Claus Wecker
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Sigmund Freud kennen wir als Begründer der Psychoanalyse, als Autor bedeutender Bücher, dessen therapeutische Arbeit vor allem seinem Erkenntnisgewinn diente. So scheint es uns jedenfalls heute. In Nikolaus Leytners Verfilmung des Romans von Robert Seethaler wird er zum widerwilligen Ratgeber eines jungen Mannes, der sich zum ersten Mal in seinem noch kurzen Leben verliebt hat.
Freud zu einer Art Briefkastenonkel mit Nachfragemöglichkeit zu machen, auf diese reizvolle Idee ist der Österreicher Seethaler gekommen, und er hat es vermieden, sein Buch zu einer platten Parodie verkommen zu lassen. Mit viel Einfühlungsvermögen und leichter Ironie schildert er, wie der 17-jährige Franz Huchel, der 1937 aus dem Salzkammergut nach Wien gekommen ist, dem berühmten Herrn Professor begegnet und sich in seiner Liebesverwirrung an ihn klammert. Seethaler ist eine glänzende Schilderung nicht nur jugendlicher, sondern auch alterskluger männlicher Gemütszustände gelungen.
Aber wie dies alles in den Film »Der Trafikant« hinüberbringen? Viel hängt an der Besetzung: Den »Burschi« Franz verkörpert Simon Morzé, der aus einer österreichischen Schauspielerfamilie stammt und schon mit zwei Romy-Nominierungen hervorgetreten ist, und Professor Freud wird von Bruno Ganz gespielt, dem wir schon in mannigfaltigen Seniorenrollen begegnet sind. Der Schweizer Ganz kann zwar nicht mit dem Wiener Akzent und der Freudsche Physiognomie aufwarten, er besitzt aber die Lebens- und Rollenerfahrung (nicht zuletzt vom jungen deutschen Film), die für sein verständnisvolles Zusammenspiel mit Morzé nötig ist.
Kurz gesagt, beide geben ein großartiges Paar ab. In den weiteren Rollen glänzen die Russin Emma Drogunova als flatterhafte Anezka mit »beehmischem« Akzent und Johannes Krisch als Otto Trsnjek, der Besitzer einer Trafik, womit ein Laden für Tabak- und Schreibwaren sowie Druckerzeugnissen und zugleich ein Treffpunkt im Viertel gemeint ist. Trsnjek hat im Krieg ein Bein verloren, was ihn, den Sozialisten, allerdings nicht vor Anfeindung seines Nazi-Nachbarn schützt. Und so ist denn auch die Stimmung in Österreich zu Zeiten des »Anschlusses« ein Thema, das neben Trsnjek ganz besonders die Familie Freud beschäftigen muss.
Auch visuell erinnern Leytner und sein Kameramann Hermann Dunzendorfer an Vergangenes. Da sind zunächst die schönen Technicolor-Farben der 50er Jahre zu nennen, dann die liebevolle Ausstattung und die Studiobauten in den Münchner Bavaria-Studios mitsamt dem künstlichen Schnee. Dass der Film auf die Sexszenen nicht verzichten mag, die Romancier Seethaler dezent übergeht, ist wohl den vermeintlichen Publikumserwartungen geschuldet. Wichtiger sind die Unterwassersequenzen, die im Buch nur am Rande vorkommen, dem Film aber eine träumerische Note verleihen. Ist Anezka, die sich immer wieder dem unerfahrenen Franz entzieht, nur ein schöner Traum? Und sind die mächtiger werdenden Nazis nur ein Albtraum? Leider nein.
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© Verleih
Aber wie dies alles in den Film »Der Trafikant« hinüberbringen? Viel hängt an der Besetzung: Den »Burschi« Franz verkörpert Simon Morzé, der aus einer österreichischen Schauspielerfamilie stammt und schon mit zwei Romy-Nominierungen hervorgetreten ist, und Professor Freud wird von Bruno Ganz gespielt, dem wir schon in mannigfaltigen Seniorenrollen begegnet sind. Der Schweizer Ganz kann zwar nicht mit dem Wiener Akzent und der Freudsche Physiognomie aufwarten, er besitzt aber die Lebens- und Rollenerfahrung (nicht zuletzt vom jungen deutschen Film), die für sein verständnisvolles Zusammenspiel mit Morzé nötig ist.
Kurz gesagt, beide geben ein großartiges Paar ab. In den weiteren Rollen glänzen die Russin Emma Drogunova als flatterhafte Anezka mit »beehmischem« Akzent und Johannes Krisch als Otto Trsnjek, der Besitzer einer Trafik, womit ein Laden für Tabak- und Schreibwaren sowie Druckerzeugnissen und zugleich ein Treffpunkt im Viertel gemeint ist. Trsnjek hat im Krieg ein Bein verloren, was ihn, den Sozialisten, allerdings nicht vor Anfeindung seines Nazi-Nachbarn schützt. Und so ist denn auch die Stimmung in Österreich zu Zeiten des »Anschlusses« ein Thema, das neben Trsnjek ganz besonders die Familie Freud beschäftigen muss.
Auch visuell erinnern Leytner und sein Kameramann Hermann Dunzendorfer an Vergangenes. Da sind zunächst die schönen Technicolor-Farben der 50er Jahre zu nennen, dann die liebevolle Ausstattung und die Studiobauten in den Münchner Bavaria-Studios mitsamt dem künstlichen Schnee. Dass der Film auf die Sexszenen nicht verzichten mag, die Romancier Seethaler dezent übergeht, ist wohl den vermeintlichen Publikumserwartungen geschuldet. Wichtiger sind die Unterwassersequenzen, die im Buch nur am Rande vorkommen, dem Film aber eine träumerische Note verleihen. Ist Anezka, die sich immer wieder dem unerfahrenen Franz entzieht, nur ein schöner Traum? Und sind die mächtiger werdenden Nazis nur ein Albtraum? Leider nein.
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