f mekasclausNach bewegtem Leben starb der Ehrenpreisträger „B3 – Biennale des bewegten Bildes“ 2017 mit 96 Jahren

Claus Wecker

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Jonas Mekas war eine Ikone des unabhängigen amerikanischen Films. Am 24. Dezember 1922 in Litauen geboren und im Zweiten Weltkrieg vor der Roten Armee geflohen, in Deutschland als „displaced person“ interniert, für wenige Jahre Philosophie-Student an der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität – ihm war ein bewegtes Leben beschieden, bis er 1949 nach New York kam, und es ist wohl als ein kleines Wunder anzusehen, dass er diese Zeit überlebt hat.

New York war sein Schicksal, und der Film. Freilich nicht als ein Medium, mit dem möglichst effektiv Geschichten erzählt werden sollen. Hollywoods Art des Filmemachens war seine Sache nicht.

Film war für ihn zunächst einmal das Material, war Zelluloid, etwas, womit die Realität abgebildet werden konnte, das aber den poetischen Blick verlangte, um eine neue Welt zu erschaffen. So führte er mit seiner 16mm-Kamera ein Tagebuch, das er mit litauisch akzentuiertem Englisch sehr persönlich kommentierte. Aus seinem Leben machte er so filmische Poesie, und deshalb haben ihn die Experimentalfilmer, die nach neuen Wegen des filmischen Ausdrucks suchten, als ihren geistigen Vater verehrt.

Gefördert hat er sie als Gründer der Zeitschrift »Film Culture“ (mit seinem Bruder Adolfas), als Kritiker der Zeitschrift »Village Voice« und als Archivar. Auf die Stadt New York, die für jeden Film faszinierende Bilder bereithält, warf er einen unverwechselbaren Blick. Dass er dabei unter anderem eine Szene festhielt, die man durchaus kritisch sehen kann, tut seiner Bedeutung keinen Abbruch.

Im Dezember 2017, als er in Frankfurt am Main den Ehrenpreis der „B3 – Biennale des bewegten Bildes“ bekam, habe ich ihn darauf angesprochen, dass doch der dekadente New Yorker Kunstbetrieb um Andy Warhol im Kontrast zu der humanistischen Einstellung in seinen Filmen stehe. Er hat mich freundlich angeschaut und mit dem Kopf geschüttelt. Der persönliche Kontakt war ihm wichtig, auch mit dem etwas provokativen Fragesteller. Er war ein freundlicher Großvater geworden.

Wie ein Heiliger hat Jonas Mekas nicht nur durch den Zweiten Weltkrieg, sondern auch den New Yorker Drogensumpf überlebt. Am 23. Januar 2019 ist er in New York City gestorben.

Foto:
Der Verfasser mit Jonas Mekas auf seiner Ehrung im Frankfurter Schauspielhaus im Dezember 2017
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