f sinky3Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 8. Februar 2018, Teil 1

Mareille Klein

München (Weltexpresso) -  Ein Kinderwunsch ist intim, ein unerfüllter Kinderwunsch erst recht. Und trotzdem meint jeder, hier mitreden zu dürfen, im Privaten wie in der Öffentlichkeit. In den letzten Jahren wurde der KiWu, wie er unter Insiderngenannt wird, sogar zu einem Politikum. Frauen und Männer ohne Kinder sind schuld, dass in 30 Jahren nicht genügend Arbeitskräfte da sind, um in die Rentenkasse einzuzahlen. Und Papst Franziskus sagt: „Wer keine Kinder bekommt, ist egoistisch.“ Ideal seien drei pro Paar.

Mir begegnete das Thema KiWu das erste Mal mit voller Wucht als ich 26 Jahre alt war. Auf der Suche nach einer Gesprächstherapie nutzte ich die üblichen fünf Probestunden und besuchte einen freundlichen, jüngeren Therapeuten. Stunde für Stunde erzählte ich ihm von meinen Beziehungsproblemen. In der fünften Stunde sagte er: „Es wird Zeit, dass Sie sich trennen. Je früher desto besser. Sie werden nicht jünger. Die Zeit rennt Ihnen davon.“ Es verschlug mir die Sprache. Ohne noch etwas zu sagen, verließ ich nach einigen Minuten die Praxis und kehrte nicht zurück.

Der Rat des Therapeuten hatte mich verunsichert und Angst ausgelöst, vor der Zukunft und vor meinen Entscheidungen. Verbaute ich mir mit Mitte zwanzig den Rest meines Lebens? Und was heißt ,verbauen‘, gibt es denn ein richtiges Modell? Inzwischen habe ich mich an solche Ratschläge gewöhnt. Dieses Gespräch begegnet mir ständig, auch wenn ich die Zeitung aufschlage. Vor ein paar Jahren berichteten die Medien ausgiebig von unglücklichen, kinderlosen Frauen Mitte vierzig, heute von schlaueren Mitte zwanzig, die ihre Eizellen einfrieren, um sich nach Karriere und anderen Freiheiten noch den Traum vom Kind zu erfüllen.

Ich bin jetzt zehn Jahre älter und habe kein Kind. Ich kenne beide Gefühle, die Zufriedenheit darüber, wie es jetzt ist, und den Traum von einem Leben mit Kind. Nicht nur von mir selbst. Ich bin Frauen begegnet, die keinen Kinderwunsch haben, und das ganz klar für sich formulieren können, und Frauen, deren Kinderwunsch brennt, aber nicht in Erfüllung geht. Für sie ist der Verzicht auf ein Kind leidvoll. Es fühlt sich an, als hätten sie etwas verloren, obwohl sie es nie hatten. Dinky Sinky nimmt diese Trauer ernst. Gleichzeitig stellt der Film die Angst vor einer unerfüllten Zukunft vehement in Frage. Frida, die Hauptfigur, ist in erster Linie nicht deshalb unglücklich, weil sie kein Kind hat, sondern weil sie sich auf die Idee eines Kindes fixiert. Alles andere in ihrem Leben wird diesem Wunsch angepasst und geht verloren. Fridas Problem ist ihre Vision eines Lebens mit Leerstelle. Die Frage, die sich im Film schließlich stellt, ist nicht, ob sich der Traum vom Kind erfüllt, sondern ob Frida loslassen kann, ohne zu wissen, was dann passiert.


Foto: 
© Verleih

Info:
DINKY SINKY
BESETZUNG
Katrin Röver             FRIDA
Till Firit                     TOBIAS
Ulrike Willenbacher  BRIGITTE
Michael Wittenborn HARTMUT
Götz Schulte            MICHAEL
Franciska Rako        LAURA
Katarina Hauter       JOSEFIN
Nora Buzalka           BIRGIT