fm o0Die Oscarnacht (90ste) im Deutschen Filmmuseum Frankfurt, Teil 2/3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wir wollen in Zukunft die Oscarverteilung nicht mehr für den Nabel der filmischen Welt halten. Denn so ist es Hollywood gelungen, uns alle am amerikanischen Maßstab zu messen, so als ob wir persönlich beteiligt wären, ob dieser oder jener Film einen Oscar erhält, denn nach den Statuten ist allein die Kategorie des fremdsprachigen Films eine, an der die gesamte außeramerikanische Welt sich beteiligen kann: ein Oscar von 24!

Ist das nicht peinlich? Die ganze Welt schaut infolge der Fernsehübertragung zu, Deutschland über Pro Sieben  und muß einen Kommentator wie Steven Gätjen überstehen, dessen dümmliche Anmache den angeblichen und wirklichen Stars gegenüber ein Fremdschämen in Gang setzt. Wir selber sind es, die durch unsere Verhalten Amerika und das heißt die Vereinigten Staaten und deren Geldgeschäft mit Filmen weltweit unterstützen. Auf der Strecke bleiben all die Filme, die in den Ländern der Welt über dortiges Leben, deren Bevölkerung und deren Geschichte berichten. Monokultur heißt das in der Pflanzenwelt. Und jeder weiß, daß Monokulturen verderblich sind - auf Dauer. 

fm o2Geld. Das war das Stichwort, das bei der Oscarverleihung im Unterschied zu früher gleich zweimal ungeniert ausgesprochen wurde. Einmal sagte die auserwählte Beste Hauptdarstellerin Frances McDormand bei ihrer Aufforderung an alle nominierten Oscaranwärterinnen, doch bitte aufzustehen, daß hier die Frauen stünden, die Geschichten zu erzählen hätten, die aber für deren filmische Umsetzung kein Geld zur Verfügung bekämen. Geld ist das Produktionsmittel, das den Frauen bisher vorenthalten wurde. Damit muß Schluß sein. Die ob ihrer Deutlichkeit bejubelte Frances McDormand gab sozusagen das Ausrufezeichen zum Thema: Film und Geld, das der wendige Moderator Jimmy Kimmel von Anfang an thematisiert hatte. Auch am Beispiel der Blockbusters - in diesem Jahr am erfolgreichsten BLACK PANTHER, in wenigen Wochen ein Einspielergebnis von 900 Millionen Dollar und im letzten Jahr WONDER WOMAN mit 820 Millionen Dollar - hatte Kimmel klargestellt, daß die Oscars der Kunst gewidmet seien, an der Kinokasse aber die beiden besagten Filme am erfolgreichsten seien, über die bei der Oscarverleihung aber niemand rede, weil sie eben nicht in Frage kämen für eine Auszeichnung.

fm os1In dieser schizophrenen Lage befindet sich nicht nur die US-amerikanische Filmindustrie, von der man offen als Industrie sprechen sollte. Bewußtseinsindustrie war ein Begriff, der wenig angewandt, immer noch stimmt. Aber sonst wurde 90 Jahre lang bei Oscarverleihungen über alles mögliche gesprochen, auch über das, was sich ändern müsse, aber eben nicht direkt über das Geld. Gut so, daß es ausgesprochen und der finanzielle Urgrund angesprochen wurde.

Zum Prozedere wollen wir nichts weiter sagen, auch nicht zu den Kleidern, die hauptsächlich zeigten, wie dünn die Schauspielerinnen sind. Im nächsten Artikel die Liste der 24 Oscars in fetter Markierung einschließlich der Nominierungen und da, wo wir es wichtig fanden, eine kurze Kommentierung.

Ach doch, vierDinge sind uns noch wichtig.
Auf der Bühne holten sich die verschiedenen Oscarstatuetten - außer denen für die weiblichen Stars - fast nur Männer, in der Regel mehrere weiße ältere Männer ab. Das war so was von auffällig!
Und Greta Gerwig war mit ihrer ersten Regiearbeit LADY BIRD die große Verliererin, weil dieser Film in mehreren Kategorien ausgewählt, überhaupt keinen Preis erhielt.
Das ist deshalb auffällig, weil ansonsten die durch die Abstimmung der Mitglieder zustandegekommene Auswahl wie auf dem Reißbrett ausgesucht erschien. Alle neun nominierten Filme erhielten wenigstens irgendwo und irgendwie einen Oscar, nur LADY BIRD nicht. Dieser Film war gleichzeitig der einzige von einer Regisseurin verantwortete Film und gerade dieser blieb ohne einen Oscar! Aber keiner sagte was dazu. 

Und dann ist immer das Verhältnis der Nominierungen zu den gewonnenen Oscars pro Film interessant.

Shape of Water – Das Flüstern des Wassers hatte 13 Nominierungen und erhielt 4 Oscars
Dunkirk hatte 8 Nominierungen und bekam 3 Oscars 
Three Billboards Outside Ebbing, Missouri hatte 7 Nominierungen und erhielt 2 Oscars
Die dunkelste Stunde erhielt 6 Nominierungen und hatte dann 2 Oscars
Der seidene Faden hatte ebenfalls  6 Nominierungen, aber nur 1 Oscar
Blade Runner 2049 verfügte über 5 Nominierungen und erhielt  2 Oscars
Lady Bird, wie erwähnt, der große Verlierer bekam  5 Nominierungen, aber überhaupt keinen, also 0 Oscar
Call Me by Your Name hatte 4 Nominierungen und bekam 1 Oscar
Get Out war 4 mal nominiert und bekam 1 Oscar
Mudbound  war ebenfalls 4 mal nominiert, aber hatte 0 Oscar
Star Wars: Die letzten Jedi, auch hier gab es 4 Nominierungen und keinen, also 0 Oscar
I, Tonya bekam 3 Nominierungen und 1 Oscar
Baby Driver war 3 mal nominiert, blieb ohne, also 0 Oscar
Coco – Lebendiger als das Leben! war (nur) 2 mal nominiert und erhielt 2 Oscars
Die Schöne und das Biest hatte 2 Nominierungen und 0 Oscar
Die Verlegerin bekam 2 Nominierungen und 0 Oscar
Victoria & Abdul hatte 2 Nominierungen und 0 Oscar

Im folgenden Artikel wird deutlich, für welche Kategorien die jeweiligen Filme nominiert waren und wer die Oscars erhielt.

FORTSETZUNG FOLGT

Fotos: 
Die Aufnahmen sind aus der Oscarnacht im Filmmuseum
© DIF, Frauke Haß