Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Schade. Da freut man sich so auf den neuen Film von Margarethe von Trotta, wundert sich über den englischen Titel, schüttelt den Kopf, daß schon wiedermal alles in New York spielen muß, als ob deutschen Filmemachern keine andere Stadt einfiele, irgendwie von gestern, erfreut sich an den tollen Schauspielern – und ist nach einigem Hin und Her einfach nur enttäuscht.
Klar, hätte hier bei FORGET ABOUT NICK ein anderer Regie geführt, hätten wir so nicht begonnen. Aber die Regisseurin hat durch ihre bisherigen Filme einfach die Erwartung sehr nach oben geschraubt und auch, wenn sie betont, sie habe einmal einen leichten Film machen wollen, so darf man leicht nicht mit seicht verwechseln. Und eigentlich fängt auch alles ganz toll, ganz interessant an. Ungewöhnlich das Zusammenspiel dieser Schauspieler und zwar abgegriffen, aber ebenfalls interessant, was in diesem Loft da alles passiert und wie sein Äußeres der Erzählung gemäß verändern wird.
Es beginnt mit Jade (Ingrid Bolsø Berdal), einer attraktiven Blondine, Vorzeigemodell und zwischen Resignation und Wut agierende Frau, die gerade von ihrem Mann Nick (Haluk Bilginer), mit dem sie in diesem aufregenden, aber steril gestylten Loft wohnt, verlassen worden ist. Für eine, die halb so alt ist wie sie selber. So hangelt sie sich von Stunde zu Stunde durch ihr Leben, das einerseits noch alle Vorzüge ihrer ehemaligen Starqualität besitzt, aber schon durchscheinen läßt, daß alles fadenscheinig wird und sie den Ansprüchen nicht mehr genügt, die sie gerade noch mit einer neuen, von ihr kreierten Modelinie in Gang gesetzt hatte. Übrigens mit dem Geld von Nick. Nicht sie ist schlechter geworden in ihren Entwürfen, sondern die Modeindustrie und die Schickeria setzen nun auf etwas anderes, denn die Veränderung, die ständige und von wenigen initiierte und kontrollierte, ist Geschäftsmodell, an dem dann wenige verdienen und viele viel verlieren.
Doch Jade kann dies nicht durchschauen, sie ist die verletzte Frau, die insgeheim den geliebten Mann zurückhaben will und jede Sekunde darauf wartet. Und dann das! Die Tür geht auf und ihre Vorgängerin, die erste Exfrau des Mannes steht in der Wohnung. Und die ist eine Augenweide, eine komödiantische. Maria (Katja Riemann) bringt den Schwund und die Lässigkeit mit, die man bei einer Komödie erwartet und so versucht sie, ihrer ausgemusterten Nachfolgerin Lebensfreude und Lust am Essen beizubringen.
Mein Gott, ist diese Geschichte verschwurbelt und an den Haaren herbeigezogen. Es könnte ja alles so lustig sein, aber wir Zuschauer müssen uns abmühen, alle diese Fallstricke, die eingebaut sind, aufzulösen, erst dann kann man lachen. Denn diese Maria kommt – nach Germanistikstudium und Uni-Karriere zurück nach New York in genau die Wohnung, die sie einmal mit ihrem Mann Nick erworben und eingerichtet hatte. Zwar ist jetzt alles neu und modern fad, aber ihr gehört nach Ehevertrag die Hälfe der Wohnung, die andere, nämlich Jade, soll, damit der Mann besseren Gewissens die dritte Frau an Land ziehen kann, die andere Hälfte erhalten. Da aber ihre Modelinie Investitionen braucht, möchte sie die Wohnung verkaufen, was nicht geht, da ja die andere Hälfte...
Natürlich reicht das erst mal für Slapstickszenen, aber doch nicht einen ganzen Film hindurch und so bringt erst die nächste Frau, die die Tür aufmacht, neuen Wind. Es ist die Tochter aus der ersten Ehe, die nun alles kittet und sowohl der Mutter wie auch der Stiefmutter, der sie immer noch böse ist, weil diese den Vater der Mutter ausgespannt hatte, zum besseren Leben, auch miteinander verhilft. Ach und da ist noch deren Kind, aber das ist alles so überkonstruiert, daß wir schon gar keine Lust mehr haben, weiterzuerzählen. Schade um den Aufwand, schade um so viele kleine feine Sachen im Film, die Spaß machen, aber nicht zusammengehalten werden, so bemüht lustig ist das alles, nein: soll alles sein. FORGET ABOUT NICK ist eben nicht ALL ABOUT EVE, da hilft kein englischer Titel!
Foto: © Verleih