f euphSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 24. Mai 2018, Teil 5

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Wenn man nicht der Meinung wäre, daß die Überästhetisierung, die den Film durchzieht, ja durchwabert, daß diese also durchaus dramaturgische, also inhaltliche Gründe hat, dann würde man das Ganze als Hochglanzkitsch abtun.

So aber, wenn man denn die edlen Gegenstände in den edlen Gegenden mit den edlen Menschen sieht, dann weiß man schon mehr, warum und wieso und kann das einordnen. Und trotzdem ist das kein wirklich guter Film, aber doch ein sehr sehr interessanter. Das lassen die Namen der Damen erst einmal sowieso vermuten: in einem Film Alicia Vikander (The Danish Girl, Tom Rider), Eva Green (Casino Royal, Nach einer wahren Geschichte) sowie Charlotte Rampling (45 Jahre) vereint, verspricht etwas – und doch geht das nur halb auf. Buch und Regie liegen in der Hand der schwedischen Regisseurin Lisa Langseth

Um was es geht? Genau das ist das Problem, denn eigentlich kann man diesen Film nicht besprechen, ohne zu verraten, was eigentlich das Pikanteste an diesem Film ist: daß er nämlich den Zuschauer am Anfang völlig in die Irre schickt. Fangen wir also damit an. Wir bekommen mit, daß die beiden Schwestern Ines (Alicia Vikander) und Emilie (Eva Green) sich seit Jahr und Tag nicht mehr gesehen haben. Sie leben wohl in den USA, auf jeden Fall erhält Ines eine Einladung von Emilie zu einer Europareise. Sie wolle ihr dort etwas zeigen, habe ein Ziel, die Flugtickets liegen schon dabei und es sei doch an der Zeit, sie seien doch Schwestern. Sehr dringlich klingt das alles, weshalb Ines zusagt, aber noch sehr spröde mit der Schwester den Flug beginnt, die ihr auch unterwegs nicht sagen will, wohin es wirklich geht.

Als sie mit dem Flieger angekommen sind und dann mit dem Auto durch herrliche grüne Gegenden fahren, bekommen wir mit, daß es sich um Deutschland, die Schweiz, aber eigentlich eben doch eine unbestimmte Gegend handelt, denn immer überqueren sie eine Grenze, die es eigentlich nicht gibt. Bald wird einem klar, daß der Film so unbestimmt sein muß, denn er handelt ab jetzt von den letzten Dingen. Und die finden in einem Herrensitz, einem Art Schloß statt, wo exquisites Personal exquisite Speisen und Getränke servieren, und alles genau das stattfindet, was sich ein Ankömmling und Besucher wünscht, seien es Feste, Musikveranstaltungen, Lesungen etc.

Denn er soll in seinen letzten Tagen noch glücklich sein, dieser Mensch, der tags drauf dann auf eigenen Wunsch aus dem Leben scheidet. Es ist nämlich eine Sterbehilfeeinrichtung auf höchstem Niveau. Aber das wissen wir erst nach geraumer Zeit. Denn als die beiden Schwestern mitten im schönsten Laubwald aus dem Auto steigen, werden sie von drei Grazien empfangen, die sie in das luxuriöse Anwesen geleiten, wobei schnell ihnen eine edle Dame Gesellschaft leistet. Es ist Marina (Charlotte Rampling), der Gute Geist des Hauses, der ihnen jeglichen Wunsch von den Augen ablesen will, d.h. Emilie, denn die ist die Kundin, wie auch andere, die sie bald kennenlernen. Und diese Diffuse, das bisher den Film unergründlich macht, ist eigentlich das Stärkste am Film. Und dann erraten wir noch lange vor Ines, was hier los ist: Hierher kommen also die reichen Menschen, die unheilbar krank sind, so wie Emilie, die Krebs im Endstadium hat und sich mit der Schwester ausgesöhnt in deren Beisein sterben will.

Die ist entsetzt, nicht nur, weil der baldige Tod ihrer Schwester sie erschüttert, sondern auch, weil sie das weihevolle Getue im Luxusanwesen nicht aushält, wenn einer nach dem anderen, die sie gerade kennengelernt hatte, am nächsten Tag tot ist. Davor und dazwischen aber spielen erst mal die geschwisterlichen Konflikte eine Rolle. Die müssen angesprochen und aufgearbeitet werden, wobei sich zeigt, daß sie familienbedingt sind und eigentlich die Eltern hier mit am Tisch sitzen müßten.

Aber die sanfte und zielstrebige Marina überzeugt Ines, daß sie bleiben solle, daß sie sonst ihres Leben nicht froh würde. Und dann läuft das Programm wie vorgesehen ab. Wir hatten schon vorher die skurrilen Mitbewohner bestaunt, eben auch ob ihrer Lieblingswünsche direkt vor dem Tod. Das sieht zwar auf der Leinwand imponierend aus, wird einem aber doch schnell als rein äußerliches Spektakel deutlich. Hier werden Kranke und Sterbewillige für den Film sozusagen instrumentalisiert, ohne daß wir diese Menschen wirklich kennenlernten oder verstehen könnten.

Und so bleibt eine Melange an Gefühlen zurück, wenn man dann zusieht, wie nach sechs gemeinsamen Tagen Emilie in den frei gewählten Tod geht und ihr Gläschen trinkt. Wie gut, daß wir überhaupt nicht das Geld hätten, uns dort helfen zu lassen, wenn wir es für nötig hielten.

Foto:
Ines (Alicia Vikander) und Emilie (Eva Green) © Verleih

Info:
BESETZUNG
Emilie          Eva Green
Ines             Alicia Vikander
Marina         Charlotte Rampling
Mr. Daren    Charles Dance
Aron            Adrian Lester
Brian           Mark Stanley