Wer gewinnt die Bären? Die Wettbewerbsfilme auf der 63. Berlinale vom 7. bis 17. Februar 2013, Teil 8/26
Claudia Schulmerich
Berlin (Weltexpresso) – Endlich mal ein Film in diesem Wettbewerb von sehr ernsthaften und sozialkritischen Filmen, der nur Fiktion ist und wo einem vor Staunen vor der filmischen Wirklichkeit der Mund offen steht. Ein rasantes Spektakel mit berühmten Schauspielern, die man aus anderem Kontext kennt. Grundlage des Ganzen sind die tiefen Gefühle, zu denen der Sohn, dessen Mutter gerade starb, fähig ist.
Wenn man dann noch hinzufügt, daß diese Charlie Countryman von Shia LaBeouf gespielt wird, der hier inmitten einer irren Gesellschaft die Normalität verkörpert , weiß man schon, daß man sich auf eine schräge Sache eingelassen hat, die man goutieren sollte. Selten waren die Tode so lustig wie hier. Und immer ist der Gefühlsspezialist Charlie zur Stelle. Er hat das Gefühl für das Leben und die Menschen. Das fängt mit dem viel zu frühen Krebstod der Mutter an, die gleich, nachdem sie ihre Seele aushaucht, neben ihm sitzt und befiehlt, nach Bukarest zu fliegen.
Sein Nachbar auf dem Flug,ein Rumäne, mit dem er sich in wirklich witzigen Szenen im Nu anfreundet, ist auf einmal tot; aber auch er kann nach seinem Tod unserem Charlie noch zuflüstern, er solle sein Mitbringsel seiner Tochter übergeben, zusammen mit ein paar zugeflüsterten Worten, die Charlie sich merkt, obwohl er, als er die Tochter sieht, sich sofort so in diese verliebt, daß seine Aufmerksamkeit anderem gegenüber schwindet. Diese Tochter Gabi ist Evan Rachel Wood und im Film als Schönheit und leicht Verrückte inszeniert. Sie spielt das Cello im Opernorchester und ist verbandelt mit dem Schlimmsten vom Drogenkartell, Nigel, den Mads Mikkelsen hinreißend maskulin mit dem Schuß Irrsinn, aber auch wahnsinniger Verführungskraft spielt.
Spätestens ab jetzt muß man das Berichten einstellen, denn es gibt ein Video-Band, auf das Charlie zufällig stößt, auf dem zu sehen ist, wie dieser Nigel eine Tischrunde abschlachtet. Dieses Beweisband will Nigel wiederhaben, weshalb Charlie zusätzlich von ihm verfolgt wird, denn daß er 'seine' Gabi überhaupt anschaut, bringt schon die Todesstrafe. Wir sehen wilde Verfolgungsjagden durch ein wildgewordenes Bukarest, wo auch Til Schweiger seine Rolle findet. Er ist Darko, auch so eine Drogenboß, der immer dann auftaucht, wenn Charlie sich gerade gerettet fühlt. Und da der Film aber eigentlich eine Liebesgeschichte ist, wird der Schluß nicht verraten.
Wohl aber muß man etwas zu Regisseur Fredrik Bond sagen. Denn dieses Debüt zeigt, wie routiniert der Gestalter von Werbefilmen u.a., für die er bedeutende Preise einheimste, auch an solche Spielfilme herangehen kann. Alle Achtung.
Aus der Pressekonferenz: Leider sind die drei Hauptdarsteller nicht anwesend. Die Fragen beantworten Fredrik Bond als Regisseur, Rupert Grint, Til Schweiger. Und natürlich geht es darum, warum ausgerechnet Bukarest der Zielort der Trauerreise wurde. Schon im Film stellt sich ja heraus, daß die Mutter eigentlich Budapest meinte, was auch den Schauspielern so ging. Til Schweiger fand nicht, daß seine Rolle des Darko keinen weiteren Spielraum als nur die Gewalt zulasse. Wie überhaupt die Schauspieler wohl alle zusammen einen Riesenspaß beim Drehen hatten.
Regisseur Bond hat auf seine Erfahrungen beim Trip durch Europa zurückgegriffen, mit Interrail und in billigen Jugendherbergen. Der Charakter des Charlie ist ein romantischer. Die Frau ist eigentlich die harte Nuß in einer Art Rollentausch. Sie ist ein zerbrochener Charakter, ein geheimnisvolle Gestalt. Warum keine rumänische Schauspielerin genommen wurde? Weil sowohl LaBeouf wie auch Mikkelsen mit ihr spielen wollten.