f So viel Zeit Szenenbilder 24.72dpiSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 22. November 2018, Teil 9

N.N.

Berlin (Weltexpresso) - Im Film lassen sich die „Bochums Steine“ für ihr Revival 30 Jahre Zeit – verglichen damit, ging es mit der Produktion von SO VIEL ZEIT rasend schnell... Das Projekt geht zurück auf das Jahr 2012, als Produzent Benjamin Benedict, überzeugt vom großen filmischen Potential des Stoffes, Sebastian Werninger bei UFA Fiction und den Produzenten Hermann Florin auf Frank Goosens Roman „So viel Zeit“ aufmerksam machte, der 2007 erschienen war.

Goosens Geschichte um fünf nicht mehr ganz junge Typen, die noch einmal als Rockmusiker groß rauskommen wollen, hatte für den gebürtiger Bochumer Benjamin Benedict einen zusätzlichen Reiz: Dass die Story klar an einem ganz konkreten Handlungsort verankert war – Bochum.

Schnell sicherten sich die Produzenten die Unterstützung von Stefan Kolditz und Philipp Kadelbach für Stoffentwicklung und Regie. Benedict sagt „Wir haben eine lange Arbeitsbeziehung zu Philipp Kadelbach, und auch mit Stefan Kolditz, der die Ursprungsidee für das Drehbuch hatte“. Sebastian Werninger formuliert es so: „Mit den beiden verbindet uns eine lange Geschichte und einige Erfolge“ – wie etwa Philipp Kadelbachs Mehrteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“ (2013) und sein KZ-Drama „Nackt unter Wölfen“ (2015), das 2016 mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde; zu beiden hatte Kolditz das Drehbuch geschrieben.

Für die Produzenten war es eine ganz bewusste Entscheidung, wie Werninger sagt, Kolditz und Kadelbach auf ein völlig anders gelagertes Filmprojekt anzusetzen: „Wir haben uns gesagt: Versuchen wir mal einen Film aus einem ganz anderen Genre, versuchen wir mal einen erwachsenen Buddy-Film.“ Wichtiger, als eng an der Vorlage zu bleiben, war es für die Beteiligten, dabei den richtigen Ton zu treffen, der das Besondere an der Story von SO VIEL ZEIT ausmacht, wie Hermann Florin sagt: „Das Tolle am Erzählen von Frank Goosen ist seine unglaublich witzige Beiläufigkeit. Und uns ging es darum, das im Film so exakt wie möglich nachzuempfinden.“

Wozu eben auch der Schauplatz gehört. Lange bevor die Filmemacher das Ensemble zusammenstellten, war die erste Rolle schon besetzt, wie Sebastian Werninger sagt: „Bochum und das Ruhrgebiet sind natürlich Hauptdarsteller im Film.“ Benjamin Benedict fasst es so zusammen: „Bochum – das ist nicht nur ein Geburtsort, sondern das ist eine Lebensphilosophie.“


Wir sind schon viele: die Besetzung

Rainer, Konni, Bulle, Thomas und auch Ole – für die ehemaligen „Bochums Steine“ gilt, was Florin sagt: „Die Figuren sind irgendwie in ihrem Leben stehengeblieben und haben sich in ihrem Unglück eingerichtet.“ Das Lebensgefühl, das in dieser psychologischen Schonhaltung eingefangen ist, drückt sich in jeder der Figuren anders aus: als Gefangensein in einer gescheiterten Ehe wie bei Konni, als extreme Beziehungsscheu wie bei Thomas, als Trauer um die verstorbene Frau wie bei Bulle, als Flucht vor dem alten Leben bei Ole – und als Irgendwie-Durchwurschteln bei Rainer. Rainers bisheriges Leben wird allerdings auf brutale Weise auf den Kopf gestellt, als er die Diagnose Hirntumor erhält: für die Figur ist er der Impuls, die Band noch einmal zusammen zu holen, für den Schauspieler die Herausforderung, Tragik und Komik zu vereinen.

Für die zentrale Rolle des Rainer stand lange vor Drehbeginn Jan Josef Liefers als Hauptdarsteller fest. „Ich weiß gar nicht mehr, ob wir überhaupt mal mit jemand anderem überlegt hatten“, sagt Werninger. Jan Josef Liefers hat etwa als leidgeprüfter Vater eines Teenagers in „Das Pubertier“, aber natürlich auch in seiner Stammrolle als Pathologe Prof. Boerne im Münster-„Tatort“ sein Talent für komische Rollen hinreichend unter Beweis gestellt. So war auch die Gewissheit da, dass Liefers bei einem solchen Part die Komik ausschöpfen und die Figur auch mit Tiefgang versehen würde; das Entscheidende für die Filmemacher, den gebürtigen Dresdner zu besetzen. „Die ganzen Leute, die den Hamlet gespielt haben, kommen auch nicht alle aus Dänemark“, sagt Benedict lachend.

Auch Jürgen Vogel (als Ole) und Armin Rohde (als Bulle) kamen früh ins Ensemble. Matthias Bundschuh als Konni und Richy Müller als Thomas waren, wie Werninger sagt, „absolute Wunschkandidaten“ von Philipp Kadelbach – und beide sagten sofort zu. Damit war die Idealbesetzung für „Bochums Steine“ gefunden – auch wenn die Darsteller ihre Instrumente nicht wirklich spielen konnten. Für die Fünf gab es vor Drehbeginn noch ein intensives Training, damit sie glaubhaft Typen verkörpern können, deren Fertigkeiten etwas eingerostet sein mögen, die aber schließlich einst Musiker mit voller Leidenschaft waren. Natürlich ging es in erster Linie darum, erfolgreich zu simulieren – und nicht in Wirklichkeit zu echten Virtuosen zu werden. Wie Sebastian Werninger mit einem Lächeln bemerkt: „Bochums Steine“ unplugged wird es so schnell nicht geben.“

In SO VIEL ZEIT kommen aber auch echte Musiker vor, die für ihren Part im Film ganz bestimmt nicht üben mussten: Klaus Meine und Rudolf Schenker, Sänger und Gitarristen der Scorpions, seit Jahrzehnten die weltweit erfolgreichste Rockband aus Deutschland. Sebastian Werninger erzählt: „Wir haben die Scorpions einfach angefragt, ob sie nicht Lust hätten, uns einen Song zu komponieren und den im Film zu spielen. Wir waren sehr froh, als sie die Idee gut fanden. Wir mussten allerdings unseren Terminplan um ihren Auftritt herum bauen, weil sie nach wie vor einfach unglaublich vielbeschäftigt sind.“

Für Rainer geht es in der Geschichte aber nicht nur darum, nach 30 Jahren wieder auf der Bühne zu stehen, sondern auch darum, seinem Sohn Dani schließlich doch so etwas wie ein richtiger Vater zu sein. Rainers Sohn Dani wird gespielt von Serafin Gilles Mishiev – der Junge, 2006 geboren, übernahm in SO VIEL ZEIT seine erste Filmrolle. So schwierig sich die Suche gestaltete, so glücklich sind die Filmemacher mit dem Ergebnis. „Bis wir den Dani hatten, war es ein langer Casting-Prozess“, erzählt Werninger: „Bei Kindern und Jugendlichen weiß man nie, worauf man sich einlässt. Und dann jemanden wie Serafin zu finden, ist wie ein Sechser im Lotto.“ Auch Regisseur Philipp Kadelbach war von Mishievs Spiel äußerst angetan: „Er ist für sein Alter wahnsinnig reflektiert. Man hat gemerkt, wie er am Set ganz viel in sich aufgesaugt hat. Er hat diesen Schmerz, den Dani empfindet, weil er sich von Rainer betrogen fühlt, wirklich zum Ausdruck gebracht. Das war schon eine tolle Leistung.“

Aber was wären „Bochums Steine“ ohne die Frauen? Aus dem Ensemble stechen drei Frauenrollen ganz besonders hervor: Corinne, gespielt von Alwara Höfels, die den Herumtreiber Thomas gelegentlich aufnimmt, die Clubbesitzerin Steffi (Laura Tonke), der Rainer als einziger Person seine Diagnose anvertraut, und Brigitte, Rainers Ex-Frau (Jeanette Hain), die keine Gelegenheit auslässt, ihm verstehen zu geben, dass sie ihn für einen Nichtsnutz hält. „Die weiblichen Rollen sind für den Film extrem wichtig“, sagt Benjamin Benedict: „Das sieht man dem Film auch an – allein schon dank der echt tollen Besetzung, die wir für die Frauenrollen gefunden haben.“ Dass die Story an manchen entscheidenden Stellen nur dank weiblicher Hilfe vorankommt, „ist schon im Roman angelegt“, wie Benedict erklärt: „Die Frauen sind philosophisch schon ein paar Meter weiter und sind einfach lebensklüger, weil sie ihre Emotionen eben nicht von sich wegschieben.“

Foto:
© Verleih

Info:
„So viel Zeit“ D 2018, 100 Minuten, Filmstart 22. November 2018
Regie Philipp Kadelbach

DIE BESETZUNG

Rainer        Jan Josef Liefers
Ole             Jürgen Vogel
Konni          Matthias Bundschuh
Thomas      Richy Müller
Bulle           Armin Rohde
Oehlke        André M. Hennicke
Corinne       Alwara Höfels
Steffi           Laura Tonke
Brigitte       Jeannette Hain
Scorpions   Scorpions