Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. Dezember 2017, Teil 7
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Schon wieder eine französische Komödie? Schon wieder! Eigentlich ist doch inzwischen alles gesagt. Und zu oft fangen diese Komödien ansprechend an und enden in der selben harmonischen Soße. Von wegen. Hinter diesem Allerweltstitel verbirgt sich ein Juwel.
Schon Erwan (François Damien), ernsthaft und handfest, ist keine übliche Figur in französischen Filmen, noch gar sein Beruf eines Minenentschärfers, dem er zu hohem Lohn meist im Ausland nachging. Dafür braucht man eine ruhige Hand und die gewisse Schwerfälligkeit, auch Bodenständigkeit, über die Erwan verfügt. Zumindest verfügte. Denn sein gradliniges Leben, das gute Gefühle produzierte, immerhin retteten seine Hände, die der Sachverstand steuerte, vielen Menschen das Leben, doch dieses Leben kam durcheinander. Erst stirbt einfach die Frau in der Heimat, der Bretagne, dann muß er seine aufregende Tätigkeit, in der er sich selbst so gut vergessen kann, aufgeben , denn er muß sich jetzt selbst um die gemeinsame Tochter kümmern. Ob es der paßt oder nicht.
Auch die wunderschöne Landschaft, die im Film die Schönheiten der Bretagne mit und ohne Wasser so nebenbei aufscheinen läßt, kann ihn nicht trösten, als neben allem Elend, das er fühlt, auf einmal seine so junge Tochter Juliette (Alice de Lencquesaing) schwanger wird und absolut dicht hält, wer der Vater der Kindes ist. Aber so einfach ist das nicht, denn in der Familie von Juliette gibt‘s ein genetischen Problem. Also ist Vorsorge wichtig, ein DNA-Test soll es richten, weshalb die noch lebenden Familienmitglieder auf den Defekt hin untersucht werden.
Das Ergebnis bringt nicht weiter, führt allerdings zu einem überraschenden Ergebnis. Nein, nein, er ist schon der Vater seiner Tochter, das schon, aber sein Vater Bastien (Guy Marchand) ist nicht sein biologischer Erzeuger. Davon hat ihm nie jemand auch nur ein Wort gesagt. Aha, denkt man beim Schauen, hier geht‘s gleich zweimal um Väter. Der eine ist nicht bekannt, weil die Schwangere schweigt, der andere ist auch nicht bekannt, weil der vermeintliche Vater sich ja als echter ausgegeben hatte, auch wenn er den Sohn nur adoptiert hat.
Was wir so kurz zusammenfassen, kostet den über 40jährigen Erwan eine Menge Zeit, Nerven – und ja, Geld auch. Er selbst ist mit der Vatersuche überfordert, weshalb er sich an eine Privatdetektivin ( Brigitte ROÛAN ) wendet, die auch postwendend den Vater auftut. Es ist der 70-jährigen Joseph (André Wilms), liebenswert und leicht skurril, seltsam, daß er einen doch schwerfälligen Sohn wie Erwan hat. Aber dieser zeigt in anderen Szenen, was vielleicht in ihm steckt. Denn des Nachts hat er buchstäblich auf der Landstraße Anna (Cécile de France) kennengelernt, ein Unfall, er das stabile Element. Das läuft erst einmal nebeneinander, d.h. jetzt haben wir drei Geschichten, die parallel laufen. Seine schwangere Tochter, deren Schwängerer er sucht, seinen Vater, den er gerade aufgetan hat und mit dessen Familienfotos die eigene Geschichte komplettieren will und die taffe Anna, in jeder Hinsicht eine Augenweide, aber eben auch eine mit einem eigenen Kopf, die im übrigen alles für den leicht selbstsüchtigen, aber auch charmanten Vater tut. Der Vater und ihr Beruf, das ist ihr Leben.
Stark, wie Regisseurin Carine Tardieu, die auch am Drehbuch mitschrieb, die Fäden spinnt, die vor unseren Augen in einen Zopf geflochten werden – und die plötzlich in verschiedene Richtungen auseinanderfallen. Denn, oh Schreck oh Graus, Erwan muß feststellen, daß Ann die Tochter seinen gerade gefundenen Vaters ist. Dann sind sie Geschwister. Eine Liebesbeziehung, die sich gerade anbahnt, obwohl sich beide dagegen wehren und sich ihre Gefühle nicht eingestehen, ist nicht mehr möglich.
Doch dann, ach nein, das soll nicht weitererzählt werden, auf jeden Fall geht die Geschichte ihren eigenen Gang, auch, als Erwan den Vater seines zukünftigen Enkels im Windei Didier (Estéban) ausmacht, der durch den Film torkelt und dumme Sachen macht. Schauen Sie selbst. Es lohnt. Was heißt schon Komödie. Hinter jeder Komödie steckt eine handfeste Tragödie. Kommt nur darauf an, an welcher Seite man anfängt.
Foto: © Verleih
Info:
Besetzung
Erwan Gourmelon François DAMIENS
Anna Levkine Cécile DE FRANCE
Bastien Gourmelon Guy MARCHAND
Joseph Levkine André WILMS
Juliette Gourmelon Alice DE LENCQUESAING
Didier ESTEBAN
Madjid Lyes SALEM
In der Rolle des Gentechnikers Sam KARMANN
Als Detektivin Brigitte ROÛAN