f Styx 3 2Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. September 2018, Teil 8

Corinne Elsesser

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Der Atlantische Ozean mit seinen Stürmen und Unwägbarkeiten fordert die Menschen seit jeher heraus. Eine Überfahrt kann zum existentiellen Abenteuer werden. In letzter Zeit sind einige Filme zu dieser Thematik entstanden - mit ganz unterschiedlichem Ausgang. Während Robert Redford in "All is lost" als Einhandsegler dramatisch allen Stürmen trotzt, so sehr verzweifelte der britische Ingenieur Donald Crowhurst (dargestellt von Colin Firth in "The Mercy") an einer Weltumsegelung, die von Beginn an zum Scheitern verurteilt war.

In dem Film "Styx" geht eine junge Kölner Notfallärztin ihre Atlantiküberfahrt gelassen und zuversichtlich an. Auf ihrer Segelyacht "Asa Gray" startet Rike (Susanne Wolff) von Gibraltar aus und hält Kurs auf die tropische Insel Ascension mitten im Atlantik. Charles Darwin hatte diese 1836 entdeckt und ab 1854 zusammen mit dem Botaniker Joseph Dalton Hooker ein Renaturierungsprojekt eingeleitet, das über die Jahre eine paradiesisch anmutende Vegetation entstehen liess.

Ernst und konzentriert steht Rike am Steuer ihrer 11-Meter-Yacht, mit sich und dem Meer allein. Über Funk hält sie Kontakt zu anderen vorbeifahrenden Schiffen. Ein Frachter warnt sie vor einem aufziehenden Gewitter, für das sie sich gerade noch rüsten kann. Wenn das Boot in den nächsten Momenten bedrohlich in Schieflage gerät, wenn Welle um Welle über Bord schlägt, behält Rike immer die Kontrolle. Sie weiss, was zu tun ist und jeder Handgriff sitzt. Am nächsten Morgen scheint wieder die Sonne und die Fahrt könnte fortgesetzt werden. Doch da sichtet die Seglerin einen Fischkutter, der weder Kurs zu halten, noch voranzukommen scheint. Er ist überfüllt mit Menschen. Sofort setzt sie einen Notruf ab, erhält jedoch Anweisung, weiterzufahren. Menschen springen bereits von Bord. Einer von ihnen schafft es bis zu ihrem Boot, ein völlig erschöpfter Junge (Gedion Odour Wekesa), der sich mit letzter Kraft am Rettungsring festklammert. Mit Infusionen hilft sie ihm wieder auf die Beine. Doch je länger Rike in Sichtweite zum Kutter bleibt und auf das angekündigte Rettungsboot wartet, springen mehr und mehr Menschen ins Wasser. Der Junge, der sich unerwartet schnell zu orientieren weiss, wird ungeduldig und besteht darauf, auch die anderen zu retten.

Dies stellt die Ärztin vor einen Gewissenskonflikt, in dem jede Entscheidung, jeder nächste Schritt, der falsche ist. Folgt sie den Anweisungen der Küstenwache, überantwortet sie hunderte Menschen dem sicheren Tod. Hält sie sich an ihren ärztlichen Eid, Menschenleben zu retten, handelt sie den Anweisungen zuwider und macht sich strafbar.

Abgesehen davon, dass hier das zurzeit aktuelle Thema der Flüchtlingsrettung zur Sprache kommt, richtet der österreichische Regisseur Wolfgang Fischer sein Augenmerk auf die Unmöglichkeit einer eindeutigen und klaren Haltung hierzu. Susanne Wolff führt den inneren Konflikt ihrer Protagonistin eindrucksvoll vor Augen. In ihrem Beruf muss die Ärztin tagtäglich schnell die richtigen Entscheidungen treffen und sieht sich jetzt vor einer schier ausweglosen Situation, in der sie gar nicht handeln kann.

Derweil rückt ihr ersehntes Paradies in weite Ferne. Die verheissungsvolle, zwischen Angola und Brasilien gelegene Insel wird sie nicht mehr erreichen. Ihre Weiterfahrt wird von jenen vereitelt, die aus solch tropischen Paradiesen fliehen und der Europäerin drastisch vor Augen führen, wie sehr für sie das Meer längst zum antiken Styx geworden ist, zum verhängnisvollen Fluss, der das Reich der Lebenden von dem der Toten trennt.

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Info:
Darsteller:
Susanne Wolff, Gedion Odour Wekesa