go THE MINER thumb18. bis 24. April 2018 gibt das goEast-Festival in Wiesbaden zum 18. Mal einen Einblick in die mittel- und osteuropäische Filmszene, Teil 5

Claudia Schulmerich

Wiesbaden (Weltexpresso) – Ja, schon sehr ärgerlich, daß die Wiesbadener, die schon ihr Festival – ausgerechnet die so nötig zu zeigende Produktion der Filme aus dem Osten – auf Englisch benannt haben, nun auch die Diskussionen nach den Filmen auf Englisch abhalten. Wenn die Oberen wüßten, was viele Zuschauer dazu sagen...

So geht es uns auch mit den Filmtiteln, die dann oft untereinander auf Deutsch benannt wurden, aber halt im Programm auf Englisch ausgewiesen sind. Am Donnerstag, dem ersten Festivaltag waren die oberen drei Filme im Wettbewerb und wer sich alles anschaute, tat keinen schlechten Griff. Wie soll man den Unterschied zu französischen Komödien oder amerikanischen Großdramen beschreiben. Diese drei Filme waren näher an der Wirklichkeit, näher an den Menschen, um die es im Film ja schließlich geht. Was das Publikum sehen will, ist alles auf einmal: es soll genauso sein, wie man selbst denkt und fühlt und es soll das absolute Gegenteil vom eigenen Leben sein. Schlau werden möchte man auch, also viel über die Geschichte und Geschicke anderer Länder, anderer Sitten hören – und vor allem sehen. Es sollen also auch noch die filmischen Mittel dem Gegenstand, um den es geht, angemessen sein. Hohe Ansprüche.


THE MINER - UNTER TAGE

Eine starke Wirkung hat dieser Film, der auf zwei Ebenen spielt. Denn in der Gegenwart, die jüngste Vergangenheit ist, nämlich im Jahr 2009 soll der erfahrene Bergmann Alija Basic einen verschlossenen Stollen aufbrechen und durchsuchen, denn das gesamte Bergwerk soll vom gegenwärtigen Besitzer verkauft werden – und es könnte ja Gold darin lagern. Das ist spöttisch gesagt, denn von Anfang an wird deutlich, daß der Eigner von Alija erwartet, daß der Dreck wegmacht, potentiellen politischen Dreck, der vielleicht in den Eingeweiden des Bergwerks ruht. Denn zugeschüttet, bzw. mit Ziegelsteinen verschlossen wurde dieser besagte Stollen nach dem 2. Weltkrieg.

Diese zwei Zeitebenen verbindet aber eine dritte, die dazwischen liegt. Denn der Film beginnt mit der Abschiedsszene eines kleinen Jungen von einem jungen Mädchen, das ihm lange hinterherruft – und erst später erfahren wir, daß es seine ältere Schwester war, die er nie mehr wiedersehen wird, wie niemanden aus seinem Dorf, denn alle sind im Massaker von Srebrenica ermordet worden. Nur er hat durch sein Weggehen nach Slowenien überlebt, wo er seine Frau kennenlernte und blieb.

Darsteller Leon Lucev verkörpert wirklich eindringlich diesen eher einfachen, total zuverlässigen Bergmann, der erst zu sich selbst wird, als er erkennen muß, wie die Oberen mit seinem Fund: lauter Knochen, Skelette, Haarzöpfe, Damenschuhe, Soldatenuniformen umgehen. Er weiß, daß er seine Anstellung riskiert, er weiß, daß er potentiell den Aufenthaltsstatus verliert, wenn er weiterforscht, was es mit den aufgefundenen Toten auf sich hat. Die werden nämlich von der Firma genauso sehr wie von der Polizei zu feindlichen Soldaten im zweiten Weltkrieg erklärt, also ein Pack, dem Totenruhe nicht zusteht, weshalb der Stollen wieder zugemauert werden soll.

Allein der Bergmann weiß, daß dies nicht stimmt, daß hier Tausende von völlig verschiedenen Toten liegen, darunter eben Kinder und Frauen. Er gibt nicht auf, aber er ist allein. Der Film beruht auf einer wahren Begebenheit und er ist auch deshalb so eindringlich, weil die junge Regisseurin Hanna Slak ihn gar nicht aufgeregt, sondern sehr alltäglich erzählt, wodurch er schon in der Machart wahr wirkt, was er als Stoff ja auch ist.

Foto:
© goEast

Info:
goEast am 19. April im Caligari Wiesbaden

THE MINER, UNTER TAGE, RUDAR
Deutschlandpremiere