Bildschirmfoto 2019 01 03 um 13.49.53Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 3. Januar 2019, Teil 3


London (Weltexpresso) – COLETTE erzählt die Geschichte einer in ihrem Kern ausbeuterischen Ehe. Wie in jeder Beziehung jedoch ist es im Grunde eine wesentlich vielschichtigere Angelegenheit. „Man musste die Komplexität ihrer Beziehung verstehen, um daraus einen richtigen Film zu machen“, sagt Westmoreland. „Ihre Ehe deckte das komplette Spektrum ab: Liebe, Hass, Zärtlichkeit, Perversität, Mentorenschaft und massive Ausbeutung. Der Großteil davon spielte sich vor den Augen der Öffentlichkeit ab. Colette und Willy glichen in vielerlei Hinsicht modernen Celebrity-Paaren.“

„Sie waren aus kreativer Sicht sehr voneinander abhängig“, erzählt Karlsen. „Und beide haben viel Kapital aus der Gegenwart des anderen geschlagen. Eine achtzehnjährige Colette, die sich mit einem deutlich älteren Mann einlässt und aus dieser Beziehung als junge, erfolgreiche Frau hervorgeht, die für ihre Unabhängigkeit kämpft, las sich wie eine sehr dramatische Geschichte.“ Obwohl er die schriftstellerischen Qualitäten Colettes vermissen ließ, war Willy ein höchst innovativer Vermarkter. Er sah das enorme kommerzielle Potential der „Claudine“-Storys und entwickelte sie zu einer Marke mit einem Angebot an Merchandise, inklusive Parfum, Make-up und Seifen, durch die Claudine, wie Colette im Film scherzhaft bemerkt, „buchstäblich in jedem Haushalt zu finden ist“.

„Er gehörte damals zur A-Prominenz“, so Dominic West. „Er war ein Impresario. Er schuf eine Marke – daher die ganzen kleinen Statuetten in seinem Arbeitszimmer – und er hatte eine wichtige Rolle im Paris der Jahrhundertwende, dem kulturellen Zentrum der Welt.“ Er war es, der Colette dazu überredete, Details und Ereignisse aus ihrem eigenen Leben in den „Claudine“-Büchern zu verwenden – inklusive der Tatsache, dass beide eine Affäre mit derselben Frau hatten. Er wusste Skandale auszuschlachten und verstand es, Publicity zu seinem Vorteil zu manipulieren.

„Willy war Malcolm McLaren sehr ähnlich“, so Westmoreland. „Je größer und haarsträubender die Geschichten,desto mehr würden sie gemäß seiner Vorstellungen von der Öffentlichkeit verschlungen werden. Und eine ganze Weile lang war das kommerziell betrachtet äußerst erfolgreich. Die Menschen waren fasziniert.

Colette und Willy lebten „am Anbeginn der Moderne“, so Koffler. „Er hatte das eindeutig erkannt und wollte daraus unbedingt Kapital schlagen. Und das hat seinen Preis: jemand wird ausgebeutet werden.“ Willy ist, wie West betont, „der Bösewicht des Films. In vielerlei Hinsicht ist er ein Blutsauger und chauvinistischer Manipulator, gleichzeitig aber auch unglaublich sympathisch und äußerst angenehme Gesellschaft. Diese Aspekte an einem Schurken herauszuarbeiten, ist eine große Herausforderung.“

Keira Knightley sah ihn jedoch nicht als Bösewicht. „Ich sehe Willy nicht als Schurken“, erklärt sie. „Ich glaube, man darf ihn nicht hassen, damit man versteht, wieso sie so lange bei ihm bleibt. Ich kenne sehr viele Leute wie ihn. Sie können sich so abscheulich verhalten, wie sie wollen, und doch dank ihres Charmes oder ihres Humors damit davonkommen – zumindest für eine Weile.“

Im Film selbst geht es aber weniger um einen Kampf der Geschlechter, sondern vielmehr – wie Karlsen es ausdrückt - „um eine Frau, die sich weder bremsen noch unterdrücken lässt, und die von patriarchalischen Strukturen nicht aufgehalten werden kann.“ „Einige grundlegende Entscheidungen in ihrem Leben waren von beeindruckender Radikalität“, so Westmoreland. „Sie nutzte die Bühne, um sich Gehör zu verschaffen. Sie offenbarte ihre linke Brust während des Theaterstücks ‚Flesh‘, zu einer Zeit, als Frauen noch darüber diskutierten, ob ein sichtbarer Knöchel nicht zu viel des Guten sei. Colette hatte keinerlei Scheu.“

Foto:
© Verleih

Info:
Colette (Großbritannien, USA, Ungarn 2018)
Filmlänge: 112 Minuten
Regie: Wash Westmoreland
Drehbuch: Richard Glatzer, Wash Westmoreland, Rebecca Lenkiewicz
Darsteller: Keira Knightley, Dominic West, Denise Gough, Fiona Shaw, Eleanor Tomlinson, Robert Pugh, Ray Panthaki u.a.

Auszug aus dem Presseheft