Jane Fondas Vivian und Candice Bergens Sharon

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. September 2018, Teil 7

N.N.

Los Angeles (Weltexpresso) – „Es ist schon seltsam, wenn dein Regisseur dein Sohn sein könnte. Oder sogar dein Enkel,“ scherzt Fonda. „Aber er nötigte mir Respekt ab, ohne dass er es versuchte. Bill ist ein wunderbarer Regisseur. Wir waren vier Stars, es war eine Komödie, was es noch schwieriger machte und das alles ergab eine sehr komplizierte Aufgabe. Aber er war fabelhaft und fühlte sich in seiner Haut als Regisseur wohl. Wir alle genossen die Arbeit und hatten großes Vertrauen in ihn. Ich überließ mich komplett seiner Regie.”

Bill Holderman lernte dabei etwas Wichtiges über Fondas Arbeitsprozess: „Jane schickte mir zum Dreh eine der längsten E-Mails, die ich je bekommen habe. Diese enthielt eine unglaublich tiefgehende und detaillierte Aufschlüsselung zur Hintergrundgeschichte ihrer Figur. Sie erzählte von ihren Eltern und wie sie dazu kam, ihr eigenes Hotel zu leiten und darin zu wohnen. Sie macht solche Recherchen und Charakteranalysen schon so lange, für sie muss das Routine sein. Für mich war das absolut außergewöhnlich und hat mich schwer beeindruckt.“

Fonda meint: „Dieser Film handelt von Freundschaft, Sex und Älterwerden. Er erzählt auch davon, wie wichtig es für eine Frau ist, völlig eigenständig und authentisch darüber zu entscheiden, wann sie ihre Hoffnungen auf Beziehung, Sinnlichkeit und Liebesaffären aufgibt. Er soll älteren Menschen kein schlechtes Gewissen machen, weil sie keinen Sex haben. Niemand muss in dieser späten Phase noch ein sexuelles Leben führen. Aber es liegt an uns, diese Entscheidung zu treffen. Unsere Kultur nimmt zu bereitwillig an, dass es damit ab einem bestimmten Zeitpunkt vorbei ist. Deshalb sind Kinder so oft schockiert, wenn sie herausfinden, dass ihre Eltern weiterhin sexuell aktiv sind. Ich mag es, wenn in dem Film die Kinder von Dianes Keaton Figur sie so behandeln, als müsste sie ins Altersheim, während sie voller Lust für diesen Piloten ist.“

„Meine Figur im Film befürchtet, dass ihre Freundinnen aufgegeben haben, obwohl sie noch nicht wirklich dazu bereit waren“, so Fonda weiter. „Ich bringe sie deshalb dazu, über Dinge nachzudenken, an die sie lange Zeit keinen Gedanken verschwendet haben. Die Ironie ist, dass meine Figur selbst Blessuren davongetragen hat – aus Gründen, die nicht Teil dieses Films sind. Es geht um Dinge, die ihr früh im Leben passiert sind, die sie - und uns alle - beeinflussen und uns dazu bringen, uns im Alter auf bestimmte Weise zu verhalten. Vivian ist noch sexuell aktiv, aber nur nachmittags und nie mit jemand, der ihr etwas bedeutet. Wenn jemand sie emotional berührt, dann ergreift sie die Flucht. Meine Freundinnen tun nun das, was Freundinnen tun sollen: Sie nageln mich fest und weisen mich auf meine Schwächen hin.“

Fonda weiter: „Vivian fürchtet sich sehr vor Kontrollverlust. Sie lebt in ihrem eigenen Hotel. Wenn du das tust, ist alles für dich vorab festgelegt – von deinem Essen bis zu den Leuten, die dein Gepäck tragen. Keine Überraschungen. Dann erscheint dieser Mann, in den sie einst verliebt war und den sie zurückwies, weil sie früher eine schlechte Erfahrung gemacht hatte. Wenn eine Person, die du liebst, Dich verlässt, dann bist Du verletzt und empfindlich. Als Arthur ins Hotel kommt, ist sie völlig aus der Fassung und sie stößt ihn weg.“ Aber dafür waschen ihre Freundinnen ihr den Kopf.

„Im letzten Akt meines Lebens ist nichts so wichtig wie meine Freundinnen“, so Fonda. „Sie stärken mir den Rücken. Sie inspirieren mich. Sie machen mich besser und bringen mich zum Lachen.“ Und dazu zählen jetzt auch ihre neu gefundenen Freundinnen – ihre Kolleginnen aus dem BOOK CLUB. Fonda resümiert: „Wir sind alle älter und ich bin die Älteste, praktisch Mama Bär. Keine von uns kann mehr die junge Geliebte spielen. Wir alle sind uns dessen bewusst und wir wissen, wie wichtig Freundschaften jetzt sind. In meinen jungen Jahren – wenn ich für mich sprechen darf – drehte ich mit Leuten einen bestimmten Film und dabei freundeten wir uns an. Dann war der Dreh vorbei und jeder machte mit seinem Leben weiter. Bei diesem Film hatte jede von uns die feste Absicht, in Kontakt zu bleiben. Wir wollen die Beziehung zwischen uns Vier weiter pflegen. Ich hatte noch nie mit diesen Frauen gearbeitet. Candy kannte ich oberflächlich, seit sie 17 war. Mein damaliger Freund meinte zu mir ‚Ich möchte, dass du das schönste Mädchen kennenlernst, dem ich je begegnet bin’ und er brachte mich zu ihr. Ihre Karriere war gerade am Abheben und ich war nicht davon begeistert, dass ich sie sehen sollte. Vielleicht wollte er mit ihr ausgehen und er dachte womöglich, wenn sie mich mit ihm zusammen sehen sollte, dann würde das seine Chancen bei ihr erhöhen. Ich fiel praktisch in Ohnmacht, als ich sie sah, denn sie war so schön, so klug und so lustig. Dianes Laufbahn habe ich immer mit enormer Bewunderung und Interesse aus der Ferne verfolgt. Sie ist eine so ungewöhnliche Person. Das kannst du schon an ihrer Kleidung erkennen. Ich habe Wert darauf gelegt, all ihre Bücher zu lesen, die mir viel Freude, Vergnügen und Inspiration geboten haben. Was Mary angeht, so ist sie aus meiner Sicht ein perfektes menschliches Wesen. Ihr Herz ist so groß wie eine Studiobühne, so großzügig und facettenreich. Sie ist eine Sängerin, Liedermacherin, arbeitet mit Musikern in Nashville. Sie ist einfach eine höchst interessante, schöne Seele.”

Jede der Darstellerinnen konnte sich in ihrer Figur wiederfinden und Fonda hofft, dass das Publikum die gleichen Entdeckungen machen kann: „Junge Menschen sollen sich nicht so sehr davor fürchten, alt zu werden. Es ist nie zu spät und du hast immer eine zweite Chance. Keine von uns ist perfekt, aber wir sind alle gut genug. Am Ende des Filmes haben wir das alle begriffen. Also dann – treten Sie einem Lesezirkel bei!“


Candice Bergens Sharon

„Aus meiner Sicht hat kein Mensch auf diesem Planeten einen solchen Sinn für Humor wie Candice Bergen“, so Holderman. „Im Ernst. Sie ist so scharfsinnig und schnell. Und sie hat einen solchen Esprit. Immerhin – diese Frau ist Murphy Brown! Aber sie ist auch als Person so charmant und lustig. In BOOK CLUB spielt Bergen die geschiedene Bundesrichterin Sharon. Sie hat den Glauben an sich verloren. Ihr geringes Selbstwertgefühl ist ihr größtes Problem. Sharon hat sich abgeschottet und auf ihre Karriere als erfolgreiche Bundesrichterin konzentriert. Jetzt muss sie ihre eigenen Denkmuster überwinden, sie muss glauben, dass sie es wert ist, dass sie sich wieder hinauswagen kann und sich jemand in sie verlieben wird, dass jemand das Zusammensein mit ihr genießen kann und umgekehrt. Für Menschen aller Altersgruppen ist es eine echte Herausforderung, zu glauben, dass sie der Zeit und der Liebe eines anderen wert sind.“

„Ich war begeistert, als sie mir diese Rolle anboten“, so Bergen. „Sharon ist eine Bundesrichterin, intelligent, eine Autoritätsperson, hat einen Sinn für Humor und eine Seele voller Disziplin und Ehrlichkeit. Sie macht alles nach Vorschrift. Und sie hat Hunderte von Jahren allein gelebt, nachdem sie lange Zeit mit einem Tropf von Ehemann verheiratet war. Dann ließ sie sich von ihm scheiden und jetzt ist er mit dieser Zwölfjährigen zusammen. Sie denkt sich ‚Vielleicht sollte ich wieder Männer kennenlernen. Vielleicht sollte ich nicht in dieser winzige Wüste meines Apartments leben‘. Andererseits hat sie das Gefühl, dass in ihrem Leben nichts fehlt. Sie hat eine Katze. Sie steht auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Und dann stößt die Lektüre von „Fifty Shades of Grey“ für sie eine Tür auf. Sie wagt sich in die Welt des Online-Dating. Sie wird aber von ihrem Assistenten erwischt, als sie in ihrer Kanzlei ins Netz geht. Und die Dinge laufen zunächst nicht gut. Richard Dreyfuss (George) ist als Typ ein bisschen abgehalftert. Er ist zwar ganz amüsant und intelligent, aber er ist ein Steuerberater!“ Als sich Sharon in diese Welt vorwagt, erfährt sie, was Spanx [Shapewear-Mode] ist und entdeckt von neuem, wie es ist, auf dem Rücksitz eines Autos herumzuknutschen. „Richard Dreyfuss ist ein fantastischer Schauspieler“, meint Bergen. „Er hat so eine animalische Präsenz, ein wahnsinniges Selbstvertrauen und ist voller Leben und Humor. Sagen wir einfach, er scheut vor nichts zurück.“

Als sie das Drehbuch bekam und erfuhr, dass Fonda und Keaton an Bord waren, sagte sie nur: „Hey, ich bin dabei.“ – „Was ich an diesem Film liebte,“ so Bergen weiter, „war die Ehrlichkeit und die Zärtlichkeit dieser Freundschaft. Für Frauen sind Freundinnen enorm wichtig, um Unterstützung zu erfahren und ihr Leben gut zu führen. Das ist berührend und amüsant. Der Film sagt: Es ist egal, ob du 50, 60 oder 70 bist. Dein Leben ist nicht vorbei. Es gibt immer neue Anfänge. Denn alles dreht sich um Erneuerung. Und so finden diese Frauen neue Beziehungen zu Männern und sind gleichzeitig füreinander da. So kannst du alles überstehen. Der Film ist auch inspirierend, denn diese Frauen haben Situationen bewältigt, mit denen die meisten Frauen im Lauf ihres Lebens konfrontiert sind. Sie haben sich neu erfunden. Es ist eben nicht vorbei, bis es wirklich vorbei ist. Das ist die Erkenntnis, die man daraus mitnehmen kann.“