ab harmonie1Wie kleinere Kinos sich für ihre Besucher attraktiv und heimisch machen, Teil 2/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Dieser Umbau ist nicht der erste Streich von Christopher Bausch in Frankfurt, denn zuerst war 2016 das Vorzeigekino CINEMA dran, als Bausch erst gerade die beiden Kinos übernommen hatte. Sehr interessant, was er zur Unterschiedlichkeit der beiden Kinos sagte, bzw. zum unterschiedlichen Publikum, was sich mit dem deckt, was wir selbst erlebt haben. Im Cinema ist ein älteres, recht gut situiertes Publikum zu Hause.

Sehr viele Frauen – das ist unsere Beobachtung - , die gerne erst den Kaffee und dann das Glas Wein goutieren. Das Filmprogramm entspricht dem Angebot dessen, was wir als ‚guten Film‘, oft mit einem ausgesprochenen Unterhaltungsanteil  bezeichnen würden. Sowohl filmisch besonders gelungene Arbeiten, wie auch thematische Dauerbrenner, wie Beziehungsfilme, die ja so unterschiedliche sein können wie Tag und Nacht, immer aber den Zuschauer geschickt ins Geschehen mitnehmen, weil dazu jeder etwas sagen kann, während die intergalaktischen Ereignisse in den Großkinos nur bestaunt oder gelangweilt zur Kenntnis genommen werden können und der Zuschauer nicht auf eigene Erfahrung zurückblicken kann.

Das sollte nur etwas gestellt umschreiben, daß insbesondere die besseren französischen Komödien hier ihren Platz finden. Aber auch schwierige Themen, ob Holocaust oder Ausländerproblematik. Im CINEMA laufen Filme, über die man sich gerne austauschen will. Übrigens in letzter Zeit auch vermehrt Premieren oder Vorpremieren, wenn Regisseure ihre Filme vorstellen, was immer interessant ist, weil man auch noch stärker in den Film hineinguckt, wenn man weiß, daß man dann fragen kann.

Sicher wird mit fast feudalem Eingangsbereich nun auch die HARMONIE ein Vorzeige- und Premierenkino. Das Publikum sei deutlich jünger als in der Innenstadt, viele Studenten, auch Migranten, auf jeden Fall Leute, die sich auch auf Neues, Ungewohntes einlassen. Das Programm ist noch eine Spur anspruchsvoller, was dann auf Autorenfilme verweist, wie die von Jim Jarmusch u.a., aber auch auf Spartenfilme wie Tanz- und Musikfilme.

Aber auch Kinder dürfen hoffen, denn bisher ist neben den E-Kinos vor allem das Kino im Deutschen Filmmuseum auf regelmäßige Kinderfilme und Filme für Jugendliche geeicht. Im kinderreichen Sachsenhausen müßte eigentlich ein Kinderprogramm gut laufen. Da müssen wir doch mal im ebenfalls kinderreichen Nordend, d.h. beim Kino Mal Seh‘n nachfragen, wie es dort um Kinderfilme bestellt ist. Die sind uns nämlich noch nicht aufgefallen, wohl aber wie gut es Frankfurt hat, in den verschiedenen Stadtteilen noch Kinos zu haben, in dem man gute Programme bietet, weshalb wir jetzt natürlich unbedingt  Orfeos Erben und auch das Höchster Filmforum anführen müssen.

Nein, diese Kinos machen sich keine Konkurrenz, sondern bestärken sich gegenseitig, daß ein wenig Mühe nötig ist, aus dem zufälligen Kinobesucher einen Filmenthusiasten zu machen. Sicher sind solche Modernisierungen, wie die in der HARMONIE, gut geeignet, ein Stammpublikum zu vermehren. Und wenn die Besucher dann im hinteren Bereich der Bar diesen komischen güldenen Mann mit dem Fernrohr im Regal stehen sehen, dann ist das der leibhaftige Beweis dafür, daß hier Filmkunst verkauft wird. Denn diese Auszeichnung haben HARMONIE und CINEMA wie auch die anderen erwähnten Kinos für ihre kinematographischen Anstrengung auf den jeweiligen Verleihungen des Hessischen Film- und Kinopreises erhalten.

Daß sich der Minister von der guten Verwendung der Finanzspritze aus Wiesbaden selbst ein Bild machen wollte, kann man gut verstehen, denn es handelt sich hier ja um eine eher seltene Mischfinanzierung, wo ein Privater öffentliche Gelder erhält, weil er öffentliche Belange betreibt. Und daß Filme und Kinovorführungen Teil unseres kulturellen Lebens sind, muß man heute keinem mehr buchstabieren, davon sind inzwischen alle überzeugt. Deshalb konnte Minister Rhein abschließend auch zufrieden äußern: „Wenn man die Fotos vor dem Umbau betrachtet und nun die Räumlichkeiten sieht, muß man sagen, die Investitionen haben sich absolut gelohnt. Man sieht, daß die Kinobesucherinnen und – besucher hier sehr gerne herkommen werden.“
Was schon bewiesen ist.

Von der nächsten Premiere berichten wir sicher.

P.S.
Fördergelder gibt es nur, wenn mindestens die Hälfte der Sanierungskosten von den Betreibern selbst aufgebracht werden.
Und wie schwierig das gewesen sein muß, bei laufendem Betrieb über 4 Monate den einen Kinosaal auseinander zu nehmen und neu zusammenzusetzen, vor allem aber den Eingangsbereich für den Abend wieder begehbar zu machen, das wollten wir uns dann lieber nicht vorstellen, auch nicht vertiefen. Manchmal muß man durch Untiefen, um gutes, sicheres Gelände zu erreichen. Das ist nun vorhanden. Also los.

Fotos:
© Alexander Beygang

Info:
Harmonie:
Dreieichstraße 54, 60594 Frankfurt am Main
Telefon: 069 66371836
Cinema:
Roßmarkt 7
Telefon: +49 (0)69 60 60 72 51