Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. Juni 2018, Teil 3
Oliver Parker
London (Weltexpresso) - Wenn man von Synchronschwimmen spricht, denken die meisten von uns wohl unweigerlich an Frauen mit dick aufgetragenem Make-up und verbissenem Lächeln. Synchronschwimmen und Männer? Klingt zweifellos interessant. Aber ein Film darüber kann eigentlich nur albern werden, oder? Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin ein großer Freund von Albernheit, je mehr, desto besser. Aber ein Film sollte noch etwas mehr bieten. Als ich mich mit den Produzenten zusammensetzte, war ich mächtig erleichtert – und begeistert – von der Richtung, die sie einschlagen wollten. Ich sah mir die Doku MEN WHO SWIM von Met Film an und war absolut hingerissen. Es gibt viele lustige und sogar alberne Momente, aber vor allem ist da ein großes Gefühl, das einen für sich einnimmt. Ashs Drehbuch zeichnet sich entsprechend aus durch eine verschwenderische Mischung aus zarter Absurdität, Melancholie und gewitzter Comedy. Im Zentrum stehen Männer im sogenannten besten Alter, in der Mitte ihres Lebens: Männer und ihre Körper, Männer und ihre Freunde, ihre Verletzlichkeiten, Träume und Enttäuschungen. Sie sind nicht mehr länger die Krone der Schöpfung, stecken nicht mehr voller Möglichkeiten oder Testosteron. Unsere angeschlagenen Helden finden ihren Frieden und ihre Erfüllung im Schwimmbecken. Gemeinsam sind sie in der Lage, außergewöhnliche, wenngleich auch etwas lachhafte Dinge zu vollbringen. Das war es, was mich überzeugt hat: ein Gleichgewicht zu finden zwischen der Komödie, die sich aus der bloßen Prämisse ergibt, und der Zerbrechlichkeit und Zärtlichkeit von Männern, die darum ringen, ihrem Leben einen Sinn zu geben. Die Besetzung war entscheidend. Und Rob Brydon war der Dreh- und Angelpunkt. Er ist ein gefährlich begabter Komödiant und Schauspieler. Er war offen und furchtlos in seiner Herangehensweise an die Rolle und stürzte sich kopfüber in das Projekt. Das Ensemble ist der Ko-Star. Wir haben herausragende Schauspieler ausgesucht, die ihrer Darstellung eine beeindruckende Tiefe verliehen und Rob dazu antrieben, immer sein Bestes zu geben. Mit Daniel Mays hatte ich zuvor bereits gearbeitet, deshalb wusste ich, wie wichtig er für den Film sein würde. Er hat ein beeindruckendes Können, seine Figuren zu erden, ihnen eine große Authentizität zu verleihen und darauf seine Comedy aufzubauen. Jim Carter besitzt ebenfalls diese Gravitas, gepaart mit einer wunderbar leichten Herangehensweise. Als ich Thomas Turgoose kennenlernte, war ich sofort angetan von seiner Spontaneität. Er hat Pepp und traut sich was, bei ihm muss man immer mit beglückendem Chaos rechnen. Rupert Graves ist ein wahnsinnig ansprechender Schauspieler, voller lockerem Charme und subtilem Witz. Adeel Akhtar ist ein echtes Original, ein Magier, der völlig überraschend Komödie aus dem Hut zaubert, wo man sie nicht vermuten würde. Ich bin beglückt, dass wir Jane Horrocks für die Rolle der Heather begeistern konnten. Sie strahlt Wärme und Menschlichkeit aus und spielt einfach wunderbar mit Rob. Und Charlotte Riley ist superb als Susan, voller natürlicher Energie und Flair, das sich unmittelbar auf die Leinwand überträgt. Eine der großen Herausforderungen bei dem Projekt waren natürlich die Schwimmübungen. CGI kam dafür nicht in Frage, der Einsatz von Doubles auch nicht. Also haben wir unsere Schauspieler in ein Schwimmausbildungslager geschickt. Wir holten den schwedischen Trainer aus der Dokumentation an Bord, der seinen Fokus weniger auf die individuelle Athletik legte, sondern auf Zusammenarbeit setzte. Mit wachsender Begeisterung erlebte ich mit, wie die Übungen nach und nach Form anzunehmen begannen. Und in der letzten 8 Woche hatte das Ensemble schließlich eine Nummer auf dem Kasten, dass mir regelrecht die Spucke wegblieb. Das Ausbildungslager gab uns außerdem den Komfort, dass die Schauspieler bereits ihre Figuren ausarbeiten und an ihrer Beziehung untereinander arbeiten konnten. Weil es ein knapp bemessener Drehplan war, war es wichtig, dass wir mit der ersten Klappe gleich mit Volldampf loslegen konnten. Die Besetzung der Schauspieler ist eine Sache, aber die Auswahl des Stabs ist mindestens ebenso wichtig. Für das Szenenbild sprach ich Amanda Mcarthur an, mit der ich an den DIE GIRLS VON ST. TRINIAN’S-Filmen gearbeitet hatte. Sie hat ein Spitzenteam und hält selbst für komplexe Herausforderungen immer einfallsreiche Lösungen parat. Unsere Hauptfigur, Eric, ist ein Buchhalter, ein „Zahlenmann“. Weil er in der Lage ist, sich im Schwimmbecken Formen auszudenken, stecken Amandas Designs voller Formen und symmetrischer Anordnungen. Unser Kameramann David Raedeker verfuhr entsprechend. Wir wollten einen Stil, der eine gewisse Strenge bezüglich der grafischen Komposition hatte, aber den Schauspielern gleichzeitig auch den nötigen Raum für eine gewisse Spontaneität lassen sollte. Erics Leben in London kann lärmig, chaotisch und anstrengend sein. Das Schwimmbecken ist sein Zufluchtsort. Im Verlauf unserer Geschichte entfaltet diese exzentrische Sportart für unsere unerwarteten Helden eine lebensverändernde Wirkung. Entsprechend wollten wir der Welt unter Wasser einen ganz eigenen Glanz, eine eigene Magie verpassen. Obwohl die Geschichte weitestgehend im Vereinigten Königreich spielt, war es immer meine Absicht, einen Film mit internationaler Atmosphäre zu machen. Erst während ich diese Zeilen schreibe, wird mir bewusst, dass meine Szenenbildnerin aus Australien kommt, mein Kameramann aus Deutschland, meine Cutterin aus Italien und mein Komponist aus Frankreich. Ich denke, dass ihre gesammelten Anstrengungen für ein abwechslungsreicheres Gericht sorgen. Ich bin stolz, ein Teil davon zu sein. Oliver Parker