Hfilm kinosSerie: ​​Hessischer Film- und Kinopreis 2018 am Buchmessenfreitag in der Alten Oper, 2/3

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Die Schauspielerpreise lockern dann immer etwas auf, weil bei ihnen auch das Publikum mitsprechen kann. Und da dies Fernsehfilmpreise sind, kennen die Zuschauer in der Alten Oper die aus den Fernsehfilmen und Fernsehspielen ausgewählten Schauspieler recht genau und bestimmen mit, wer der Beste ist.  In Gedanken und Gefühlen, ist hier gemeint, denn da man die nominierten Schauspieler und Schauspielerinnen kennt, kann man auch gleich dazu eine eigene Meinung haben. Im Stillen und für sich. Denn im Hintergrund haben ja die Jurys - das sind diejenigen, die im Vorfeld die meiste Arbeit haben  - erst einmal je drei Personen für jede Sparte ausgewählt, deren Fernsehfilmausschnitte dann gezeigt wurden, also insgesamt sechs Filme. Und dann holten die Laudatoren aus dem Umschlag dann den Namen eines Mannes und einer Frau, die als Beste Schauspielerin und Bester Schauspieler ausgewählt wurden. Auch dem Zuschauer ging es so wie den Laudatoren, daß sie erst einmal jedem den Preis gönnten.

Nominiert waren als Bester Schauspieler

Matthias Brandt in TOULOUSE
Golo Euler in TATORT - UNTER KRIEGERN
Thomas Schmauser - DER GROSSE RUDOLPH

Hfilm moosDurch Zufall hatten wir in der Redaktion den Film über Rudolph Mooshammer, der jüngst gezeigt wurde, gesehen, d.h. eher nebenbei gesehen, weil es um andere Arbeiten ging. Aber die Arbeiten stellten wir ein und sahen dann wirklich diesem Fernsehspiel zu, was erst einmal allein an der Präsenz von Thomas Schmauser als Mooshammer lag. Der stellte diesen Mann, der uns überhaupt nicht interessiert, auf eine Weise dar, daß man gebannt dem Geschehen folgen mußte. Daß er den Preis erhalten mußte, sehen wir als eine in der Sache liegende Konsequenz an. Völlig verblüfft sahen wir dann diesen Schauspieler auf der Bühne, wo er völlig anders aussieht, als in seiner Rolle - und auch normal spricht, denn die gekünstelte Diktion des berühmten Modemachers entspricht seinem so sanftem wie entschlossenen Naturell. Die Darstellung ist wirklich eine besondere schauspielerische Leistung, die einen Zuschauer noch lange an die gespielte Figur denken läßt.

Die Jury urteilte hier:
"Thomas Schmauser porträtiert Mosshammer mit großem Respekt als Menschen hinter der Ikone. Schmausers feine Komik liefert die Figur nicht aus, sondern läßt sie durch die große Kunst der kleinen Andeutungen, Blicke und Gesten aufleben. Ein liebevolles und mitreißendes Portrait eines Mitglieds der Münchener Chickeria, der zugleich ein Außenseiter war."

Hfilm jungDaß dann auch noch bei den Schauspielerinnen die ganz junge, erst 18jährige Lena Urzendowsky den Preis als Beste Schauspielerin erhielt, macht diesen Fernsehfilm zu etwas Besonderem, was gar nicht der Fall ist. Nicht der Film ist so toll, sondern hier das Zusammenspiel der beiden, die auf einer Gefühlsebene sich viel ähnlicher sind, als Alter und Stellung glauben lassen. Wir sehen eine junge, etwas unbedarfte Frau, aber Mooshammer sieht in ihr schon die Möglichkeitsfrau, die ihre eigene Kollektion entwirft und diese vorführt. Hfilm beerDieses Spiel mit der Möglichkeit, eigentlich einem Herbeisehnen einer bestimmten Zukunft gibt dem Spiel etwas Flirrendes, auch Heiteres, auf  jeden Fall emotional Anrührendes.

Übrigens waren für diesen Preis zwei weitere Schaupielerinnen nominiert: Paula Beer für ihre Bankerin in BAD BANKS und Britta Hammelstein für FERIEN. Über die Preisträgerin urteilte die Jury: "Eine junge Frau gerät in der Glitzerwelt der Münchner Modeszene. Sie will dazugehören und ist doch von ihr abgestoßen. Gleichezitig mag sie den Sonderlin gMosshammer. Dies aber spielt Lena Urzendowsky anrührend und überzeugend. Mit viel Natürlichkeit und mit großer Kunst des Unauffälligen gelingt es ihr den Zuschauer zu packen."

Hfilm ramadanAch ja, Kida Kodr Ramadan, übrigens Libanese von der Herkunft her, hielt die mit Abstand kürzeste und durchschlagendste Laudatio. Zwar hat er die Schei...etwas zu häufig im Sprachgebrauch, aber da war Leidenschaft für die Sache und auch Durchblick für das Gesetz der Fernsehserie, die gerade die Kinofilme kaputtmachen. Mit ASPHALTGORILLAS, was uns richtig gut gefiel - siehe die Filmkritiken jeden Donnerstag - ist er sein eigener Konkurrent zur Serie 4 Blocks, wo er den kriminellen Clanchef Toni Hamady gibt, der aussteigen möchte.

Die Filmpreise kommen in Kurzfassung im nächsten Artikel. Hier wollen wir mit Matthias Brandt enden, wie im realen Leben, wie beim echten Kino- und Filmpreis. Daß er ein kluger, auch schlagfertiger Mann ist, wußte man schon. Er nahm seine Ehrung gerne an und ertrug die Worte des Hessischen Ministerpräsidenten mit Fassung - und Humor. Was ist bloß in Volker Bouffier gefahren, daß er hier den jovialen Gutsbesitzer gab, die Herrschaft, die mal einen ausgibt. Eine derartige Jovialität ist einfach unangemessen und sich von seinem Ehrenpreisträger endlich auch einmal eine Komödie zu wünschen, ist bei einem Schauspieler wie Brandt, der X-Komödien gespielt hat, einfach lächerlich - und dann fiel uns ein: aha, Wahlkampf. In zwei Wochen ist Hessenwahl. Es war ja bei den Gästen auch der Kandidat der SPD für den Ministerpräsidenten, Thorsten Schäfer-Gümbel mit seiner Frau begrüßt worden. Hfilm ditscheAlso Bouffier war peinlich. "Wir ehren auch Menschen, die noch nicht in der Endphase des Glücks angekommen sind, also noch nicht Hessen sind", wäre witzig, wenn es nicht Bouffier und wenn er es nicht in solcher Umgebung und zu solchen Zeiten gesagt hätte. Aber Brandt war dann witzig, als er auf den Ehrenpreis hin äußerte, daß so viel Lob doch aufscheinen lasse, daß nun bald alles vorbei sei. Doch sei die schärfste Waffe seitens Bouffier noch nicht gefallen: "Meine Mutter sieht sie so gerne". Dann wüßte er, daß er aufhören sollte, beige Funktionskleidung tragen und so.

Doch, auf die Laudatio von Olli Dietrich für den Ehrepreisträger muß noch eingegangen werden. Dieser kam in seiner Rolle als DITSCHE auf die Bühne, also im Bademantel, wo er im norddeutschen Slang, keine Ahnung, ob das echtes Hamburgerisch ist, die Genialität und Generösität von Matthias Brandt lobte, der zudem so subtil spiele, daß man ihm beim Denken zusehen könne. Das waren leise, versteckte, sehr warme Worte, die an diesem Abend, der geprägt war vom munterenHintereinander, was eben oberflächlich bleiben muß, hervorstachen. Film und Schauspielerei ist eben nicht nur Geschäft.

PS.: Eine tolle Idee, die internationalen Menschenrechte zu ihrem 70sten Geburtstag in Form von Würfeln auf der Bühne zu haben und mit Licht anzustrahlen. Aber es wäre so wichtig gewesen, dies nicht nur so nebenher zu erwähnen, sondern diese Würfel, also die einzelnen Menschenrechte, auch in der Inszenierung des Abends einzubauen, ihnen auch inhaltliches Gewicht zu geben.

FORTSETZUNG FOLGT

Fotos:
Die Kinobetreiber bedanken sich
Thomas Schmauser erhält vom Intendanten des HR die Siegerskulptur
Lena Urzendowsky mit dem Moderator
Paula Beer 
Ramadan
Ditsche
alle Fotos © Markus Nass