Marcel Gisler
Zürich (Weltepresso) - Mit wem ich auch darüber rede, fast niemand versteht, warum es im Jahr 2018 noch ein Problem sein soll, als Profifußballer offen schwul zu sein. Auch viele deutsche Politiker und Politikerinnen und hochrangige Funktionäre in den Clubs und Verbänden zeigen sich aufgeschlossen und haben bereits 2013 die „Berliner Erklärung“ unterschrieben, ein Papier gegen Homophobie im Sport. Wir wissen, es gibt schwule Fussballer und intern werden sie von den Clubs professionell betreut und gemanagt, aber nach aussen hin herrscht Schweigen.
Ein Outing ist im Profifussball nach wie vor ein Tabu. Der schwarze Peter, warum das so sei, wird hin und her geschoben. Reaktionäre Fangruppen seien das Problem. Oder die Sponsoren, die abspringen könnten. Oder einzelne Spieler in den Mannschaften, die aus chauvinistisch geprägten Kulturen stammen und damit nicht umgehen könnten.
Corny Littmann, ehemaliger Vereinspräsident des FC St. Pauli und selber schwul hat 2012 ein Interview zum Thema gegeben. Auf die Frage, warum sich im Profifussball bisher noch kein schwuler Spieler geoutet hat: „Er wäre dumm, das zu tun. Jeder, der es tun würde, wäre dumm.“ - Littmann sieht die Fussballwelt als ein berufliches Umfeld in dem die soziale Kompetenz weitgehend fehlt, um mit einem Outing umzugehen. Homophobe Klischees und Kleinkariertheit seien immer noch weit verbreitet. Ein Fussballer kann seinen Beruf durchschnittlich 16 Jahre lang ausüben und wechselt alle zwei bis drei Jahre den Club. Er ist eine Handelsware, die von Vereinen gekauft und möglichst gewinnbringend wieder verkauft wird. Ein geouteter Profi hätte jedoch Probleme einen neuen Club zu finden, denn er würde als „schwierig“ gelten, selbst wenn die sportliche Leistung stimmte. Ein Outing würde daher seinem Marktwert und damit seiner Karriere schaden.
Ist es also wie meistens in unserer Gesellschaft eine Frage des Geldes? – 2018 findet die Fussball WM in Russland statt, einem Land, das Schwule diskriminiert und ausgrenzt. 2022 in Katar, einem Land, das Homosexualität mit fünf Jahren Haft oder neunzig Peitschenhieben bestraft. Wie wir wissen, geht es dabei um das ganz grosse Geschäft und die FIFA wird sich das Geschäft als letztes von der Schwulenfrage verderben lassen. Und wir werden beide WM’s mit Spannung verfolgen, wir werden dafür bezahlen, um die Spiele zu sehen. So ist der momentane Status Quo bezüglich Homosexualität im Fussball letztlich eine gesellschaftliche Übereinkunft, die wir alle mittragen. Die Last der Selbstverleugnung aber tragen allein die schwulen Spieler.
Als der Drehbuchautor Thomas Hess 2010 mit der Idee auf mich zukam, einen Spielfilm zum Thema schwule Liebe im Profifussball zu machen, war meine erste Frage: Gibt es den Film denn nicht bereits? Das Thema war schon damals seit Jahren in den Medien präsent. Die Recherche zeigte aber, dass zwar etliche Reportagen zum Thema existierten, wie auch eine Komödie aus dem Jahr 2004. Doch die grosse Fussballer-Lovestory wurde bis dahin noch nicht fürs Kino verfilmt. Dies gab den Ausschlag, warum ich zusagte. Neben der thematischen Relevanz hatte ich 20 Jahre nach „F. est un salaud“ grosse Lust, wieder einen Liebesfilm zu drehen. - Schon in der klassischen Literatur bewegen uns Liebesgeschichten im Spannungsfeld eines wie auch immer gearteten „Liebesverbotes“ am meisten. So sah ich die Chance, im gesellschaftlich gegebenen Kontext eines modernen „Liebesverbotes“ eine berührende Geschichte erzählen zu können. Wichtig war mir dabei, diesen Kontext so realistisch und zeitgemäss wie möglich darzustellen. Dabei hat mich der Berner Fussballclub BSC YB während der Drehbuchentwicklung bei Recherchen und Gesprächen grosszügig unterstützt. Auch für die Dreharbeiten haben der BSC YB und der Hamburger FC St. Pauli uns Infrastruktur, Materialien und ihren Namen zur Verfügung gestellt, wofür ich sehr dankbar bin.
Foto:
Max Hubacher als Mario und Aaron Altaras als Leon
© Pro Fun Media Filmverleih©
Info:
MARIO
Ein Film von Marcel Gisler
mit Max Hubacher, Aaron Altaras, Jessy Moravec
Kinostart: 22. Februar 2018
Dauer: 119 Min.
Corny Littmann, ehemaliger Vereinspräsident des FC St. Pauli und selber schwul hat 2012 ein Interview zum Thema gegeben. Auf die Frage, warum sich im Profifussball bisher noch kein schwuler Spieler geoutet hat: „Er wäre dumm, das zu tun. Jeder, der es tun würde, wäre dumm.“ - Littmann sieht die Fussballwelt als ein berufliches Umfeld in dem die soziale Kompetenz weitgehend fehlt, um mit einem Outing umzugehen. Homophobe Klischees und Kleinkariertheit seien immer noch weit verbreitet. Ein Fussballer kann seinen Beruf durchschnittlich 16 Jahre lang ausüben und wechselt alle zwei bis drei Jahre den Club. Er ist eine Handelsware, die von Vereinen gekauft und möglichst gewinnbringend wieder verkauft wird. Ein geouteter Profi hätte jedoch Probleme einen neuen Club zu finden, denn er würde als „schwierig“ gelten, selbst wenn die sportliche Leistung stimmte. Ein Outing würde daher seinem Marktwert und damit seiner Karriere schaden.
Ist es also wie meistens in unserer Gesellschaft eine Frage des Geldes? – 2018 findet die Fussball WM in Russland statt, einem Land, das Schwule diskriminiert und ausgrenzt. 2022 in Katar, einem Land, das Homosexualität mit fünf Jahren Haft oder neunzig Peitschenhieben bestraft. Wie wir wissen, geht es dabei um das ganz grosse Geschäft und die FIFA wird sich das Geschäft als letztes von der Schwulenfrage verderben lassen. Und wir werden beide WM’s mit Spannung verfolgen, wir werden dafür bezahlen, um die Spiele zu sehen. So ist der momentane Status Quo bezüglich Homosexualität im Fussball letztlich eine gesellschaftliche Übereinkunft, die wir alle mittragen. Die Last der Selbstverleugnung aber tragen allein die schwulen Spieler.
Als der Drehbuchautor Thomas Hess 2010 mit der Idee auf mich zukam, einen Spielfilm zum Thema schwule Liebe im Profifussball zu machen, war meine erste Frage: Gibt es den Film denn nicht bereits? Das Thema war schon damals seit Jahren in den Medien präsent. Die Recherche zeigte aber, dass zwar etliche Reportagen zum Thema existierten, wie auch eine Komödie aus dem Jahr 2004. Doch die grosse Fussballer-Lovestory wurde bis dahin noch nicht fürs Kino verfilmt. Dies gab den Ausschlag, warum ich zusagte. Neben der thematischen Relevanz hatte ich 20 Jahre nach „F. est un salaud“ grosse Lust, wieder einen Liebesfilm zu drehen. - Schon in der klassischen Literatur bewegen uns Liebesgeschichten im Spannungsfeld eines wie auch immer gearteten „Liebesverbotes“ am meisten. So sah ich die Chance, im gesellschaftlich gegebenen Kontext eines modernen „Liebesverbotes“ eine berührende Geschichte erzählen zu können. Wichtig war mir dabei, diesen Kontext so realistisch und zeitgemäss wie möglich darzustellen. Dabei hat mich der Berner Fussballclub BSC YB während der Drehbuchentwicklung bei Recherchen und Gesprächen grosszügig unterstützt. Auch für die Dreharbeiten haben der BSC YB und der Hamburger FC St. Pauli uns Infrastruktur, Materialien und ihren Namen zur Verfügung gestellt, wofür ich sehr dankbar bin.
Foto:
Max Hubacher als Mario und Aaron Altaras als Leon
© Pro Fun Media Filmverleih©
Info:
MARIO
Ein Film von Marcel Gisler
mit Max Hubacher, Aaron Altaras, Jessy Moravec
Kinostart: 22. Februar 2018
Dauer: 119 Min.