Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 14. März 2013, Teil 1
Romana Reich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Filme sind manchmal Büchern nachempfunden, nehmen dann aber einen anderen Weg. Das gilt heute für HITCHCOCK, der wie eine richtige Biographie zu einem bestimmten Zeitpunkt wirkt, in Wahrheit jedoch auf einem Buch beruht, daß die Vorgänge um seinen Film PSYCHO beschreibt und analysiert.
HITCHCOCK
„Alfred Hitchcock and the making of Psycho“ heißt das entsprechende Buch von Stephen Rebello, auf dem dieser Film 'basiert'. Anders nämlich als in dem Buch, wo Hitchcocks Frau Alma Reville nur zweimal erwähnt wurde, ist dieser Film – und zwar zu seinem Vorteil – fast noch stärker ein Film über Hitchcocks starke Frau, deren Stärke vor allem darin besteht, diese Stärke nicht merken zu lassen, dem Meister aber überall die Steine aus dem Weg zu räumen, ihn zu inspirieren, ihm ein feudalen Heim zu bieten, dabei aber nicht das Heimchen am Herd zu mimen, über seine feuchten Blicken seinen blonden Schauspielrinnen gegenüber hinwegzusehen – vor allem aber Drehbücher zu schreiben, die zeigen, was sie vom Film versteht, was in diesem biographischen Spielfilm an den Gesprächen zwischen den Eheleuten erkennbar wird.
Helen Mirren ist großartig, wie sie die Alma spielt, am 14. August 1899 genau einen Tag, und damit den richtigen Abstand wahrend, nach Alfred Hitchcock in Mittelengland geboren und seit Anfang der Zwanzigerjahre mit dem aufstrebenden Regisseur aus London bekannt. Sie wurde seine Regieassistentin und 1926 seine Ehefrau. Er starb 1980, sie zwei Jahre später. Aber was sind Zahlen und Jahre, wenn sie so im Auge des Taifuns verbracht werden, wie Alma dies tut – und immer eine gute Figur dabei macht.
Er galt als ausgebrannt und hatte selbst keine richtigen Ideen, als Hitchcock das Drehbuch zu PSYCHO in die Hände geriet und von der Geschichte fasziniert war. Seine Filmgesellschaft Paramount aber nicht, die sich glatt weigerten, diesen Film zu finanzieren. Das erleben wir im Film, in dem der Meister und seine Frau in einem so schönen und geschönten Hollywoodanwesen mit Schwimmbad und Rosengarten sowie Zimmerfluchten leben, daß man ob des feudalen Lebensstiles schon dreimal schlucken muß. Das mußten auch die beiden, denn, nachdem Hitchcock sich entschlossen hatte, auf Teufel komm raus, diesen Film drehen zu wollen, auf Rat von Alma noch dazu in Schwarz-Weiß, und kein Finanzier da war, wollte er das Haus verpfänden, um an Geld für diesen Film zu kommen.
Es kam ganz anders. PSYCHO war für ihn der Anlaß Multimillionär zu werden, da ihm aufgrund der Finanzierungssituation 60 Prozent der Einnahmen zustanden. Die Produktion aber kostete nur 800 000 Dollar für 30 Drehtage, spielte aber zweieinhalbmal soviel ein wie der zuvor erfolgreichste DER UNSICHTBARE DRITTE. Seine reichen Erben sind auch heute noch pingelig mit ihren Rechten an Psycho und in diesem Film dürfen keine oder nur sekundenweise Originalaufnahmen zu sehen sein. Da sich die Dramaturgie aber gerade um die Entstehung des Filmes rankt, wird also nachgespielt, natürlich die Duschszene, weil diese, die zum Markenzeichen des Films wurde, erst einmal in den USA verboten war und verboten blieb, was das Aus für den Film bedeutet hätte. Schon spannend, wenn Alma im Film die Hinweise gibt, wie durch Schnitte – und eben Schwarz-Weiß, weil das rote Blut fehlt – das Skandalöse verharmlost werden soll.
Aber das ist nur die eine Geschichte, die andere ist eben die des Ehepaares, das durch Dick und Dünn geht, wobei auch Alma einen Verehrer, der ihr Herz und ihren Verstand rührt, zur Seite bekommt, der sich aber dann doch als einer entpuppt, der sie nur beruflich ausnutzen will. Alfred hätte also gar nicht eifersüchtig werden müssen, was er aber war und was Alma wohl tut. Denn sonst ist sie es, die mit den Sehnsüchten ihres Gatten nach seinen blonden Stars – und mehr? - leben muß und leben kann.Scarlett Johansson bringt als Janet Leigh, die Hauptdarstellerin in Psycho, eine sehr warmherzige Darstellung, bleibt aber immer sie selber.
Schwierig über Anthony Hopkins als Hitchcock etwas zu sagen. Die Dialoge sind köstlich, so, wie wir sie auch für ihn erfinden täten, aber seine füllige Gestalt und sein meist zur Seite geneigtes Gesicht sind irgendwie nicht Hitchcock. Er ist in etwa so ausgestopft, wie der Film mit Kulissen, Kostümen und Ausstattung vollgestopft ist. Es gibt durchaus eine humorvolle, ja humoristische Ebene in diesem Film, dessen Regisseur Sacha Gervasi ist, aber es gibt keine Zwielichtigkeit, es fehlt das Unheimliche, das zu Hinterfragende, was die Filme von Hitchcock auszeichnet. Genau. Der Film ist brav und nett. Und ein Zeitbild über Land und Leute und Filmgeschäft.
Fortsetzung folgt.