DIE WUNDERÜBUNG

Neu auf DVD und Blu-ray ab 23. Oktober 2018, Teil 1/2

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Unsere Kollegin von Weltexpresso hatte diesen Beziehungsfilm bei seinem Anlaufen im Sommer sehr positiv besprochen, was auf Widerhall in der Redaktion bei denen stieß, die den Film gesehen hatten. Nun, nach Sichtung der Ende Oktober erschienenen DVD, kann man nur sagen: mit Recht.

Das wird deshalb so herausgehoben, weil das Thema nicht neu ist und am Film allerlei Kritik geübt wurde. Die Geschichte spielt in Wien, in der Praxis eines Gesprächstherapeuten, der sich auf Paarberatung spezialisiert hat. Und diese Geschichte wurde vom Erfolgsautor Daniel Glattauer unter dem gleichen Titel im Deuticke Verlag als Buch und im Thomas Sessler Verlag als Theaterstück veröffentlicht. Nicht nur das, sogar mehr als 70 Mal hat Hauptdarstellerin Aglaia Szyszkowitz die streitfähige und streitwillige Joana Dorek auf der Bühne dargestellt. Daß dies nicht nur einen Vorteil, was den Text angeht, sondern eben auch einen Nachteil darstellen kann, darüber spricht die putzmuntere Schauspielerin im Making-Off innerhalb der Bonusteile nach dem Film und das Theaterhafte war auch einer der Kritikpunkte, nicht an ihr, sondern am Text, der immer wieder wie auf der Theaterbühne gesprochen erscheint.

Ja, mei. Haben Sie, so in einer Paarbeziehung lebend, sich mal selber in Streitfällen zugehört? Da reden Rollenträger, auch wenn man sich so individuell fühlt und ja auch ist. Wenn dann noch eine Anzahl von Beziehungsjahren hinzukommt, dann kennt man die eigenen Worte in bestimmten Situationen aufgrund bestimmter Vorfälle genauso wie die des Partner und derartige Rollenspiele haben – für Dritte – immer etwas Theaterhaftes. Das geschliffene Wortspiel, das man ja seit Ibsen und Strindberg sowieso auf der Bühne kennt und das seit WER HAT ANGST VOR VIRGINIA WOOLF oder SZENEN EINER EHE und all den anderen Paarstreitereien auch im Film zu Hause ist, vermag eben immer wieder neue Facetten und Wortkaskaden hervorzubringen. Das Drehbuch zum Film hat Regisseur Michael Kreihsl in Absprache mit dem Autor aufgrund des Theaterstückes gefertigt.

Und jetzt kommt der wichtige Unterschied, der in dieser Geschichte, in diesem Film, in dieser DVD gegenüber üblichen Streitgeschichten den Clou abgibt: der Paartherapeut Harald. Daß er nur einen Vornamen trägt, paßt dazu, denn er ist ein Niemand, ist nur derjenige, der mit seiner WUNDERÜBUNG etwas bewirkt, was keiner mit Reden hinbekäme. Das Paar in eine neue, eine gemeinsame Ausgangssituation zu versetzen. Sie zu Komplizen zu machen. Dazu gleich mehr.

Stellen wir kurz das schon lange verheiratete Ehepaar mit Kindern vor: Joana ist Historikerin, wofür sie ihr Mann Valentin Dorek, der technischer Angestellter in höherer Position ist, ob ihrer Klugheit und Bildung bewundert, erst recht, wo sie auch die Kindererziehung und das häusliche Wohl verwaltet, was zu abfällig klingt, sie gestaltet es und kann alles drei unter einen Hut bringen. Daß sie der Worte mächtiger ist als er, bemerkt man schnell. Und auch, daß er ob ihrer Wortgeschwindigkeit, ja geradezu Wortflut, mit der sie die Fragen des Therapeuten an ihren Mann schneller beantwortet, als dieser Luft holen kann, daß also er immer nur der Verteidigende ist und auch immer eher als der Versager erscheint, von ihr dazu gemacht.