Jacqueline Schwarz
Berlin (Weltexpresso) - Berlin ist arm, aber sexy, heißt es. Zunehmend stärker merkt man das auch der Berlinale an. Postfächer für akkreditierte Journalisten und gedruckte Kataloge gibt es schon seit Jahren nicht mehr. Das lässt sich noch verschmerzen. Dass mittlerweile allerdings auch sämtliches Material, also Übersichten der Pressevorführungen, -konferenzen sowie Pressehefte nur noch online abgerufen werden können, lässt doch einigen Unmut aufkommen.
Auswärtige, die keinen Drucker bei sich haben, müssen sich dann die Termine abschreiben oder jedes Mal eigens auf der Webseite der Berlinale abrufen. Ein paar wenige Druckexemplare des Presse Guides konnte ich inzwischen zwar im Berlinale-Palast im Kassenbereich sichten, aber davon gibt es scheinbar nur wenige Exemplare, und kommuniziert wurde das auch nicht. Früher war die allgemeine Programmübersicht für alle besser, da standen in den Broschüren mit den Publikums-Screenings auch die Pressevorführungen, warum das schon seit letztem Jahr nicht mehr so ist, lässt sich nicht nachvollziehen.
Besonders ärgerlich stimmt es, dass es erstmals keine Lounges mehr gibt, in denen man sich zwischen Screenings, Empfängen und Interviews aufhalten kann. Eine für alle gab es zwar noch nie, aber mit ein bisschen Glück haben Sponsoren Journalisten auf Nachfrage Zutritt gewährt. Ein besonders nützlicher Treffpunkt war die Golden Bear Lounge im Festivalhotel Hyatt, die lange Zeit von BMW, dann von Tresiro und zuletzt von der Glashütte gesponsert wurde. In diesem Jahr, so hieß es, hätten sich die „Nutzungsbedingungen“ verändert, die Lounge sei nur noch offen für Filmteams und Interviews. Somit gibt es gar keine Lounge mehr, was auch deshalb viele Kollegen sauer macht, weil sie sich nun in den Zeiten zwischen Terminen bei Nässe oder Kälte auf der Straße oder in Geschäften herumlungern muss, weil es nirgends mehr einen gemütlichen kostenfreien Aufenthaltsort gibt.
Bei alledem hat es den Anschein, dass in der Lounge im Festivalhotel Hyatt gar keine Interviews geführt werden, wann immer man da vorbeischaut, ist niemand drin. Der wahre Grund für die Aufgabe der Lounge scheint mithin ein fehlender Sponsor zu sein, der für das Catering aufkommt.
Und ein Sponsor für das Wasser fehlt auch! In den vergangenen Jahren gab es zumindest immer noch Kühlschränke mit Wasserflaschen im Pressebereich. Jetzt gibt es hier und da nur noch Wasserspender, die es aber erfordern, dass man einen persönlichen Becher bei sich führt. Dafür wird man dann im CinemaxX ordentlich abgezockt: 4 Euro kostet da ein kleines Fläschchen Mineralwasser!
Dass bei alledem noch ausgerechnet der mit großer Spannung erwartete jüngste Film des chinesischen Altmeisters Zhang Yimou vor wenigen Tagen aus „technischen Gründen“ abgesagt wurde (hinter vor gehaltener Hand kursiert die Info, dass wohl die chinesische Zensur den Film geblockt hat), ist noch ein weiteres Desaster am Rande. Eigentlich ist das Festival mit nur 16 Wettbewerbsbeiträgen und viel zu vielen Produktionen außer Konkurrenz schon am Donnerstag zu Ende. Viele fragen sich, was sie am Freitag überhaupt noch in Berlin sollen, zumal auch noch die BVG und damit der Berliner Nahverkehr streikt.
Ob es unter dem neuen Festivalleiter Carlo Chatrian besser werden kann? Immerhin hat er zuletzt in der Schweiz das Festival in Locarno geleitet. Vielleicht kann er ja ein reiches Schweizer Unternehmen als Sponsoren gewinnen, wie wäre es zum Beispiel mit Rolex.....
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