Serie: Hessischer Film- und Kinopreis 2018 am Buchmessenfreitag in der Alten Oper, 1/3
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Man könnte glauben, das FILMLAND HESSEN gäbe es tatsächlich, wenn auf dem Roten Teppich die Sternchen, aber auch einige Stars vorbeischreiten ins Entrée der herrschaftlichen Alten Oper. Mit dem Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten, der auf den nun wirklich sensationellen Schauspieler MATTHIAS BRANDT fiel, war zumindest ein großer Name dabei und mit MICHAEL MADSEN aus den USA ist nun wirklich ein richtiger Weltstar auf der Bühne, der einem gutgelaunt und freundlich, aber auch ziemlich unvorbereitet erschien, wo er überhaupt und wozu er da ist.
Macht nichts, die anderen wußten es und die Zuschauer allemal. Die waren nämlich auch gut gelaunt und ein andermal wollen wir das doch genauer untersuchen, inwieweit nicht das Publikum vom Erfolg dieses Hessischen Film- und Kinopreises beruflich genauso abhängig ist, wie die Oberen, die Politischen also, die HessenFilm ins Leben riefen und auch finanzieren. Und für diese politischen Vorgaben auch Erfolgsbeweise vorlegen müssen. Wobei wir gleich voranschicken wollen, daß die Preissumme um einen gehörigen Batzen, nämlich um rund 50 000 Euro auf insgesamt 247 500 aufgestockt wurde, die, die Erhöhung nämlich - und das finden wir nun richtig gut, allesamt den Kinopreisgeldern zu Gute kam. Das sind die vielen, eher kleineren Kinos mit den guten Programmen, die kommunalen Kinos genauso wie die gewerblichen, die die Kinokultur im Lande aufrechterhalten, damit nicht nur die Hollywoodfilme ihre Zuschauer finden. Und das war dann doch ein netter Zug, daß ausgerechnet Tarantinomann Michael Madsen, dessen letzter Film ONCE UPON A TIME IN HOLLYWOOD bei uns noch nicht angelaufen ist, der Bühnencowboy mit dem entsprechenden Hut, den wackeren Kinoleuten ihren Kinokulturpreis überreichte: viele viele goldenen Statuetten, über die diesmal überhaupt nicht geredet wurde; wie gut, daß der Hollywoodstar nicht nachfrug, welchen Mann mit Guckinstrument er da überhaupt überreicht. Den dazugehörigen Scheck dagegen kann jeder einlösen.
Doch, als der Kinopreis verliehen wurde, war es schon später am Abend und Matthias Brandt kam als Höhepunkt als Letzter dran. Angefangen hatte es mit der Begrüßung durch den Hausherrn des Abends, den Hessische Minister für Kunst und Wissenschaft, Boris Rhein, der sich mächtig stolz zeigte, wie sehr sich der Hessische Film- und Kinopreis gemacht hat, der immerhin schon seit dem letzten Jahrhundert verliehen wird, was lange klingt, aber gerade 1990 begann, also längst volljährig geworden zum 29. Mal stattfand. An so vielen Orten, mal in der Oper, mal auf der Messe, mal mit der Buchmesse, jetzt wieder ohne und die letzten Jahre in der Alten Oper, was der dauerhafte Platz sein soll, wobei die Preisverleihung am Buchmessenfreitag stattfinden soll. Bei jeder Verleihung spricht einer der Kinobetreiber den Dank aus. Das war diesmal Andreas Heidenreich vom Kino Weiterstadt, der unmißverständlich sagte, wie finanziell mau die Situation der Programmkinos ist. Diejenigen, die diese nicht gut bezahlte Knochenarbeit der kommunalen und gewerblichen Kinos machen, müssen ihre Bestätigung und Zufriedenheit für ihre Arbeit um das Kinoprogramm direkt von ihren Besuchern bekommen - und bekommen sie auch. Emotional und durch Anhänglichkeit und Dank. Durch die Bezahlung auf jeden Fall nicht.
Also, Boris Rhein zeigte sich stolz über die Entwicklung des Hessischen Film- und Kinopreises, das darf er auch sein, wenn er die gönnerhafte Bemerkung unterläßt, daß die Leistungen deutscher Schauspieler "mittlerweile auch..." richtig gut geworden sind. Meine Güte, da muß man nur zurückdenken, die Schauspielerleistungen in Deutschland waren meist sehr viel besser als die Filme selbst. Aber Schwamm darüber, denn dem Minister ist die Förderung wirklich wichtig. Das konnte man dann an den doch recht persönlichen Worten merken, mit denen er den Preis seines Hauses, den Nachwuchspreis ankündigte. Ausgewählt wurde Isabel Gathof, die informierten Besuchern schon von der letztjährigen Filmpreisgala bekannt war, wo ihr Film MORITZ DANIEL OPPENHEIM für den Dokumentarfilmpreis nominiert war. In diesem Jahr konnte man diesen interessanten und einfach rasant gemachten Film nur auf Filmfestivals sehen, wo er regelmäßig Preise erhielt. Aber nicht durch Preise kommt ein Film ins Kino, sondern durch einen Verleih, der das Risiko auf sich nimmt, das Publikum erst einmal für einen solchen Film gewinnen zu müssen.
Und daß Isabel Gathof dies geschafft hat, spricht schon für sie. Sie setzt also auch etwas durch und gibt nicht auf. Zuerst allerdings ist sie eine wache und zupackende Zeitgenossin. Sie kam gar nicht auf dies Thema über die grandiose Ausstellung im Jüdischen Museum zum jüdischen Maler Moritz Daniel Oppenheim von 1999/2000, der ihn für die Kunstwelt dem Vergessen entriss. Dazu ist sie viel zu jung. Sie bekam mit, daß in ihrer Heimatstadt Hanau für den berühmten Sohn der Stadt ein Denkmal errichtet werden sollte und fand das spannend, die Fertigstellung durch den Künstler zu begleiten und gleichzeitig das Leben des Porträtierten und sein Werk im 19. Jahrhundert nachzuzeichnen. Sie ist ein Beispiel dafür, daß man Filme machen kann, für deren Finanzierung man erst einmal selbst sorgen muß, weshalb sie eine eigene Filmproduktionsfirma FEINSHMEKER FILM gründete, und dann auch noch für die Vermarktung des Films zuständig war und ist. Das klingt gut, aber welche immense Anstrengung dahintersteckt, das ahnt man nur und ist eines Preises von 7 500 Euro sowieso wert, der immerhin eine schmale Basis eines nächsten Films sein kann, den sie vorhat.
Aber da gibt es gerade wieder eine Ansprache des Moderators Jochen Schropp, der dies seit Jahren über die Bühne bringt. Und das bringt uns darauf, daß es natürlich mit Musik losging. Und zwar mit Aplomb. Die Jackson Singer's ist ein aufgeräumter, zwischen Gospel, Rock, Soul und Pop angesiedelter Chor, der für Rhythmus, Stimmung und eben auch Mitsingen des Publikums steht. Warum allerdings das Programm dies "OPENING Showact" nennt, gehört zu den Peinlichkeiten. Später kam auch das Spardosen-Terzett zum Einsatz, fast schon Bekannte beim Filmpreis. Ganz neu dagegen ASON, wie sich einer Vierergruppe junger Mädchen aus Schweden nennt, die in Wiesbaden leben, aber diesmal nur zu Dritt auftraten.
Die zwischengeschalteten musikalischen Beiträge sollen immer auflockern, denn natürlich führt bei so vielen Preisen eine gewisse Mechanik von Preis, Filmausschnitt, Laudator und Dankesrede zu einer ritualisierten Gleichförmigkeit. Aber dieser Gefahr sind die meisten Preise gut entkommen, entweder war der Filmausschnitt so spannend oder die Laudatoren, wobei Ronja von Rönne zum ausgewählten Kurzfilmpreis für Peter Meisters MENSCHENJAGD kluge Worte fand, die einen Sprachpreis verdient hätten.
Den Preis für den besten Hochschulfilm ging an Matthias Lawetzky für APPACHALCHIAN HOLLER. Seltsam, hätte mir vorher einer gesagt, daß ich die Trumpwähler, die mit den vielen Gewehren und drastischen Manieren aus eher prekärem Milieu in einem Film sähe, hätte es mich nicht interessiert. Aber diese Lakonie von Landschaft und Leuten konnte der junge Filmemacher fast poetisch rüberbringen. Preisträger für den Drehbuchpreis wurden Kristl Philippi und Klaus Stern für WOLF OF KASSEL, was schon eher nach Horrorfilm klingt, aber ganz anders gemeint ist.
PS.: Eine tolle Idee, die internationalen Menschenrechte zu ihrem 70sten Geburtstag in Form von Würfeln auf der Bühne zu haben und mit Licht anzustrahlen. Aber es wäre so wichtig gewesen, dies nicht nur so nebenher zu erwähnen, sondern diese Würfel, also die einzelnen Menschenrechte, auch in der Inszenierung des Abends einzubauen, ihnen auch inhaltliches Gewicht zu geben.
FORTSETZUNG FOLGT
Fotos:
Matthias Brandt auf dem Roten Teppich
Isabel Gathof auf der Bühne bei der Preisübergabe durch Minister Boris Rhein
Michael Madsen
Moderator Schropp und Minister Rhein
Jackson Singer's
alle Fotos © Markus Nass
Matthias Brandt und Isabel Gathof mit dem Ehren- und Nachwuchspreis
- Details
- Kategorie: Film & Fernsehen