PK FIGLIA MIA Foto RKratzenbergEin Rückblick: Frauenbilder auf der Berlinale, Teil 1/2 

Rita Kratzenberg

Berlin (Weltexpresso) - Das Thema Frauen war in Berlin allgegenwärtig. Die Schlagworte Gleichberechtigung und MeToo begegneten den Festival-Besucherinnen und -Besuchern ständig. Vom Dresscode auf dem Roten Teppich, wo für die Schauspielerinnen schwarze Kleidung angesagt war, bis zu den Filmen. Vier von 19 Wettbewerbsfilmen (plus fünf außer Konkurrenz) stammten von Regisseurinnen, und in einigen der übrigen standen starke Frauenfiguren im Mittelpunkt.

Nach der Bärenverleihung richtete sich naturgemäß alle Aufmerksamkeit auf die Gewinnerinnen ­– und Gewinner. Aber es gab auch weitere erwähnenswerte Filme über starken Frauen, die jeweils in ihrer Lebenssituation eine couragierte Entscheidung treffen müssen. Drei von ihnen sollen hier betrachtet werden.

rk Figlia mia Daughter of MineIm Wettbewerb lief FIGLIA MIA (DAUGHTER OF MINE) mit Alba Rohrwacher in der Hauptrolle. Die Schauspielerin und Regisseurin gehörte zu den Bekannteren unter den weithin Unbekannten. Regisseurin Laura Bispuri hat ihr die zwiespältige Figur der Angelica zugedacht. Angelica ist die leibliche Mutter der 10-jährigen Vittoria (Sara Casu), die in einem Dorf auf Sardinien bei ihren vermeintlichen Eltern wohlbehütet aufwächst, ohne etwas von ihrer wahren Abstammung zu ahnen. Angelica ist das komplette Gegenteil der etwas spießigen Pflegeeltern. Sie ist ständig betrunken und treibt sich nachts spärlich bekleidet in der Dorfkneipe auf der Suche nach Liebe herum. Da sie chronisch pleite ist, bettelt sie Männer um Drinks an und verwechselt dann schon mal Sex mit Liebe, um sich ihr Verhalten schön zu reden. Doch die kleine Vittoria wird geradezu magnetisch von dieser Frau angezogen, die laut, schrill und komplett unangepasst ist.

Ein kleines Mädchen zwischen der überfürsorglichen Pflegemutter Tina (Valeria Golino), von der sie annimmt, sie sei ihre „echte Mutter“ und einer exzentrischen Frau, die ihr ähnlich sieht. Als sie das Geheimnis aufdeckt, macht sie Tina heftige Vorwürfe, sie habe nur aus egoistischen Motiven die Mutterrolle übernommen und versuche, sie von Angelica fernzuhalten (womit sie natürlich Recht hat).

Nicht weniger emotional ist jedoch ein ruhiger Moment, in dem die Pflegemutter und Angelica in der schäbigen Dorfkneipe sitzen und über ihre Gefühle sprechen. Dort kann sich Angelica zum erstmal öffnen, und man erkennt, dass sie im Innersten noch immer ein Kind ist, das von seiner Mutter nicht geliebt wurde und deren Liebe immer noch vermisst.  Weil sie sich der Mutterrolle nicht gewachsen fühlt, hat sie entschieden, dass die kleine Vittoria eine stabile Familie haben soll. Als Vittoria schließlich auch von Angelica enttäuscht ist, bleibt ihr nichts Anderes übrig – und das ist der Clou des Films – als selbst das Kommando über ihre beiden Mütter zu übernehmen.

Fotos: 
Titel:
Pressekonferenz zum Film auf der Berlinale © Rita Kratzenberg
Text: 
Figlia mia | Daughter of Mine
Land: ITA/DEU/CHE 2018
Regie: Laura Bispuri
Bildbeschreibung: Sara Casu, Alba Rohrwacher, Valeria Golino
Sektion: Wettbewerb
© Vivo film / Colorado Film / Match Factory Productions / Bord Cadre Films / Valerio Bispuri