Bildschirmfoto 2019 02 16 um 11.37.23Berlinale-Impressionen III

Jacqueline Schwarz

Berlin (Weltexpresso) - Stars bringen großen Festivals den nötigen Glamour. Auf der Berlinale kommt dieser Faktor mitunter etwas zu kurz, schon allein, weil kurz vor der Oscarverleihung aus Hollywood nur wenige kommen. 2020 beginnt die Berlinale deshalb auch erst am 20. Februar.

Diesmal präsentierten sich auf dem Roten Teppich mit Catherine Deneuve und Charlotte Rampling zwei Diven einer Generation, die sich in ihrer Unterschiedlichkeit deutlicher wahrnehmen ließen als je zuvor: Schon in früheren Jahrzehnten von Regie-Legenden wie Luis Buñuel, Roman Polanski, Francois Truffaut oder Lars von Trier vor allem ihres Typs und ihrer schönen Erscheinung wegen besetzt, reicht Deneuve als Schauspielerin bei weitem nicht an Charlotte Rampling heran. Das ließ sich in André Téchinés jüngstem Werk „L’adieu à la nuit“ kaum übersehen, verfügt sie doch in der Geschichte um eine Pferdezüchterin, die damit fertig werden muss, dass ihr Enkel sich Dschihadisten anschließt, nicht um das nuancierte Ausdrucksspektrum seitens Blicken und Gesten, das nötig wäre, um ihre anfangs so stoische Haltung und falsche Toleranz zu begreifen und erst recht nicht den plötzlichen, fast unmotivierten Wandel in die absolute Kraftlosigkeit.

Die von der Berlinale mit einem Goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk und einer Hommage gewidmete Charlotte Rampling ist da ein ganz anderes Kaliber, verfügt sie doch über jenen rätselhaften durchdringenden Blick, der als „The Look“ berühmt werden sollte. Der auf der Berlinale-Gala gezeigte „Nachtportier“ von Liliana Cavani, in dem sie eine KZ-Überlebende verkörpert, die nach dem Krieg auf ihren ehemaligen Peiniger trifft und mit ihm eine sadomasochistische Beziehung eingeht, ist einfach Wahnsinn!

Die ungleichen künstlerischen Leistungen spiegelten sich allerdings auch im Äußeren und im Auftreten wider: Deneuves Gesicht sieht man kleinere kosmetische chirurgische Eingriffe an. Rampling hat solche Eitelkeiten nicht nötig, im Gegenteil, an ihre schweren Augenlider lässt sie niemanden ran. Sie steht zu ihrem Alter und will authentisch bleiben, und das, obwohl auch sie eine Schönheit war und immer noch ist, und ihre Karriere als Fotomodell begann. So etwas nenne ich souverän!

Zu guter Letzt wirkte Deneuve auf der Pressekonferenz etwas reserviert, allürenhaft und einsilbig. Auf die Frage, was denn für sie in ihrer Rolle aus der radikalen Entscheidung ihres Filmenkels resultiert, sagt sie nur, sie müsse halt von dem Jungen noch mehr erfahren und lernen. Keine ergiebige Aussage, nachdem sie sich zuvor mit einem etwas uncharmanten Statement gegen den Rechtspopulismus bei der Presse einschmeichelte mit dem Aufruf an einen polnischen Journalisten, sein Land solle eine andere Regierung wählen.

Solche politisch korrekten Anbiederungen hat Charlotte Rampling nicht nötig, sie sagt bei ihrem Auftritt im Berliner HAU1 mitunter auch Dinge, die andere nicht hören wollen, wenn sie etwa bekennt, die MeToo-Bewegung sei für sie kein Thema. Vor allem aber gab sie kluge, selbst reflektierte Einblicke in ihr künstlerisches Wirken, mal ernst im Nachdenken über eine Rolle, mal erfrischend humorvoll, wenn die Sprache auf Woody Allen kommt, der sie beim ersten Kennenlernen in Anwesenheit seiner Freundin fragte, ob sie seine „ideale Frau“ sein wolle. Und obwohl das überwiegend junge Publikum überwiegend belanglose, einfältige Fragen an sie richtet, gibt sie sich sehr geduldig und geht auf alles liebenswert ein, hört interessiert zu, das macht sie sehr sympathisch. Nicht zuletzt, weil sie, die auf der Leinwand so Unnahbare, privat so teilnahmsvoll rüber kommt. Und anders als Catherine Deneuve, die nach der Pressekonferenz bei ihrem divenhaften Abgang dem um sie versammelten Klüngel gerade einmal zwei Autogramme gibt, verlässt bei Charlotte Rampling keiner ohne eines das Theater.

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Auf der Pressekonferenz zum Preis
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