauguin ihr später gegenüber. Tehura wird sein bevorzugtes Modell und ist auf vielen seiner Gemälde zu sehen. Doch sie entfernt sich immer weiter von jener ursprünglichen "Eva", die Gauguin einst in ihr zu finden glaubte. Enttäuscht und mittellos muss der Maler, wie schon in Europa, als Sackträger am Hafen von Papeete sein Geld verdienen. In diesen Szenen scheint der am Actors' Studio in New York ausgebildete Schauspieler Cassel ganz mit der historischen Figur Gauguin zu verschmelzen und verleiht ihr eine eindrucksvolle Authentizität.

Foto: Das Titelbild ist Hauptdarsteller Vincent Cassel vor einem Gauguin-Selbstportät-Plakat, Filmstill imText © Verleih

Info:

Gauguin: Voyage de Tahiti, Frankreich, 2017
Regie: Édouard Deluc
Drehbuch: Edouard Deluc, Etienne Comar, Thomas Lilti, nach der Vorlage von Gauguin, "Noa Noa: Voyage de Tahiti"

Darsteller: Vincent Cassel, Pernille Bergendorff, Tuheї Adams, Malik Zidi, Pua-Taї Hikutini u.a.

Produzent: Bruno Levy
Kamera: Pierre Cottereau
Schnitt: Guerric Catala
Szenenbild: Emmanuelle Cuillery
Kostüme: Celine Guignard Rajot
Musik: Warren Ellis

Länge: 101 Minuten