Philip Gröning
Berlin (Weltexpresso) - DAS PROJEKT
48 Stunden – ein Ort für 90% der Szenen. Leuchtende, geometrische, ruhige Bilder. Klare und simple Schnittbilder. Eine radikale Herangehensweise an das Geschichtenerzählen. Eine emotionale dichte Geschichte, die den kühlen Reflexionen großer Philosophen gegenübersteht, gefiltert von jungen Köpfen.
DER DREH
Die Außenaufnahmen wurden in Baden-Württemberg, an der Grenze zur Schweiz, gedreht. Das Außenset umfasste 10 Hektar. Während der drei Monate des Drehs durfte sich die Natur nicht verändern. Eine aberwitzige Herausforderung! Und manchmal auch ein aberwitziges Vergnügen: Für einen Film über Zeit die Zeit anzuhalten. Ganze Getreidefelder wurden mit organischer Farbe gefärbt, damit das reife Korn nicht schwarz wurde. Das sommerliche Gelb für die 48 Stunden im Film gleich aussehen zu lassen, war eine enorme Aufgabe. Die Schule, der Feldweg, das Zuhause der Zwillinge, gedreht in Nordrhein-Westfalen, waren dagegen einfach.
EINE BARBARISCHE QUALITÄT
Ich bin ein Albtraum für Casting-Agenten. Ich weiß, was ich will und suche, bis ich es finde. Für „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“ brauchte ich zwei attraktive, dynamische, intelligente, junge Leute. Zivilisiert sollten sie aussehen, und sich dennoch wie Tiere verhalten können. Schauspieler, rücksichtslos und präzise und in der Lage, mit anderen zu interagieren. Ein Zwillingspaar ist eine Energieeinheit. Zwei Schauspieler zu finden, die diese Energieeinheit bilden – das war die Herausforderung.
SPÄTPUBERTÄT
Eine faszinierende Phase, in der alles auseinanderfällt, explodiert und die einzelnen Stücke dann ihren neuen, richtigeren Ort finden. Die Versöhnung von Liebe und Sexualität ist die große Aufgabe der Jugend und des Lebens. Die Pubertät ist das Modell dessen, wie der Rest unseres Lebens sein wird. In der Pubertät wird der ganze Mensch schlagartig sichtbar und das sieht natürlich ungeschickt aus.
GEWALT
Physik: So funktioniert dieser Film. Hoher Druck entsteht durch Begrenzung. Elena und Robert leben in ihrer Zwillingswelt und wir sehen ihnen dabei zu, wie sie gegen diese Begrenzung wüten. Wenn Gas unter Druck seinen Behälter zerstört, dann ist das eine Explosion. Genau das passiert in dem Film. Gewalt schlummert in uns allen. Sie gehört zu uns. Wir wissen nicht, wo sie herkommt und sie kann jederzeit auf unberechenbare Art und Weise hervorbrechen. Aber wenn man es philosophisch betrachtet, dann versuchen die Zwillinge, die Zeit zu stoppen und für immer Kinder zu sein.
WAHRHEIT & ZEIT
Die im Film zitierten Texte stammen großteils von Heidegger, von Augustinus und seinen Gedanken zum Sein und zur Zeit, aus Brentanos Definition zur Intentionalität und aus einer Paraphrasierung von Bergsons Ideen zur Dauer. Heideggers Wahrheitskonzept beruht darauf, dass wir den Zeitpunkt der Wahrheit nicht wählen können. Sie entbirgt sich zum Zeitpunkt ihrer Wahl. Dieser Gedanke findet sich auch im Film: Am Ende des Films zeigt sich die Wahrheit der Zwillinge, aber nicht so, wie sie es wollen, und in ihrer eigenen Zeit. Die Wahrheit hat ihren eigenen Moment.
PHILOSOPHIE
Ich wollte Robert als Figur, die süchtig ist nach dem Denken. Ungeschickt mit anderen, ganz bei sich im Denken. Roberts Gedanken sind so schnell, dass er den Lehrern gar nicht zuhören kann. Elena ist da pragmatischer, sie will einfach die Schule fertig haben. So wie Robert hatte auch ich als Jugendlicher meine eigenen Denkuniversen. Vielleicht hat sie jeder. Die Philiosophie traf mich mit Merleau-Ponty, einem Phänomenologen. Sein Konzept der Wahrnehmung hat meine Arbeit bestimmt. An Philosophie fasziniert mich die tiefe Ruhe und Freude, die sie geben kann.
KINO
Kino ist ein Erlebnisraum, in dem man sowohl eine sehr sinnliche Erfahrung machen, als auch das Gehirn des Zuschauers für dessen eigenes Denken öffnen kann. Der Zuschauer soll an die Stelle kommen, an der Sprache, und vielleicht auch Kino aufhört und etwas anderes beginnt. Die Erzählform selber wird hier der entscheidende Inhalt. „Die große Stille“ und „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“ sind Filme, in denen die Veränderungen, die der Zuschauer durchläuft, die eigentliche Geschichte sind.
Ich bin ein Albtraum für Casting-Agenten. Ich weiß, was ich will und suche, bis ich es finde. Für „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“ brauchte ich zwei attraktive, dynamische, intelligente, junge Leute. Zivilisiert sollten sie aussehen, und sich dennoch wie Tiere verhalten können. Schauspieler, rücksichtslos und präzise und in der Lage, mit anderen zu interagieren. Ein Zwillingspaar ist eine Energieeinheit. Zwei Schauspieler zu finden, die diese Energieeinheit bilden – das war die Herausforderung.
SPÄTPUBERTÄT
Eine faszinierende Phase, in der alles auseinanderfällt, explodiert und die einzelnen Stücke dann ihren neuen, richtigeren Ort finden. Die Versöhnung von Liebe und Sexualität ist die große Aufgabe der Jugend und des Lebens. Die Pubertät ist das Modell dessen, wie der Rest unseres Lebens sein wird. In der Pubertät wird der ganze Mensch schlagartig sichtbar und das sieht natürlich ungeschickt aus.
GEWALT
Physik: So funktioniert dieser Film. Hoher Druck entsteht durch Begrenzung. Elena und Robert leben in ihrer Zwillingswelt und wir sehen ihnen dabei zu, wie sie gegen diese Begrenzung wüten. Wenn Gas unter Druck seinen Behälter zerstört, dann ist das eine Explosion. Genau das passiert in dem Film. Gewalt schlummert in uns allen. Sie gehört zu uns. Wir wissen nicht, wo sie herkommt und sie kann jederzeit auf unberechenbare Art und Weise hervorbrechen. Aber wenn man es philosophisch betrachtet, dann versuchen die Zwillinge, die Zeit zu stoppen und für immer Kinder zu sein.
WAHRHEIT & ZEIT
Die im Film zitierten Texte stammen großteils von Heidegger, von Augustinus und seinen Gedanken zum Sein und zur Zeit, aus Brentanos Definition zur Intentionalität und aus einer Paraphrasierung von Bergsons Ideen zur Dauer. Heideggers Wahrheitskonzept beruht darauf, dass wir den Zeitpunkt der Wahrheit nicht wählen können. Sie entbirgt sich zum Zeitpunkt ihrer Wahl. Dieser Gedanke findet sich auch im Film: Am Ende des Films zeigt sich die Wahrheit der Zwillinge, aber nicht so, wie sie es wollen, und in ihrer eigenen Zeit. Die Wahrheit hat ihren eigenen Moment.
PHILOSOPHIE
Ich wollte Robert als Figur, die süchtig ist nach dem Denken. Ungeschickt mit anderen, ganz bei sich im Denken. Roberts Gedanken sind so schnell, dass er den Lehrern gar nicht zuhören kann. Elena ist da pragmatischer, sie will einfach die Schule fertig haben. So wie Robert hatte auch ich als Jugendlicher meine eigenen Denkuniversen. Vielleicht hat sie jeder. Die Philiosophie traf mich mit Merleau-Ponty, einem Phänomenologen. Sein Konzept der Wahrnehmung hat meine Arbeit bestimmt. An Philosophie fasziniert mich die tiefe Ruhe und Freude, die sie geben kann.
KINO
Kino ist ein Erlebnisraum, in dem man sowohl eine sehr sinnliche Erfahrung machen, als auch das Gehirn des Zuschauers für dessen eigenes Denken öffnen kann. Der Zuschauer soll an die Stelle kommen, an der Sprache, und vielleicht auch Kino aufhört und etwas anderes beginnt. Die Erzählform selber wird hier der entscheidende Inhalt. „Die große Stille“ und „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“ sind Filme, in denen die Veränderungen, die der Zuschauer durchläuft, die eigentliche Geschichte sind.
Foto:
©
Info:
Deutschland, Frankreich, Schweiz 2018 / Spielfilm / 172 Minuten / Regie: Philip Gröning / ab 16 Jahren freigegeben
Darsteller
Julia Zange (Elena)
Josef Mattes (Robert)
Veröffentlichung aus dem Presseheft zum Film
©
Info:
Deutschland, Frankreich, Schweiz 2018 / Spielfilm / 172 Minuten / Regie: Philip Gröning / ab 16 Jahren freigegeben
Darsteller
Julia Zange (Elena)
Josef Mattes (Robert)
Veröffentlichung aus dem Presseheft zum Film