f ndnfap1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. April 2018, Teil 10

N.N.

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wie haben Sie es geschafft, das Vertrauen der Paare zu gewinnen? Die geben ja doch sehr viel Intimes frei.

Yasemin Samdereli: Ich war von Anfang an ehrlich mit ihnen und habe versucht, ihnen klarzumachen, dass der Film nur mit Ehrlichkeit funktionieren kann. Ich habe ihnen versprochen, dass ich ihr Vertrauen nie ausnutzen werde und ich glaube, dass sie gespürt haben, dass es mir ernst damit war. Das macht gutes Kino aus, dass wir etwas Wahrhaftiges sehen und eine Verbindung zu dem herstellen, was wir da auf der Leinwand sehen. Sonst bleibt alles eben nur Fassade.


War das amerikanische Paar, Norman MacArthur und Bill Novak, beispielsweise zugänglicher als die Sugiharas aus Japan, die aus einem traditionell wertkonservativeren Kulturkreis stammen?

Nesrin Samdereli: Lustigerweise war es eher umgekehrt. Die Japaner, bei denen man es am ehesten vermutet hätte, waren in vielerlei Hinsicht eine tolle Überraschung für uns. Sie haben sehr offen über Freude und tiefen Schmerz berichtet. Das war absolut berührend. Yasemin Samdereli: Bei Bill und Norman war es so, dass ich merkte, dass die 50 Jahre, in denen sie zwar nie verleugnet haben homosexuell zu sein, sich aber durchaus eine sehr “dezente“ Form des Umgangs mit dem Thema zugelegt hatten, dazu geführt hat, dass ich da sehr genau darauf achten musste, dass das Thema nicht untergeht.


Apropos Familie Sugihara. Da musste ein Dolmetscher „zwischengeschaltet“ werden. Hat das Probleme mit sich gebracht?

Yasemin Samdereli: Leicht war es nicht. Sowohl in Indien als auch in Japan war es so, dass meine Fragen von der Rechercheurin direkt an das Paar übersetzt wurden. Aber damit ich simultan verstand, was die Paare sagten, saß eine Simultanübersetzerin in einem anderen Raum und übersetze direkt in mein Ohr. Das war natürlich auch nicht ohne. Besonders lustig wurde es dann, wenn wir mit der Steadycam mit den Paaren unterwegs waren. Denn die Geräte haben nur eine bestimmte Reichweite. Wenn die Übersetzerin zu nah dran war, hörte man sie in den Aufnahmen, was natürlich auf jeden Fall zu vermeiden war. War sie aber zu weit weg, brach die Verbindung ab und sie konnte nicht mehr übersetzen und ich wusste nicht, was meine Paare gerade gesagt hatten. Es war oft sehr zum Lachen.


Welche Vorgaben hatte Ihr Kameramann Marcus Winterbauer? Hatten Sie ein künstlerisches Konzept?

Yasemin Samdereli: Wir haben uns vorher sehr intensiv darüber unterhalten, wie wir die Bildebene gestalten wollen. Marcus ist ein toller, sehr erfahrener Kameramann, aber wir haben das erste Mal zusammengearbeitet. Da muss man vorher viel besprechen. Was man mag und nicht mag. Da ich aus dem Fiktionalen komme, bin ich schon jemand, der auch visuell sehr genaue Vorstellungen hat. Aber das hat mit Marcus toll funktioniert.


Wie kam es zur Zusammenarbeit mit der Animationskünstlerin Izabela Plucinska?

Yasemin Samdereli: Ich wusste ja schon sehr früh, dass wir Knetanimationen in dem Film integrieren wollen. Es gibt nur ganz wenige Menschen, die das heute noch in dieser Art machen. Stopmotion. Frame für Frame. Es gibt wirklich nur eine Handvoll Leute, die das in Deutschland können und siehe da, in Berlin war Izabela und ihre Filme sind einfach wundervoll. Es war genau das, wonach ich gesucht hatte. Ich wusste sofort, dass ich mit ihr arbeiten möchte.


Das Projekt ist sehr ungewöhnlich. War es kompliziert, es finanziert zu bekommen?

Yasemin u. Nesrin Samdereli: Ja, sehr. Bei den ersten Fördergremien wurden wir auch gleich abgelehnt. Aber unsere Produzenten haben nicht aufgeben und mit dem Concorde Filmverleih hatten wir einen sehr starken Partner an unserer Seite. Wir haben weitergemacht und nach Mitstreitern gesucht und andere Förderungen kontaktiert. Die Filmförderung NRW war es dann, die das Projekt größtenteils finanziert hat. Danke an die Filmstiftung!


Wie kann man sich bei diesem Film Ihre Zusammenarbeit vorstellen, haben Sie sich die Aufgabenfelder aufgeteilt oder wie sind Sie vorgegangen?

Yasemin u. Nesrin Samdereli: Ja, uns war klar, dass es gerade bei “normalen“ Menschen sehr verwirrend sein könnte, wenn da zwei Personen Fragen stellen. Wir wussten, dass es sinnvoller wäre, nur einen Ansprechpartner zu haben. Besonders, weil es eben auch um intime Details aus dem eigenen Leben ging. Nesrin war da sehr stark involviert in der konzeptionellen Arbeit. Bei der Auswahl der Paare und später dann im Schnitt.


Nennen Sie doch bitte ein paar Eckdaten zur Produktion. Dauer, Recherche, reine Drehtage, Schnitt, Postproduktion etc.

Yasemin u. Nesrin Samdereli: Dauer der gesamten Produktion waren vier Jahre. Die Recherche hat ein Jahr gedauert. Gedreht haben wir 2014 bis 2015. Wir hatten 34 Drehtage, davon 27 im Ausland. Der Schnitt hat ca. ein Jahr gedauert und die Knetanimation auch.


Hat die Arbeit an dem Film Ihnen persönlich auch etwas gegeben, konnten Sie etwas für ihr eigenes Leben mitnehmen?

Yasemin Samdereli: Ja, sehr. Wie schon gesagt. Ich steckte in einer Ehekrise und dachte, wie machen das die anderen. Warum klappt das bei einigen und bei einigen nicht. Der Film hat meinen Willen, um Dinge zu kämpfen, sehr gestärkt.


Was wünschen Sie sich für Ihren Film?

Yasemin u. Nesrin Samdereli: Wie bei jedem unserer Filme, wünschen wir uns, dass die Zuschauer aus dem Film kommen und sagen, “Das hat sich gelohnt. Dieser Film hat mir viel gegeben. Hat mich berührt“.

Foto:
© Verleih

Info:
Besetzung - Die Ehepaare

Hildegard & Heinz Rotthäuser
Kamala & Nagarajayya Hampana
Shigeko & Isao Sugihara
Norman MacArthur & Bill Novak

Abdruck aus dem Presseheft