f ndn amSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. April 2018, Teil 9

N.N. 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wie sind Sie auf das Thema gekommen?

Yasemin Samdereli: Ich war frisch verheiratet, steckte bereits in der ersten großen Ehekrise und dachte mir: Wie hat das eigentlich die Generation unserer Großeltern geschafft? Da war das ja ganz normal – ein Leben lang zusammenzubleiben.


Ihr Spielfilm ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND war überaus erfolgreich. Hätten Sie da nicht anknüpfen können? Stattdessen haben Sie sich für einen Dokumentarfilm entschieden.

Yasemin Samdereli: Ja, klar. Das hätten wir machen können, aber das kam für Nesrin und mich nie in Frage. Außerdem hatten wir das Gefühl, dass wir mit ALMANYA – WILLKOMMEN IN DEUTSCHLAND schon alles erzählt hatten, was wir zu dem Thema sagen wollten. Und diese Doku war ein großes persönliches Anliegen.


Hatten Sie Vorbilder? Sie haben klassische Interviewsituationen vermieden und sich eher an den „Direct Cinema“-Techniken der Maysles-Brüder oder D.A. Pennebakers orientiert...

Yasemin Samderei: Das würde ich nicht unbedingt bejahen, weil es in unserem Film ja auch durchaus gesetzte Interviewsituationen gibt. Wenn damit aber gemeint ist, dass wir unsere Paare nie aus ihrem gewohnten Umfeld herausgeholt haben, sondern großen Wert darauf gelegt haben, dass sie in ihrem kleinen “Kosmos“ bleiben, dann trifft das schon eher zu. Wir haben nichts inszeniert.


Was war die größte Schwierigkeit bzw. die größte Herausforderung bei diesem Projekt?

Nesrin Samdereli: Die Paare zu finden. Da wir Ehepaare aus verschiedenen Kulturkreisen gesucht haben, war das wirklich schwer. Ähnlich anspruchsvoll gestaltete sich die Finanzierung, weil Yasemin von Anfang an wusste, dass Sie in Teilen der Doku Knetanimation benutzen wollte. Letztlich wurden es vier Paare aus drei Kontinenten. Dazu kam die Knetanimation und somit war das Budget auf knapp 1 Million kalkuliert, was für einen Dokumentarfilm sehr viel ist. Die ersten Fördereinreichungen fielen leider negativ aus. Erst durch die tolle Zusammenarbeit mit dem Produzenten und Dokumentarfilmregisseur Arne Birkenstock ging es endlich voran mit dem Projekt.


Nach welchen Kriterien haben Sie die Paare gesucht bzw. ausgesucht?


Nesrin Samdereli: Wir haben nach Paaren gesucht, die mindestens 50 Jahre zusammen waren und bereit waren, ehrlich aus ihrem gemeinsamen Leben zu erzählen. Dann war uns natürlich auch wichtig, dass Sie sich genug voneinander unterscheiden und jedes Paar noch einen Aspekt zu den anderen hinzufügen konnte. Es hat lange gedauert, aber schließlich hatten wir unsere vier Paare, die uns bereits in den ersten Gesprächen total fasziniert und bezaubert haben.


Wie lange haben die Vorarbeiten gedauert, wie war Ihre Vorgehensweise bei der Recherche?

Yasemin u. Nesrin Samdereli: Die Recherche hat ein Jahr gedauert. Arne Birkenstock hat durch seine Kontakte in der Dokumentarfilmszene nach Menschen gesucht, die entweder Journalisten waren oder aus einem anderen Grund viel Kontakt zu älteren Personen hatten. Diese Rechercheure/Innen haben anschließend für uns in Amerika, Indien und Japan nach Paaren gesucht, die über 50 Jahre zusammen waren.


Warum haben Sie sich gerade für diese vier Paare entschieden?

Yasemin u. Nesrin Samdereli: Weil sie einfach, alle auf ihre Art, wahnsinnig berührend und charmant waren. Wichtig war uns eben auch, dass sie sich gut ergänzen. Damit wir ein möglich breites Spektrum zeigen können. 50 Jahre zusammen. Wie geht das? Was sind ihre Geschichten?


Ihre Paare kommen aus verschiedenen Kulturkreisen. Hat sich das auf Ihre Arbeit bzw. Arbeitsweise ausgewirkt?

Yasemin Samdereli: Nein, das würde ich nicht sagen. Ich glaube, dass mir sehr bewusst war, dass ich den Bonus hatte, diese Kulturen nicht zu gut zu kennen. Bonus deshalb, weil ich als Außenseiterin immer sagen konnte “Bei uns lernen sich Menschen so und so kennen, wie ist das bei euch?“. Ich konnte so tun, als ob ich von bestimmten Tabus nichts wüsste. Ich weiß noch genau, dass eine der Übersetzerinnen mir nett klarmachen wollte, warum ich dies oder jenes besser nicht fragen sollte. Ich habe ihr dann erklärt, dass ich das aber genauso tun will.


Haben Sie für Ihre Befragungen mit den einzelnen Paaren verschiedene Vorgehensweisen gewählt?

Yasemin Samdereli: Natürlich habe ich versucht, auf alle meine Paare so individuell wie möglich einzugehen und ihnen zu verstehen gegeben, dass ich ihre Ängste und Unsicherheiten sehr ernst nehme. Ich habe aber dennoch versucht, ihnen auch klar zu machen, dass sie mir vertrauen können und dass ich nichts benutzen würde, was sie, in welcher Art auch immer, kompromittieren würde.

Foto:
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Info:
Besetzung - Die Ehepaare

Hildegard & Heinz Rotthäuser
Kamala & Nagarajayya Hampana
Shigeko & Isao Sugihara
Norman MacArthur & Bill Novak

Abdruck aus dem Presseheft