fm Wanderschauspieler TrailerPorträt Theo Angelopouos: Dezember 2017 – Februar 2018 im Filmforum Höchst

Helga Faber

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der Verein „Aufblende e. V.“ präsentiert ab Dezember eine kleine Retrospektive der Filme des griechischen Regisseurs Theo Angelopoulos, einem der wichtigsten und interessantesten europäischen Filmemacher und führendem Autorenfilmer ab den 70er Jahren. In seiner mehr als fünf Jahrzehnte währenden Karriere führte er bei 20 Kurz- und Langfilmen Regie. und galt als bedeutender Chronist seines Heimatlandes.

Im Verlauf seiner Karriere gewann er über 40 internationale Film- und Festivalpreise und wurde für zwölf weitere nominiert.

Die Reihe beginnt am Samstag, den 16. Dezember um 19 Uhr mit Angelopoulos epischem Meisterwerk O Thiasos – Die Wanderschauspieler, in dem er anhand einer fahrenden Theatergruppe in dreieinhalb Stunden von den Wendungen der neueren griechischen Geschichte erzählt. Berühmt geworden ist der Film auch wegen seiner Kameraführung und der meisterlichen Plansequenz, die uns von einer Epoche in eine andere führt.

Am Samstag, den 20. Januar um 18.30 Uhr läuft der 1973 entstandene Film Meres tou 36 – Tage von 36, mit dem der Regisseur seine große und einzigartige „historische Trilogie“ eröffnet. Er blickt zurück aus der Zeit der Diktatur von 1967 in jene von 1936, um die Mechanismen zu betrachten, die ein Land in den Zustand einer Diktatur bringen.

Weitere Filme folgen im Februar und März.

O Thiasos - Die Wanderschauspieler
Theo Angelopoulos, Griechenland 1974, 223 min., (OmU) 35 mm
Sa, 16.12. um 19.30 Uhr, mit Einführung!

Den Auftakt macht der Film O THIASOS - DIE WANDERSCHAUSPIELER aus dem Jahre 1974. Er schildert die Wanderung einer Schauspielergruppe (o thiasos = das Ensemble) durch die griechische Geschichte der Jahre 1939 bis 1952 - durch Militärdiktatur (General Metaxas), deutsche Okkupation, englische „Befreiung“ (General Scobie), schließlich den blutigen Bürgerkrieg und dessen Ende mit dem Sieg der Rechten und der Errichtung einer erneuten autoritären Regierung im Jahre 1952 (Marschall Papagos).

Eine Geschichte der Niederlagen, der Zerstörungen, der Vertreibungen und der Unterdrückung. Angelopoulos demonstriert, wie sich Geschichte als ein Prozess darstellt, in den die politische Praxis einzelner und die von Gruppen, nicht zuletzt die persönlichen Beziehungen der Protagonisten eingebettet sind. Geschichte wird gemacht. Diese Verschmelzung privater Schicksale mit politischen Vorgängen ist selten in einem Film besser gelungen als hier.

Dazu leistet die filmische Gestaltung einen entscheidenden Beitrag. In grandiosen Einstellungen, Kamerafahrten und Plansequenzen bringt Angelopoulos die Handlung des Films voran, angelehnt an die „Orestie“ des Aischylos. Orte und Zeiten verknüpft er zuweilen in einer einzigen langen Einstellung. Durch überraschende Wechsel der Handlungszeit oder durch den Einbruch äußerer Geschehnisse in die Beziehungen der Gruppenmitglieder hält er die Spannung aufrecht. Dabei kommt den Kriegsjahren eine besondere Bedeutung zu, insbesondere dem Bürgerkrieg der Jahre 1946-49, die tiefe Spuren im Bewusstsein des griechischen Volkes hinterlassen haben.

Meres tou 36 - Tage von 36
Theo Angelopoulos, Griechenland 1973, 105 min., OmU
Sa, 20.1.18 um 19 Uhr, mit Einführung!

Der historische Hintergrund des dritten Films von Theo Angelopoulos aus dem Jahre 1973, gedreht also noch unter der Obristen-Herrschaft (!), ist die Machtergreifung durch General Metaxas, den Führer einer kleinen rechtsradikalen Partei im April 1936.

Metaxas wird vom griechischen König Georg II., der nach Wiedereinführung der Monarchie 1935 nach Griechenland zurückgekehrt war, mit der Bildung einer Regierung beauftragt, nachdem die beiden großen konservativen Parteien keine gemeinsame Basis für eine Regierung gefunden haben. Obwohl Metaxas ein erklärter Feind der parlamentarischen Demokratie ist, wird er von den Konservativen unterstützt, während die „Linke“ mit Streiks reagiert und verzweifelt versucht, die Bevölkerung gegen die Faschisierung der Gesellschaft zu mobilisieren...

TAGE VON ´36 beschreibt den Beginn der heraufziehenden Diktatur Metaxas. Parallelen zu den „Tagen von ´67“ drängen sich auf. Die äußeren Machtstrukturen reflektieren die innere Verfassung des Staates ebenso wie die politische Lethargie der Bevölkerung.

Auf der Handlungsebene erzählt der Film - immer wieder unterbrochen durch Szenen der Zeitgeschichte - von einem inhaftierten Kleinkriminellen und Polizeispitzel (Sofianos), der ausgeschaltet werden soll, weil er „zu viel“ weiß, und der daraufhin einen konservativen Abgeordneten (Kriesis) als Geisel nimmt, um sich frei zu pressen.

Auch TAGE VON ´36 trägt die unverwechselbare Handschrift Angelopoulos‘ - langsame, ruhige Kamerafahrten, Rundschwenks von 360° und lange Einstellungen bis hin zu Plansequenzen, in denen ohne Schnitt inhaltliche Übergänge geschaffen werden.

Die vom Geist der Unterdrückung geprägten Drehbedingungen schlagen sich merklich in der Ästhetik des Films nieder: „Alles, was im Film wichtig ist, habe ich versucht, hinter Türen zu verlegen; d.h. hinter die Türen oder ins Telefon oder ins Schweigen oder in den Lärm der Umgebung. Die Diktatur ist in die formelle, äußere Anlage des Films selbst eingeschrieben. Das waren die Bedingungen, unter denen ich arbeitete: ich konnte nichts sagen.“ (Theo Angelopoulos 1975)

Foto: ©

Info: 

www.filmforum-höchst.de
Filmforum Höchst
Emmerich-Josef-Str. 46a, 65929 Frankfurt a.M.
Eintritt 7 € (Frankfurt Pass 3,50 €, Kartenreservierung unter Telefon 069 212-45714