Serie: Das 9. Fernsehkrimi-Festival Wiesbaden vom 6. bis 9. März 2013, Teil 1/3

 

Romana Reich und Elisabeth Römer

 

Wiesbaden (Weltexpresso) – Das muß man sich auf der Zunge zergehen lassen: Krimi und Fernsehen. Während schon die einen schimpfen, es gäbe auf allen Sendern nur noch Krimis zu sehen, sind die anderen noch damit beschäftigt, den echten Kriminalroman, also den zwischen den Buchdeckeln zum Lesen, als alleinseligmachenden Krimi zu propagieren.

 

Was unterscheidet nun nicht nur das Buch von der Verfilmung, sondern dann speziell den Fernsehkrimi von anderen? Das Drehbuch, fällt als erstes ein, denn, daß bekannte Kriminalromane verfilmt werden, das hat es immer gegeben, die Serie Noir als Krimi oder Film, die zuerst beeinflußt war vom deutschen Expressionismus und dann der US-amerikanischen Krimikultur, Titel wie DIE SPUR DES FALKEN, heute DER MALTESER FALKE von John Huston 1941, IM SCHATTEN DES ZWEIFELS von Alfred Hitchcock, FRAU OHNE GEWISSEN von Billy Wilder, TOTE SCHLAFEN FEST von Howard Hawks, DIE LADY VON SHANGHAI von Orson Welles...

 

In den Fünfzigern waren dann beeindruckende Kriminalfilme DER FREMDE IM ZUG von Hitchcock, DIE NACHT DES JÄGERS von Charles Laughton, DER TIGER VON NEW YORK von Stanley Kubrick, DIE BESTIE VON Fritz Lang, der auch JENSEITS ALLEN ZWEIFELS drehte. Aber auch in Deutschland tat sich was. ES GESCHAH AM HELLICHTEN TAG nach dem Roman von Fritz Dürrenmatt, unvergessen mit Gerd Froebe, brachte einen neuen Ton ins Genre, der sehr viel lauter dann von den Verfilmungen der Edgar Wallace Krimis von 1959-1972 abgelöst wurde, übrigens mit sehr vielen Epigonen bis heute, wobei man zwischen ernstgemeint und Parodie nicht immer unterscheiden kann.

 

Da sind Titel in Erinnerung wie DIE TOTEN AUGEN VON LONDON, DER HEXER, das GASTHAUS AN DER THEMSE oder DER FROSCH MIT DER MASKE. Von damals sind die Schauspieler Joachim Fuchsberger, Elisabeth Flickenschildt, Siegfried Lowitz, Karin Baal, und da war auch noch der Bösewicht Fritz Rasp und auch Eddie Arent, Gisela Uhlen, Pinkas Braun, Heinz Drache, Harald Leipnitz, die sich allesamt in das kulturelle Gedächtnis der Krimis auf Leinwand und Fernsehen gespielt haben. Nun müßte für sich der TATORT kommen, wobei vorgeschaltet werden müßte STAHLNETZ, was zehn Jahre lang von 1958 bis 68 etwa in 22 Folgen von Jürgen Roland gedreht wurde, wobei für die Drehbücher Wolfgang Menge zeichnete. Die Fortsetzung sollte PSI sein, war aber nicht so erfolgreich, weshalb in der Person des Schauspielers Axel Milberg sein Hauptkommissar Borowski von Hannover nach Kiel versetzt, zum Tatortkommissar wurde.

 

Aber dieses Faß machen wir jetzt nicht so richtig auf. Der TATORT ist auch relativ bekannter als andere Kriminalfilme oder Fernsehkrimis. Denn anders als die unterbelichteten deutschen Kriminalfilme – welche überhaupt heutzutage? - stellen die Fernsehkrimis längst eine Institution dar. Diese heißt eben in Deutschland TATORT mit festem Sendeplatz am Sonntagabend und Wiederholungen durch alle Ländersender quer über die Woche. Sie glauben gar nicht, für wie viele sehr bekannte Deutsche dieser Sonntagabend dem Fernsehkrimi reserviert ist. Das sind oft Leute, die sonst gar nicht fernsehen. Aber der Sonntagabend muß sein. Es sei die Mischung, wird berichtet, aus bekannten Gesichtern der unterschiedlichen Kommissare der einzelnen Sender mit den neuen Fällen, die immer wieder auch aktuelle und regionale Kriminalität aufgreifen , die diese Krimifernsehspiele so interessant machten.

 

Da nun teilen sich erneut die Geister. Während die einen, hier die Traditionalisten, gerade den persönlichen Aspekt so wichtig finden, also, daß man die Kommissare - denn von Anfang an, waren es ein Team mit Mitarbeitern im Kommissariat – kennt und über die Jahre so gut kennt, wie ein Familienmitglied, geht dieses Getue und Gemauschel den anderen geradezu auf die Nerven. Die wollen keine Beziehungskisten, weder sollen die privaten Verhältnisse zu sehr ausgeweitet sein, aber auch nicht das leicht oder schwer konkurrente Verhalten der Kommissare ständig im Mittelpunkt stehen. Denen geht es um die Fälle, die dem Leben entnommen werden soll. Das aber geht dann wiederum anderen zu weit, denn die Verbrechen, von denen man täglich in der Zeitung liest, die will man dann nicht auch noch am Sonntagabend im Fernsehen sehen. Beispielhaft konnte man das an dem TATORT aus Hannover sehen, der als erster zweiteilig war, also über zwei Sonntage gezeigt wurde, und wo das gesellschaftliche Zusammenspiel von Politik, deutschen Wirtschaftsbossen und anderen Großkopferten, Sexgeschäften mit Minderjährigen aus Osteuropa und sonstigen Verbrechern so offen gezeigt wurde, daß aus dem Film tatsächlich eine kurze Diskussion entstand.

 

Schauen wir noch einmal nach dem Film. Da gab es in Hollywood in Abständen Verfilmungen und gerade jüngst hat Tom Cruise THE REACHER gespielt, nach einem Roman von Lee Child, dem weitere folgen sollen, wo nicht der im bürgerlichen Leben stehende Kommissar Leitfigur ist, sondern der einsame Wolf und Rächer der Enterbten, eine wunderbare Rolle, die Lee Child immer gnadenloser in Jack Reacher charakterisiert. Das könnten noch viele Filme werden. Das beste Beispiel jedoch bleibt James Bond. Denn die Bondfilme zeigen,, wie aus einer Erfindung des Agenten 007 im ersten Bondroman von Ian Flemming CASINO ROYAL– der erst im Jahr 2006 verfilmt wurde – die weiteren Verfilmung der Romane zu einer eigenständige Filmfigur werden kann, die je nach Darsteller dann wiederum eine völlig unterschiedliche Persönlichkeit erhalten: zynisch, dumm-trottelig, charmant, totgefährlich oder wie es Ihnen gefällt. Jetzt aber wird es Zeit für das Fernsehkrimi-Festival vom 6. bis 9. März in Wiesbaden.

 

www.fernsehkrimifestival.de