f dorfblank2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 16. August 2018, Teil 2

Romana Reich

Berlin (Weltexpresso) – Immer wieder wird von deutschen Filmjournalisten mit erhobenen Augenbrauen von den französischen Komödien gesprochen, die allzu wohlfeil seien und deren Geschichte man schon im voraus kenne. Dem widersprechen wir entschieden und finden, daß auch in diesem Film sehr ernsthafte Probleme von Bauern aus der Normandie auf ungewöhnliche Weise auf der Leinwand eine Antwort finden.

Schließlich geht es Regisseur und Hauptdarsteller tatsächlich um das so schwierig gewordene Leben und Arbeiten auf dem Lande und um dies darzustellen, ist die Geschichte wirklich ungewöhnlich und kreativ in Szene gesetzt. Da gibt es zwei Sachverhalte. Da gibt es den weltberühmten Fotokünstler Blake Newman (Toby Jones), der gerne überall auf der Welt nackte Menschen fotografiert, aber die, die ihn in Frankreich interessierten, die werfen ihn raus und beim Abhauen fährt er durch die Landschaft der Normandie und findet genau die herrlich grüne Wiese, die er sich immer als Kulisse für seine Nackten vorgestellt hat. Er ist in Mele-sur-Sarthe, in der Region gelegen, woher auch der Regisseur kommt. Nackte Bauern? Das wird was geben.

Und in der Tat liegt schon ein Reiz darin, daß ausgerechnet der Bevölkerungsteil, der traditionell, gerade weil er körperlich arbeitet, von seiner Haut fast nichts sehen läßt. Das alte Schönheitsideal auf dem Land war, eine weiße, eine ganz helle Haut zu haben, dann war man gesellschaftlich aufgestiegen. Außerdem ist natürlich die Verhüllung des Körpers beim Arbeiten auf dem Feld und dem Stall eine Schutzmaßnahme gegen Sonne und Dreck. Das muß man sich in Erinnerung rufen, um den Affront zu verstehen, der eigentlich im Ansinnen des Regisseurs liegt, die Leute vom Land nackt auf einer Wiese abzulichten. Der Zuschauer glaubt eine ganze Weile lang, daß dies nie, nie, nie passieren wird. Auch darin liegt ein Reiz des Films.

Entscheidend für die innere Spannung ist die Rolle des dörflichen Bürgermeisters Balbuzard (Francois Cluzet). Der weiß so genau, wie kein anderer, daß die Bauern auf traditionellem Wege mit ihrer Arbeit nicht mehr überleben können. In Frankreich, einem Agrarland ist die Landwirtschaftskrise sehr viel dramatischer als in Deutschland. Das gilt für die fallenden Preise für Milch genauso wie für Fleisch, das zudem durch eine vegetarisch-vegane Bewegung militante Gegner auf den Plan gerufen hat, was sich in Demos etc. widerspiegelt.

Weder in Rouen, dem Zentrum der Normandie, noch in Paris hört aber noch jemand hin, wenn die Bauern wieder einmal klagen und demonstrieren, es ist alltäglich geworden und die Bevölkerung wie die Politiker sind abgestumpft. Das alles muß man an gesellschaftlicher Wirklichkeit wissen, um den Clou des Films zu würdigen, der in der Ablichtung der gesuchten 200 nackten Menschen liegt, die natürlich erst einmal dagegen sind, weshalb eben die Rolle des Bürgermeisters die zentrale Schaltstelle des Films ist. Der sieht nur die Interessen der Gemeinde, denen er alles unterordnet und zum begnadeten Überzeuger wird. Diese Überzeugungsarbeit ist deshalb so interessant, weil sie ans Eingemachte bäuerlicher Bevölkerung geht...das Ergebnis ist zwar nur kurz zu sehen, aber eindrucksvoll, so daß man die Idee des Starfotografen, die man erst einmal für beknackt, weil überzogen hält, einen dann überzeugt.


Foto:
© Verleih

Info:
BESETZUNG

Georges “Balbu” Balbuzard           FRANÇOIS CLUZET
Blake Newman                               TOBY JONES
Thierry Levasseur                           François-Xavier Demaison
Vincent                                           ARTHUR DUPONT
Roger                                             Grégory Gadebois
Bradley                                           Vincent Regan
Eugène                                           PHILIPPE REBBOT
Maurice                                          Patrick d'Assumçao
Valérie Levasseur                           Julie-Anne Roth
Charlotte                                        DAPHNÈ DUMONS
Chloé                                             PILI GROYNE