Die Oscarnacht (90ste) im Deutschen Filmmuseum Frankfurt, Teil 1/3
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Einige hatten es so wie ich gemacht und kamen erst nach 1.30 Uhr, wo zwar die eigentliche Übertragung der Oscars noch lange nicht begonnen hat, aber das vorbereitende Treiben im Haus seine Höhepunkte schon hatte.
Danach nämlich, wenn die neben dem Kinosaal zusätzliche Übertragung im Foyer des Filmmuseums beginnt, ist es wie jedes Jahr: die Leute neben einem und diesmal vor allem vor einem quatschen, was das Zeug hält, so daß man die Lautsprecherstimmen nicht gut hören kann, was so wichtig ist, weil
auf Amerikanisch und mit politischem Unterton oder nicht
in der Fremdsprache schwieriger zu verstehen ist, als wenn es Deutsch gewesen wäre.
Das sprachen aber Gott sei Dank auch die Störer nicht. Meist Englisch und auch anderes. Und nächstes Jahr sage ich es den Störern , daß sie stören – oder gehe wieder hinunter in den Filmsaal, wo man in den schönen roten Sesseln im Dunkeln dem Geschehen auf der Leinwand wie einem Film folgt – stumm nämlich und nur die Verleihungen eventuell kurz kommentiert, durch Stöhnen oder begeisterte Aufschreie.
Ursprünglich saß ich immer dort unten, denn inzwischen gibt es geradezu eine Tradition dieser Oscarnächte, für die das Filmmuseum einen Eintritt verlangt, in dem dann ein Glas Sekt und ein Büffet u.a. enthalten sind, die wir kurz anhand der Verpflegungssituationen schildern, wobei – ganz offen gesagt – jede Version etwas für sich hatte und etwas dagegen. Als alles ganz neu war, das erste Mal und die nächsten Oscarnächte, war der Kinosaal gerammelt voll, weil – ehrlich gesagt – man nur dort voll konzentriert dem Geschehen folgen kann. Die Übertragung sieht ja vor, daß die Spannung mit dem Ablauf steigt.
Zuerst zu Beginn des Spektakelds wird ein Häppchen geboten, eine Schauspielerehrung, diesmal die weibliche Nebenrolle zum Beispiel, dann kommen unterbrochen von Moderatorenworten und Show-Einlagen die vielen vielen Preise in bunter Mischung. Und dann, wenn die Leute sowohl im Theater in Los Angeles wie auch an den Bildschirmen in aller Welt schon anfangen, müde zu werden, dann gibt‘s die Hauptklopse, die männlichen und weiblichen Schauspielerpreise, den Regiepreis und den Preis für den besten Film, der oberste Oscar gewissermaßen, diesmal, wie fast alle wissen, vergeben an den Mexikaner Guillermo del Tor für THE SHAPE OF WATER – DAS FLÜSTERN DES WASSERS, der auch Produzent seines Films ist, für den er also sowohl den Regiepreis erhielt, wie auch den Oscar für den Besten Film.
Zurück zum schönen roten Filmsaal, wo man, das sollte geschildert werden, um so fester sich hinsetzte, je mehr es gegen das Ende zuging. Problem: Es gab in den ersten Jahren die tollsten Büffets. Allerdings oben im Foyer und meiner Erinnerung nach so um 4 Uhr, später auch veränderte Zeiten. Auf jeden Fall gelang es mir nie, nie, nie von diesen sagenhaften Büffets etwas zu erlangen, weil, wenn die Übertragung zu Ende war, dieses Büffet geplündert war. Bißchen Obst und Kaffee, ja das gab es noch. Irgendwann, als ich wieder einmal recht spät kam – dieses Mal übrigens lag es daran, daß in WELTEXPRESSO durch Löschen der falschen Stellen das Bildprogramm der letzten Tage gelöscht war, weshalb ich, direkt vor dem Weggehen erst in der Redaktion die Bilder erneut ins System der Zeitung eingeben mußte – war der Kinosaal damals derart gerammelt voll, so daß ich nicht mal mehr auf die Stufen paßte, deshalb also oben im Foyer blieb.
Dort waren die rund 15 Reihen - diesmal gab es nur drei Reihen, dafür aber viele Tischchen rundherum - zwar auch gefüllt, aber eine ständige Fluktuation machte eben auch Plätze frei – und dort bekam ich irgendwann auch mit, daß längst ein Büffet eröffnet war, das schon wieder fast leer war, aber nur fast. Es war sehr gut, muß ich schon sagen. Jedes Jahr änderte sich der Standort. Zudem gab es kostenlos Kaffee, wohl auch Wasser, wo ich noch nicht durchblickte, woher die Flaschen kamen und meine Nachbarn hatten sich diesmal mindestens vier Gläser Sekt geholt, wo früher nur eines Usus war. Man merkt schon, man sollte sich jedesmal die Modalitäten genau anschauen, die ändern sich nämlich.
Im letzten Jahr also gab es ein Büffet, das sich dadurch auszeichnete, daß es sehr kleinteilig war, also Schnittchen und anderes, was einem leicht aus der Hand fiel, entsprechend sah auch der Boden aus. Dann wiederum gab es große Teile, die für einen zu viel waren, geteilt wurden, herumlagen, also alles in allem keine sinnvolle Geschichte. Daß dies in diesem Jahr so nicht sein werde, zeigte sich schon daran, daß in der besagten linken Ecke vom letzten Mal ein Fotoautomat stand, wo man froh sein muß, daß keine Kinder da waren. Denn, wenn es mir schon so Vergnügen macht, auf Knopfdruck Porträts herzustellen, die man ausdrucken kann, aber auch direkt als Email verschicken kann, wie erst Kindern. Und den anderen anwesenden Erwachsenen auch, immer wieder ertönte von dort Lachen.
Die Verpflegung? Das bekam ich nur zufällig mit, weil ich irgendwann auf die Toilette mußte, die im Untergeschoß liegt, wo auch der Kinosaal ist – und ein Foyer, wo ein großer weißer Tisch mit getoasteten und belegten Broten lag, noch nicht leergegessen, sondern gerade auf dem Weg dahin. Als ich deshalb sofort zugriff und sagte: „Ach so, das habe ich gar nicht mitbekommen...ich komme von oben“, antwortete der nette junge Mann hinter dem Tischtresen: „Oben gibt es doch auch etwas!“
Das überprüfte ich später. Stimmt. Und ich hatte ja auch mitbekommen, daß eine junge Frau vor mir viermal je drei Brote auf einer Unterlage geholt und alle gegessen hatte. Aber das hielt ich für eine, die eine Kaufkarte für 50 Euro (zutreffend sind 45 Euro!) – im Gegensatz zur regulären von 25 Euro - erworben hatte, wo auch Getränke etc. inklusive sind. So erzählte es mir auf jeden Fall die Sitznachbarin. Nein, diese wirklich leckeren Brote gehörten zur allgemeinen Verpflegung, waren allerdings im Foyer, als ich endlich draufkam, schon aufgegessen. Dafür aber – wichtige Neuerung – standen große Körbe mit Laugen- und einer Art Blätterteiggebäck bereit, die noch zu haben waren, als so um sechs Uhr morgens mit dem siegreichen Mexikaner die Oscarnacht zu Ende ging.
Das war das erste Mal, daß es ausreichend zu essen gab, wenn man hungrig war. Und das ist ja das Irrste an solchen Nächten, daß man ein ganz anderes Verhalten hat, als sonst. Sonst schläft man um die Zeit, hat keinen Hunger. Aber bleibt man wach, entwickelt sich der, schon deshalb, weil um einen herum alle zu essen anfangen.
Warum das mal nötig war, aufzuschreiben, hat auch damit zu tun, daß sich die Frauschaft im Filmmuseum ja Mühe gibt, die Bedürfnisse und die Möglichkeiten der Befriedigung zu regeln. So hatten wir – ohne Rücksprache – zumindest die ständigen Änderungen im Verpflegungsangebot interpretiert. Daß alle etwas bekommen und nicht nur die, die schon darauf warten, was ja an denen vorübergeht, die gespannt dem Leinwandgeschehen folgen – so wie ich. Aber so gedankenlos, wie ich, muß man sich andererseits auch nicht anstellen. Sondern anstellen. Richtig anstellen. Das habe ich aus der Vergangenheit auch noch in Erinnerung, daß sich vor den Büffets lange Schlangen bildeten, was mir die Sache nicht wert war. Dummerweise.
PS.I:
Diesmal also nur vom Hörensagen, wie toll wieder das Oscar-Quiz und das Oscar-Orakel hingehauen haben,. Das Gratis-Styling – Traumberuf KOSMETIKERIN lag als Flyer herum – muß gut geklappt haben, denn man sah einige, sehr gekonnt geschminkten Gesichter um sich herum. Überhaupt hatten sich so manche in Schale geworfen, wobei für die Herren die Fliege wohl der letzte Schrei ist – wieder einmal! - und das Publikum wird immer jünger. Das sah man auch. Eine wilde Mischung zwischen echten Kinokennern – das merkt man sofort an den Kommentaren zu den Preisen – und solchen, die das als Fest nehmen und sich für Filme nicht mal besonders interessieren, aber immer über die Schauspielerinnen zu kapern sind, von denen im Vorprogramm bei der Übertragung ja auch viele befragt wurden, was kein Gewinn war.
Die Bekanntgabe der Oscar-Quiz-Gewinner konnte um 6 Uhr noch noch erfolgen. Die reichen wir nach. Und kommen im Folgeartikel zum Eigentlichen: den Oscars. Aber auch mal das Nichtfilmgeschehen im Deutsche Filmmuseum zu würdigen, das das Fundament für die Oscarnacht legt, war uns wichtig. Mit Dank.
PS. II:
Versprochen, das nächste Mal schaue ich auch die güldene aufklappbare Karte an, die jeder beim Betreten in die Hand bekam, zusammen mit dem Stempel auf dem Handrücken, daß man berechtigt im Filmmuseum unterwegs ist. Dort nämlich auf der Karte steht vorbildlich, wo sich im Haus was befindet, denn auch im 1. und 2. Obergeschoß konnte man schauen, essen, trinken und sogar die laufende Ausstellung sehen!
FORTSETZUNG FOLGT
Fotos:
© DIF, Frauke Haß