Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Viermal wurde dieser schwer erhältliche und einzige Film über den Roman – die Stadtbücherei hat versprochen, ihn anzuschaffen – während der Leseaktion gezeigt. Erstaunlich, Spencer Tracy so jung zu sehen, erstaunlich, wie sehr er der eigenen Leseerfahrung von Georg Heisler nahekommt. Echt.
Bei der ersten Filmvorführung am 17. April konnten wir nicht dabei sein – die beiden Juwele: Soiree in der Oper und die Verfilmung von 1944 im Frankfurter Filmmuseum fanden gleichzeitig statt, die Oper aber nur einmal, vgl. Links unten. So verpaßten wir die „Einführung an der Erlebbar der Frankfurter Rundschau im Filmmuseum“, die uns schon interessiert hätte, denn unsere erste Frage wäre gewesen, warum es den Film nicht mit deutschen Untertiteln gibt? Der original amerikanischen Fassung ohne deutsche Untertitel kann aber der, der den Roman gelesen hat, sehr gut folgen.
Eigentlich möchte man sofort mit den Eindrücken loslegen, aber die Entstehungsgeschichte ist auch sehr interessant und liegt davor! Wie die Kenner inzwischen wissen, ist DAS SIEBTE KREUZ 1938/39 in der Nähe von Paris geschrieben worden - hier im Film spielt das Geschehen 1936, sonst wird meist 1937 genannt, aber im Roman selbst gibt es keine Festlegung durch Datum – und von den vier durch Seghers verschickten Romanexemplaren zum Druck hat nur eines den New Yorker Verleger erreicht. Dort wurde der Roman 1942 auf Englisch veröffentlicht, gleichzeitig gab es 1942 in Mexiko, wo Anna Seghers mit Familie inzwischen Asyl hatte, eine Veröffentlichung auf Deutsch. Durch gute Bedingungen – und durch die Qualität des Buches, sagen wir – erzielte der Roman in den USA eine richtig hohe Auflage durch seine Aufnahme in das Monatsprogramm einer Buchgesellschaft mit einer halben Million Mitglieder.
Wenn es beim Film von Fred Zinnemann als Erscheinungsdatum 1944 heißt, bedeutet dies, daß die Vorarbeiten früher begonnen haben. Für Anna Seghers war wichtig, daß sie 50 000 Dollar Honorar erhielt, ein Segen für das Überleben der vierköpfigen Familie in Mexiko. Und daß Fred Zinnemann Regie führte,muß auch nicht wundern. Der österreichgebürtige Regisseur war schon 1929 nach Hollywood gegangen, genauso wie Kameramann Karl Freund. Beide machten Filmkarriere, von Zinnemann sind mindestens ZWÖLF UHR MITTAGS und VERDAMMT IN ALLE EWIGKEIT bis heute sehr bekannt.
Warum der Film erst 1972 im deutschen Fernsehen (ZDF) seine hiesige Premiere hatte, wissen wir nicht, vermuten auf Anhieb als Grund erst einmal die reaktionäre,w nachfaschistische Adenauer-Ära-Gesinnung, denn schließlich war Widerstand gegen die Nazis noch kein Thema, vor allem kein positiv besetztes, wo ja bis Fritz Bauer sogar folgender Skandal praktizierte Rechtslage war, daß jeder SS-Witwe eine gute Pension zukam, während die Witwen von Widerstandskämpfern überhaupt keine Rente erhielten, waren doch den Männer durch den Widerstand und ihren Tod die bürgerlichen Rechte aberkannt worden, was die BRD so bruchlos fortsetzte wie andere schlimme Sachen.
Ach so, warum Fritz Bauer? Ganz einfach, bevor er Generalstaatsanwalt von Hessen wurde und in Folge die Auschwitzprozesse führen ließ, war er in derselben Funktion in Braunschweig tätig, wo er selbst die Anklage führte gegen einen Mann im sogenannten Remerprozeß, der Widerständler verhöhnt und beleidigt hatte. Und hier erreichte Bauer, daß das Gericht nicht nur diesen Mann verurteilte, sondern daß grundsätzlich Widerstandgegen einen Diktator in der Tradition des antiken Tyrannenmordes erwünschtes Verhalten ist und nicht geahndet wird. Im Urteil steht erstmalig, daß das Dritte Reich ein Unrechtsstaat war, Widerstand also richtig, ja eigentlich Pflicht. Letzteres haben wir hinzugefügt, denn für einen Amerikaner ist das Verhalten von Georg Heisler zwar heldenmütig, aber im Grundsatz von vorneherein geboten, während es für Deutsche erst einmal besonderen Mut erforderte, sich dem Massenwahn von Hitlers Nazis zu entziehen und dann auch noch aktiv Widerstand zu leisten.
Daß die USA dies 1942 in einem Film feierten, nachdem sie am 11. Dezember 1941 die Kriegserklärung Deutschlands mit derselben erwiderten, paßt aus vielen Gründen gut, denn auf der Leinwand zu zeigen, welche Deutsche man mit diesem Krieg besiegen möchte und welchen Deutschen, so wie Georg Heisler und seine Freunde, durch den Sieg über die Nazis geholfen werden sollte, war schon deshalb angesagt, weil noch im Herbst 1939 sich 95 Prozent der Amerikaner gegen einen Krieg gegen Deutschland ausgesprochen hatten. Darin sehen wir ein Motiv, daß Georg Heisler im Film als besserer und sympathischerer Mensch rüberkommt als im Buch, das insgesamt alle Menschen differenzierter, also auch mit ihren Ängsten und Versagen beschreibt.
Das Drehbuch hat Helen Deutsch geschrieben, die im Gegensatz zu ihrem Namen schon in den USA geboren war und mit diesem Drehbuch ihre Karriere startete. Vergleicht man das Drehbuch mit dem Roman, aber auch mit der Comicvsersion von William Sharp, so fällt auf: auch der Film konzentriert sich auf die Flucht, läßt die so liebgewordenen Figuren aus dem Roman links liegen – was dramaturgisch völlig verständlich ist - , aber anders als im Comic, wo Georg Heisler über Höchst nach Frankfurt kommt, bleibt die Darstellung der gelungenen Flucht auf Mainz beschränkt. Alle, sonst in Frankfurt spielenden Szenen, von denen die bei der alten Liebe Leni die traurigste, und die um Liesl und Paul Röder die spannendsten und emotional befriedigsten sind, nicht zu vergessen dann im Riederwald...ach, je mehr man sich erinnert, desto pittoresker und eindrücklicher werden die Szenen aus dem Film, die aber alle in Mainz spielen. Und fällt einmal der Name Bornheim, so bleibt das folgenlos, denn es geht um ein Fußballspiel und keinen interessiert, wo Bornheim liegt. Warum unserer Meinung nach Frankfurt keine Rolle spielt und dies heute anders wäre, kommt zum Schluß.
Fotos:
© Verleih
Info:
Die deutsche Premiere fand im deutschen Fernsehen (ZDF) am 10. Januar 1972 in der Programmreihe „Der besondere Film“ statt.
Besetzung
Spencer Tracy: Georg Heisler
Hume Cronyn: Paul Roeder
Jessica Tandy: Liesl Roeder
Signe Hasso: Toni
Agnes Moorehead: Madame Marelli
Ray Collins: Wallau
Herbert Rudley: Franz Marnet
George Macready: Bruno Sauer
Katherine Locke: Hedy Sauer
Steven Geray: Löwenstein
Konstantin Shayne: Füllgrabe
George Suzanne: Bellani
John Wengraf: Overkamp
Martin Berliner: Beutler
Paul E. Burns: Pelzer
William Edmunds: Aldinger
Alexander Granach: Zillich
Felix Bressart: Poldi Schlamm
Eily Malyon: Fräulein Bachmann
George Zucco: Fahrenburg
© Verleih
Info:
Die deutsche Premiere fand im deutschen Fernsehen (ZDF) am 10. Januar 1972 in der Programmreihe „Der besondere Film“ statt.
Besetzung
Spencer Tracy: Georg Heisler
Hume Cronyn: Paul Roeder
Jessica Tandy: Liesl Roeder
Signe Hasso: Toni
Agnes Moorehead: Madame Marelli
Ray Collins: Wallau
Herbert Rudley: Franz Marnet
George Macready: Bruno Sauer
Katherine Locke: Hedy Sauer
Steven Geray: Löwenstein
Konstantin Shayne: Füllgrabe
George Suzanne: Bellani
John Wengraf: Overkamp
Martin Berliner: Beutler
Paul E. Burns: Pelzer
William Edmunds: Aldinger
Alexander Granach: Zillich
Felix Bressart: Poldi Schlamm
Eily Malyon: Fräulein Bachmann
George Zucco: Fahrenburg