f schtisSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 22. März 2018, Teil 2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Es ist immerhin zehn Jahre her, seit WILLKOMMEN BEI DEN SCH‘TIS auch in Deutschland ein gewaltiger Kinoerfolg wurde und nach sich bis heute einen Rattenschwanz von französischen Komödien nach sich zog, von denen die allermeisten gut und damit anschaubar sind, einige sehr gut – und nur ein geringerer Rest filmischer Müll vom Schützenfest.

Und nun hat sich nach zehn Jahren derselbe Regisseur und Hauptdarsteller wieder herangewagt an diese seltsamen Leute im Norden, die so sprechen, als ob sie einen Knödel im Mund hätten – oder sogar schlimmer. Aber es geht nicht nur ums Sprechen, es geht ums Verhalten, was im Paris der Bourgeoisie und der Citoyen einfach eine großstädtische kulturelle Prägung hat, während es im Norden dann doch etwas direkter, sprich: derber zugeht. Sagen wir es gleich, wie haben viel gelacht und auch dieser Film hat seinen Reiz und entlarvt und weist hin, aber wie es bei Fortsetzungen meist ist, ist der Überraschungsmoment weg, der einen im Erstling der Sch‘tis so hingerissen hat. Und beim Lachen fragt man sich doch immer öfter, ob da nicht ein rabenschwarzes Gesellschaftsmodell uns ganz schön reaktionär an der Nase herumführt.

Wie immer, ist die Geschichte eigentlich nicht das Wichtige, sondern das Drumherum, also wie sie in Gang kommt und im Gleichgewicht zwischen Tragödie und Komödie gehalten wird, denn nur lustig will man es ja gar nicht haben, es muß schon zumindest am Existentiellen entlangschrammen, um dann noch die komische Wendung zu erhalten, die auch immer heißt: Ende gut, alles gut. So auch hier.

Doch als es losgeht, ist erst einmal alles auf Krawall gebürstet. In Paris erleben wir ein Designerpaar Valentin (Dany Boon) und Constance ( Laurence Arné) wie aus dem Modemagazin ausgeschnitten. Das Design bezieht sich zum einen auf das, was sie machen, also Stil in Form von Möbeln verkaufen, aber auch auf ihre Lebensform, die sich modern nennt, aber recht inhaltsleer und emotionslos rüberkommt. Und nun hat er einen runden Geburtstag und erhält ein Geschenk von seiner Familie, das er lieber nicht bekommen hätte: sie besuchen ihn in Paris, was eine weite Fahrt aus der Picardie bedeutet.

In Paris weiß niemand, auch nicht seine Frau, noch sein ihn finanzierender reicher Schwiegervater (François Berléand), daß er überhaupt eine Familie hat, er gibt sich als Waise, was interessanter klingt und auf jeden Fall jede Nachfrage erübrigt. So ein wenig kann man das verstehen, wenn man erst einmal seine Familie kennenlernt. Denn sein windiger Vater (Pierre Richard), der Sondernummern schiebt, ist ein regelrechter Faulpelz, dann seine Mutter (Line Renaud), die alles zusammenhalten zu versucht und gerade 80 Jahre wird, sein ungeschlachtener Bruder Gustave (Guy Lecluyse) und dessen direkte und zupackende Frau Louloute (echt komisch : Valérie Bonneton). Diese leben zwischen Autoverschrottung des Vaters und dem Häuschen der Mutter im Wohnwagen und stellen so richtig das Milieu dar, daß sich ein guter Bürger unter Unterschicht mit restriktivem Code vorstellt.

Der Bruder Gustave ist verschuldet, braucht dringend Geld und liest in der Zeitung von seinem berühmten Bruder und einer Ausstellungseröffnung im Museum Moderner Kunst in Paris. Der darob glücklichen Mutter erzählt Gustave, der verlorene Sohn habe alle zu ihrem 80sten Geburtstag nach Paris eingeladen. Also kommt die gesamte Familie als Überraschungsei zur Eröffnung der Ausstellung, einer Retrospektive auf den Möbeldesigner,, wobei er der Angehimmelte ist und seine Frau die Anhimmelnde – und wir ahnen schon schnell, daß – wie im Falle von Gustave und Louloute – auch hier die Frau ihren Mann steht und die größten Herausforderungen meistert, ja über sich selbst hinauswächst. Aber das kommt später.

Zuerst einmal also das Eintreffen der Familie im Museum. Nein, dazu muß man nichts sagen, die Slapstickkomik kann sich jeder vorstellen und so wäre der Film mit einer Lachnummer geendet. Aber nein.

Dem Regisseur fällt schon eine ergebnisreichere Variante ein, die den ganzen Sprachsalat flugs zum Inhalt des Films macht, nicht nur zu seiner sprachlichen Form. Als seine unmögliche Familie in die feine Pariser Welt einfällt, führt Valentin sie sofort nach draußen, zu ihm nach Hause, wo es diese ungemütlichen Möbel gibt, die er herstellt und für die er berühmt ist. Die Mutter ist sauer, sie hat nämlich gemerkt, daß Valentin von nichts wußte, und will auf und davon, nach Hause mit den anderen. Los geht es.

Doch der Schwiegervater, der durch das Kuckucksei der Familie verstört ist und sich mit Valentin streitet, macht aus seinem Auto versehentlich eine Waffe. Er setzt zurück und nietet Valentin um, der muß ins Krankenhaus – und jetzt kommt es. :Durch die Hirnverletzung geht bei ihm sein gelerntes Hochfranzösisch verloren, aus seinem Mund kommen die knödelnden Sch’tislaute. Das ist nur das eine. Er hat auch vergessen, daß Constance seine Frau ist und ist wieder der Junge, der sich in die Freundin des Bruders verliebt hatte, also Louloute.

Das ist eine gute Ausgangsposition, daß der Film noch mal von neuem Fahrt aufnimmt, wobei die sprachlichen Hämmer in einem erdachten Sch’tisdeutsch sehr gut rüberkommen und vor allem die zuvor blaße Constance eine richtig warmherzige Ehefrau und Schwiegertochter wird...

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BESETZUNG

Valentin                       Dany Boon
Constance                  Laurence Arné
Mutter                         Line Renaud
Gustave                      Guy Lecluyse
Louloute                     Valérie Bonneton
Schwiegervater          François Berléand
Vater                           Pierre Richard

Valentin                       Dany Boon
Constance                  Laurence Arné
Mutter                         Line Renaud
Gustave                      Guy Lecluyse
Louloute                     Valérie Bonneton
Schwiegervater          François Berléand
Vater                           Pierre Richard