An vier Abenden zeigte und zeigt die ARD die Miniserie, nun in verschiedenen Programmen, Teil 2/2 Hanswerner Kruse
Berlin (Weltexpresso) - Sie spielen die allein erziehende Michelle, was hat Sie an dieser Rolle gereizt?
Die Michelle hat mich gereizt, weil ich nicht so viel über diese Frau wusste, sie hat ein ganz anderes Leben als ich, das hat mich neugierig gemacht. Ja und dann fand ich spannend, dass ich quasi eine Ermittlerfigur bin, die Krimihandlung vorantreibe, und zugleich selbst so stark emotional betroffen bin.
Die Dreharbeiten dauerten fünf Monate?
Ja, ich fand es auch interessant, für diese Serie eine Figur über so einen langen Zeitraum zu erarbeiten, das hatte ich vorher noch nie gemacht. Durch die Serie hatte ich mit sehr viel mehr Filmfiguren zu tun als sonst, ich musste mir mehr Gedanken über meine Beziehungen zu ihnen machen. Ich dachte anfangs, vielleicht werde ich irgendwann mal müde, Michelle weiterzuspielen - aber das Gegenteil war der Fall, es ist schön gewesen mit dieser Figur zu wachsen.
Sie haben nicht chronologisch gedreht?
Nein, nein, das war ja wie ein Puzzle, wir sind im Drehbuch immer gesprungen. Ich fand es anfangs schwierig, dass sich vertraute Arbeitsstrukturen auflösten und ich den Überblick verlor - aber das hatte dann irgendwann etwas Befreiendes. Ich habe dem Regisseur vertraut und konnte mich voll auf die jeweiligen Szenen konzentrieren.
Wie war denn die Arbeit mit Hans-Christian Schmid?
Das war eine sehr schöne Erfahrung, meine einzige Begegnung mit ihm waren ja bisher nur seine Filme. Ich fand die Natürlichkeit und Glaubwürdigkeit seiner Figuren immer toll - und er ist in der Arbeit auch menschlich großartig. Er hat eine angenehme Art der Regieführung, es war eine sehr entspannte Atmosphäre am Set. Das war ja alles nicht so selbstverständlich, jemand kann geniale Filme machen und ist eine schreckliche Person... (lacht) ...und man fragt sich, wie kann der so tolle Filme machen.
Noch mal zur Handlung, es gibt diesen Riss zwischen den Generationen
Michelles Vergangenheit war nicht vom Drehbuch vorgegeben, aber die hat wohl stark ihr Verhältnis zu Janine beeinflusst. Gleich in den ersten Szenen sieht man, sie ist liebenswert und aufmerksam, aber sie hat auch was Übergriffiges und mischt sich stark in das Leben ihrer Tochter ein. Vielleicht will sie Janine ihre eigene Geschichte als junge alleinerziehende Mutter ersparen...
Die Filmeltern haben starre Bilder, wie die Kinder werden sollen, die sollen sich in diese Vorstellungen hineinfügen, religiös sein oder Karriere machen. Es fehlt die unvoreingenommene Begegnung zwischen den Eltern und ihren Kindern, das ist das Tragische.
...und alle haben ihre kleinen Geheimnisse...
...ja das kommt erschwerend dazu, es fehlt die Aufrichtigkeit. Die Eltern verlangen Vertrauen, aber muten den Kindern die Wahrheit nicht zu, sie meinen beispielsweise, sie durch diese Geheimnistuerei schützen zu müssen.
Foto: © ARD
Michelle (Julia Jentsch) auf der Suche nach ihrer Tochter Janine
Info:
„Das Verschwinden“ am 21., 29., 30. und 31. Oktober gab es jeweils um 21.45 Uhr in der ARD und nun in der Mediathek
Der Film ist überhaupt nicht moralisch...
...nein, fast alle Menschen im Film verbergen ja etwas und handeln nicht aufrichtig. Wir zeigen ihre Probleme, ihre Verstrickungen, aber wir verurteilen sie nicht. Viele spüren am Ende ihre Fehler und merken schmerzhaft, sie müssen sich verändern, aber es bleibt offen, was sie tun werden. Michelle jedenfalls hat viel einsehen müssen und wird anders mit ihrer kleinen Tochter umgehen.
