Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. Juni 2018, Teil 7
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - Der 17jährige Simon Spier (Nick Robinson) hält sich für einen völlig durchschnittlichen jungen Mann, aber hat er ein Geheimnis: Er weiß seit dem er 13 Jahre alt ist, dass er schwul ist. Allerdings hat er bis jetzt weder seiner Familie, seinem Vater Jack (Josh Duhamel), seiner Mutter Emily (Jennifer Garner) und seiner jüngeren Schwester Nora (Talitha Bateman) noch seinen drei besten Freunden aus der Schule Leah (Katherine Langford), Nick (Jorge Lendeborg Jr.) oder Abby (Alexandra Shipp) davon erzählt.
Eines Tages entdeckt Leah (Katherine Langford) in einem anonymen Blog eine Mail, in dem sich ein Schulkamerad, der sich "Blue" nennt, als schwul outet. Sie macht Simon auf diese Mail aufmerksam. Nach einigem Zögern schreibt Simon (unter dem Namen Jacques) an Blue. Als der antwortet, tauschen die beiden regelmäßig E-Mails aus, ohne sich persönlich zu kennen. Simon spürt, dass ihn mit Blue mehr verbindet und sie vertrauen sich ihre intimsten Gefühle und Gedanken an, die Simon bis jetzt noch nicht einmal seinen Eltern oder Freunden erzählen konnte.
Dann vergisst Simon eines Tages am PC in der Schulbibliothek seinen Account zu schließen. Dadurch entdeckt dummerweise sein nerviger und aufdringlicher Klassenkamerad Martin (Logan Miller) die Mails und droht daraufhin, Simons E-Mail-Verkehr in der Schule zu veröffentlichen und ihn damit gegen seinen Willen zu outen.
Martin stellt die Forderung, dass Simon ihn mit dessen guter Freundin Abby verkuppelt soll. Aus Angst geht Simon auf die Forderungen von Martin ein, obwohl Abby eigentlich auf Simons besten Freund Nick steht. Den wiederum will Simon mit seiner Kindergartenfreundin Leah zusammen bringen, ohne zu merken, dass Leah eigentlich an ihm interessiert ist.
Wie soll Simon auf die Dauer mit der Situation umgehen? Wie kann er herausbekommen, wer Blue wirklich ist und wie würden seine Familie und seine Freunde auf die Wahrheit reagieren?
"Love, Simon" ist die Verfilmung des Young-Adult-Romans Simon vs. The Homo Sapiens Agenda (2015) von Becky Albertalli. Das Drehbuch wurde von Isaac Aptaker und Elizabeth Berger verfasst. Als Regisseur fungierte Greg Berlanti. Er lebt offen homosexuell und hat bereits 2000 mit der Komödie "Der Club der gebrochenen Herzen" das Thema Homosexualität komödiantisch behandelt. Dieser Film erzählt aus dem Leben einer Gruppe homosexueller Freunde in West-Hollywood. Außerdem hat er die Komödie "So spielt das Leben" (2010) inszeniert, in der auch schon Josh Duhamel mitgespielt hat.
"Love, Simon" spricht die Themen Freundschaft, Familie und Liebe an und behandelt dabei hervorragend den Grundkonflikt, der entsteht, wenn ein junger Mensch sein Coming-out hat. Dabei erzählt der Film sehr genau von den Gründen, die Simon daran hindern, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen, obwohl er eigentlich in einer aufgeschlossenen Familie aufwächst (auch wenn sein Vater mal eine unbedachte Äußerung macht und einen Menschen in einer Fernsehshow als Oberschwuchtel bezeichnet) und auch die Schule liberal und offen ist.
Der Regisseur zeigt dabei einige hervorragend gelungene Szenen, z.B. wenn Simon darüber sinniert, dass Heterosexualität immer noch der Norm entspricht. In einer wunderbar gelungenen Bildmontage lässt Simon in seinen Gedanken seine Freunde ihren Eltern ihre Heterosexualität gestehen (incl. der typischen unterschiedlichen Reaktionen), genauso wie es Homosexuelle irgendwann bei ihrem Outing machen müssen.
Ein toller Inszenierungseinfall ist es auch, dass immer dann, wenn Simon sich wieder eine neue Person als "Blue" vorstellt, genau dieser Schauspieler den geheimnisvollen E-Mail Schreiber spielt. Dies zeigt auch, dass Simon sich in den Schreiber der Mails verliebt hat und dass Aussehen, Religion oder Rasse keine Rolle spielen. Dabei ist die Auflösung der Frage, wer Blue wirklich ist, eine gelungene Überraschung.
Der Film ist gerade für amerikanische Verhältnisse ausgesprochen fortschrittlich und Simon und seine Umgebung sind deshalb als positives Rollenmodell geeignet, denn auch die Schule reagiert sofort, wenn Schüler Mitschüler wegen ihrer Andersartigkeit angreifen und verspotten.
Nick Robinson spielt Simon wunderbar sympathisch und bodenständig. Auch die anderen Schauspieler füllen ihre Rollen hervorragend aus, dies gilt sowohl für Simons Freunde als auch für seine Familie und seine Umgebung, auch wenn z.B. die Rolle des stellvertretenden Schulleiters doch etwas überzeichnet ist.
"Love, Simon" wurde von der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) mit dem Prädikat "wertvoll" ausgezeichnet. Auch die Jugend-Filmjury hat den Film bewertet und ihm 4 von 5 Sternen gegeben. Sie meint, dass die Thematik für alle Altersgruppen interessant sein kann, sie empfiehlt ihn aber wegen der Machart des Filmes für Jugendliche ab 14 Jahren.
Insgesamt ist "Love, Simon" eine intelligente und berührende Coming-of-Age Tragikomödie. Sie zeigt, wie junge Menschen zu ihrer eigenen sexuellen und selbstständigen Identität finden können, aber auch wie wertvoll Freundschaften sind und wie Familie und Schule wichtige Stützpfeiler für das Selbstbewusstsein eines Heranwachsenden sein können. Das macht den Film nicht nur für Heranwachsende unbedingt sehenswert.
Foto: Nick Robinson als Simon Spier © Twentieth Century Fox Germany
Info:
Love, Simon (USA 2017)
Originaltitel: Love, Simon
Genre: Tragikomödie, Romanverfilmung
Filmlänge: 110 Minuten
Regie: Greg Berlanti
Drehbuch: Isaac Aptaker und Elizabeth Berger nach der Romanvorlage von Becky Albertalli
Darsteller: Nick Robinson, Katherine Langford, Alexandra Shipp, Jorge Lendeborg Jr., Logan Miller, Jennifer Garner, Josh Duhamel, Talitha Bateman u.a.
Verleih: Twentieth Century Fox Germany
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 28.06.2018