f ende einer geschichteSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. Juni 2018,    Teil 7

N.N.

London (Weltexpresso) – „‚Vom Ende einer Geschichte‘ ist eines dieser Bücher, die ich immer und überall dabei hatte. Möglicherweise bin ich dafür auch im perfekten Alter, denn es spricht mich wirklich an.“ Regisseur Ritesh Batra zählt zu der Gruppe von Fans, die sich von Julian Barnes' betörendem, 2011 mit dem Man Booker Prize ausgezeichneten Roman verzaubern ließen.

In zwei Teilen erzählt „Vom Ende einer Geschichte“ von Tony, der gezwungen wird, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen und alles zu hinterfragen, was er zu wissen glaubte. Barnes' Betrachtung über Erinnerungen und Trugschlüsse fesselt nicht nur mit sprachlicher Präzision und Subtilität, sondern auch durch seine verschachtelte Struktur und einen unzuverlässigen Erzähler, dessen (falsche) Schlussfolgerungen die Geschichte vorantreiben. „Das Buch funktioniert einerseits wie ein Psychothriller, deshalb liest man es schnell durch. Aber andererseits wird dem Leser auch vieles vorenthalten“, so Autor Julian Barnes.

Auch die Schauspielerinnen Emily Mortimer und Harriet Walter konnten den Roman nicht aus der Hand legen. „Ich war restlos begeistert“, schwärmt Mortimer. „Was mich beim Lesen wirklich gepackt hat, ist die Grausamkeit der Jugend, vor allem wenn man daran zurückdenkt, was man anderen angetan hat oder was einem selbst angetan wurde, als man ein junger Erwachsener war.“ Für Harriet Walter lag der Reiz eher in der Erkenntnis, dass Jugenderinnerungen die Gegenwart unmittelbar beeinflussen können. „Mir gefällt, dass ‚Vom Ende einer Geschichte‘ von jemandem geschrieben wurde, der mehr oder weniger am gleichen Punkt in seinem Leben steht – wenn unsere Erinnerungen immer präsenter werden.“

Wegen der komplexen Struktur auf zwei Zeitebenen war eine Verfilmung von Barnes' Roman zunächst nicht in Planung. Doch als der preisgekrönte Bühnenautor Nick Payne („Constellations“) in einem Meeting mit der Produktionsfirma Origin Pictures gefragt wurde, ob er in letzter Zeit etwas Gutes gelesen habe, antwortete er: „Ich bin gerade mit diesem großartigen Buch durch, es heißt ‚Vom Ende einer Geschichte‘. Es hatte vor nicht allzu langer Zeit den Man Booker Prize gewonnen.“ Payne ging davon aus, dass die Filmrechte längst vergeben wären. „Aber wie durch ein Wunder war dem nicht so.“, berichtete er. Origin Pictures wurde 2008 von David Thompson, ehemaliger Geschäftsführer von BBC Films, und Ed Rubin, Leiter der Entwicklung, gegründet und hatte Erfolge wie MANDELA: DER LANGE WEG ZUR FREIHEIT („Mandela: Long Walk to Freedom“, 2013), EIN SCHOTTE MACHT NOCH KEINEN SOMMER („What We Did on Our Holiday“, 2014) sowie DIE FRAU IN GOLD („Woman in Gold“, 2015) vorzuweisen. Thompson und Rubin sicherten sich also die Filmrechte, in dem Wissen, dass sie einen innovativen Regisseur brauchten, der Paynes Adaption des komplexen Romans mitreißend auf die Leinwand bringen könnte.

Glücklicherweise war auch der indische Filmemacher Ritesh Batra, der mit seinem BAFTAnominierten Debüt LUNCHBOX („Dabba“, 2013) auf sich aufmerksam machte, dem Roman verfallen. „Wenn man einmal ein Buch von Julian Barnes gelesen hat, will man sofort alles von ihm lesen“, sagt Batra. „‚Vom Ende einer Geschichte‘ ging mir nicht mehr aus dem Kopf, seit ich den Roman 2011 gelesen hatte. Als ich herausfand, dass bereits eine Verfilmung in der Entwicklung war, dachte ich nicht mehr weiter daran.“ Doch die Geschichte ging weiter. „Etwa ein Jahr später sahen die Produzenten LUNCHBOX und boten mir die Regie an“, erinnert sich Batra. „Ich war sehr gespannt, was der Drehbuchautor aus dem Roman gemacht hatte, und das Skript hat mich begeistert.“ Zu diesem Zeitpunkt handelte es sich allerdings noch um einen Entwurf. Gemeinsam arbeiteten Payne und Batra das Drehbuch weiter aus. „Eine Zeitlang spielten wir uns gegenseitig die Bälle zu“, fährt der Regisseur fort. „Es ist schön, mit Leuten zu arbeiten, die zwar selbstsicher, aber für alles offen sind.“ Die erste Begegnung mit Schriftsteller Julian Barnes war wesentlich einschüchternder, erzählt Batra weiter: „Wir saßen bei Tee und Kuchen in seinem Garten zusammen. Er redete bestimmt fünf Minuten auf mich ein, aber ich hörte kein Wort von dem, was er sagte, weil ich die ganze Zeit dachte: Ich trinke mit Julian Barnes Tee!“ Als Batra zunächst befürchtete, dass Barnes an seinem Werk hing und sich bei Änderungen anstellen würde, erwies sich seine Sorge als unbegründet. „Zum Schluss sagte er zu mir: ‚Nur zu, löst euch von der Vorlage.‘ Und ich bin sehr froh, dass ich wenigstens diesen Satz mitbekommen habe!“

Foto:
Jim Broadbent und Harriet Walter im Gespräch mit Regisseur Ritesh Batra. Copyright Wildbunch Germany
Info:

Info:
Ein Film von Ritesh Batra nach dem gleichnamigen Roman von Julian Barnes mit Jim Broadbent ,Charlotte Rampling Harriet Walter Michelle Dockery Emily Mortimer u.v.m.