Bei Frankfurts Filmfestivals laufen mehr Filme als bei der Berlinale
Astrid Biesemeier
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Von Lukas bis Lichter, von lokal bis international: In Frankfurt werden während des Jahres eine Reihe verschiedener Filmfestivals gefeiert. Auch Filmemacher, Schauspieler und Filmproduktionsfirmen entdecken unsere Stadt am Main. „Medien und Film gehört die Zukunft“, meint Lichter-Festivaldirektor Gregor Maria Schubert.
Sie holen Afrika, Kuba, die Türkei oder Japan an den Main oder bringen Frankfurt und die Region auf die Leinwände der Welt. In verschiedenen Formaten und Größen, in deutscher, englischer, türkischer, spanischer, japanischer Sprache mit und ohne Untertitel. Sie gewähren Einblicke in bekannte und fremde Welten in Schwarz-Weiß oder in Farbe, als Dokumentation oder Fiktionen und für jede Altersklasse. Die Rede ist von den zahlreichen Frankfurter Filmfestivals, die in den vergangenen Jahren Erfolgsgeschichte geschrieben haben und dem Publikum immer wieder die Möglichkeit bieten, in Frankfurt Filme zu sehen, die vielleicht keinen Verleih finden und somit nicht über die Leinwände der Welt oder auch nur Deutschlands flimmern.
Nimmt man alle Frankfurter Festivals zusammen, dann schlägt die Anzahl der Streifen immerhin die Anzahl derer, die auf der Berlinale gezeigt werden. Ein weiterer Pluspunkt für Frankfurt: Hier dürfen sich Filmschaffende und –fans gleich mehrmals im Jahr dem schönen Gefühl hingeben, das da heißt: Nach dem Festival ist vor dem Festival. An die 45.000 Zuschauer, so weiß Ralph Förg vom Filmhaus Frankfurt, besuchen inzwischen alljährlich die zahlreichen Festivals. Nimmt man die Filmdrehs – Frankfurt mit seiner Skyline ist da sehr beliebt – Filmemacher, Schauspieler, Filmproduktionsfirmen, Filmmuseum und die vielfältige Kinolandschaft hinzu, dann kann man sagen, dass Frankfurt sich immer mehr zu einer Filmstadt mausert.
Das Lokale: Lichter
Am 19. März startet bereits zum achten Mal das Lichter Filmfestival, das die Plattform für das Kino der Rhein-Main-Region ist. In diesem Jahr ist Regisseur, Autor und Filmproduzent Volker Schlöndorff Schirmherrn des Festivals. Bei Lichter werden bis 24. März in verschiedenen Kinos der Stadt Filme von Frankfurter Filmemachern, in Frankfurt gedrehte Filme oder mit hessischer Unterstützung (co-)produzierte Filme gezeigt. 2008 startete es im Atelier Frankfurt zunächst mit einem improvisierten Kinoraum und etwa 3.300 Besuchern. Doch seitdem hat sich viel getan und ist das Festival stetig größer geworden. 2012 lockte es rund 7.000 Besucher an. Aber auch inhaltlich ist das Festival gewachsen, wie Gregor Schubert, Lichter-Festivaldirektor und Mitbegründer sagt: „Mit der Präsentation einer hochkarätig besetzten, internationalen Filmreihe haben wir den Fokus des Festivals ausgeweitet. Mit Formaten wie dem Lichter Art Award haben wir es geschafft, auch andere Künstler als Filmemacher für das Festival zu begeistern. Lichter hat sich vom reinen Filmfestival zum genreübergreifenden Kulturfestival entwickelt.“
Neben dem umfangreichen Rahmenprogramm zum Festivalschwerpunkt „Stadt“ mit Diskussionen und Debatten, Gästen und Kooperationspartnern freut Schubert sich besonders über eine Neuerung in diesem Jahr: die Premiere von Lichter Streetview. „Mit diesem Projekt bringen wir Bewegtbildprojektionen von bemerkenswerten Medienkünstlern mitten ins Herz der Stadt, auf den Roßmarkt. „Streetview“ spiegelt die digitale Revolution in der Bildproduktion wider, zeigt, dass heute jeder und an jedem Ort mit leichten Mitteln zum Produzenten von bewegten Bildern werden kann.“
Ferner und Naher Osten: Nippon Connection und Türkisches Filmfestival
Das größte der Frankfurter Filmfestival ist Nippon Connection. Inzwischen reisen jährlich um die 16.000 Zuschauer nach Frankfurt, um das größte japanische Filmfestival außerhalb Japans zu sehen. Und zwar aus der ganzen Welt. Nippon Connection - dieses Jahr findet es vom 4. bis 9. Juni statt - möchte nicht nur japanische Filme zeigen, sondern auch den Austausch zwischen Publikum und Filmemachern fördern. So präsentieren beim Festival viele Regisseure, Schauspieler und Produzenten ihre Filme persönlich und beantworten auch Publikumsfragen. Große Resonanz findet auch das Türkische Filmfestival (28. Oktober bis 3. November) – ursprünglich als Türkische Filmtage gestartet, konnte es innerhalb kürzester Zeit immer mehr Fans gewinnen – an die 6.000 Menschen reisen jedes Jahr aus der ganzen Region dafür an, sehen türkische Filme, deutsch-türkische Co-Produktionen und die Stars des türkischen Films. „Der Glamourfaktor ist höher als bei jedem anderen Festival“, sagt Ralph Förg vom Filmhaus. Aber nicht nur dies zeichnet das Türkische Filmfestival, das dieses Jahr zum 13. Mal stattfindet, aus. Es gibt einen regen Austausch zwischen Frankfurt und der Türkei, auf kommunaler und wirtschaftlicher Ebene und auch zwischen Jugendlichen. Der Veranstalter des Filmfests, der Verein Transfer zwischen den Kulturen, mit seinem Festivalleiter Hüseyin Sitki, erhielt im vergangenen Jahr den Integrationspreis der Stadt Frankfurt.
Die Außergewöhnlichen: Africa Alive und Cuba im Film
Ein differenziertes Bild eines Kontinents, der in den Medien oft nur als Kontinent der Kriege, Konflikte, Katastrophen und Krankheiten auftaucht, kann man sich seit 1995 bei Africa Alive machen. Das Festival rückt jedes Jahr Ende Januar die gesellschaftliche, politische und künstlerische Entwicklung des Kontinents in den Fokus. Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme aus Kuba sind jedes Jahr bei Cuba im Film zu sehen. Viele der gezeigten Streifen sind Europa- oder Deutschlandpremieren, man kann sie vom 23. Mai bis 2. Juni ansehen.
Für die Jungen: Lukas und Visionale
Und auch für die jungen Filmfans gibt es Festivals. Das „dienstälteste“ der Frankfurter Festivals ist gleichzeitig das bundesweit traditionsreichste Kinderfilmfestival: Lucas vom 22. bis 29. September. Zum 36. Mal werden in diesem Jahr anspruchsvolle Filme für Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren gezeigt. Und das für den Filmnachwuchs vermutlich wichtigste Festival, die Visionale, ist seit einem viertel Jahrhundert in Frankfurt zuhause. Die Visionale ist ein hessisches Jugend- und Medienfestival und läuft vom 29. November bis 1. Dezember. Hier lernen die jungen Filmemacher ihre Filme zu präsentieren und Kontakte in die Profiszene, Film- und Werbebranche zu knüpfen. Förg weiß: „Jedes Jahr werden es mehr Filme. Durch die Möglichkeiten der Digitaltechnik werden die Filme auch immer hochwertiger.“
Medien und Film gehört die Zukunft
Doch nicht nur die Festivals zeigen, welche Rolle der Film in Frankfurt spielt, denn so Förg vom Filmhaus: „Die Wirtschaftsförderung präsentiert beispielsweise eine neue Webseite für den Film, unterstützt Dreharbeiten. Das Service-Center des Ordnungsamtes macht seinem Namen Ehre und das Presse- und Informationsamt steht Filmproduktionen zur Seite und organisiert während der Festivals Touren und Treffen für auswärtige Künstler und Produzenten, um Kooperationen auf den Weg zu bringen.“ Und noch bevor es zum sechsten Mal Klappe die erste für das Lichter Filmfest heißt, ist sich auch Schubert sicher: „Frankfurt ist definitiv eine Filmstadt – das müssen wir nur noch bekannter machen. Hier leben viele junge Regisseure, hier entstehen spannende Filme, hier werden wichtige Filme produziert. Und Frankfurt hat eine lebendige Szene – mit Kinos wie dem Mal Seh'n oder Institutionen wie dem Filmhaus.“ Dennoch hat er einen Wunsch: „Es müssen mehr Anreize geschaffen werden, damit Filmemacher auch hier bleiben und gefördert werden. Medien und Film gehört die Zukunft, sie werden immer wichtiger: Dessen sollte sich die Region bewusst sein.“