f asche pistoleSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. Februar 2019, Teil 11

Corinne Elsesser 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Zhang-ke Jia gehört als Filmemacher zur sogenannten sechsten Generation von Absolventen der Pekinger Filmakademie. Wie seine Kollegen Wang Xiaoshuai - der auf der diesjährigen Berlinale mit seinem Familienepos "So long, my son" überzeugte - oder Ye Lou behält auch er in seinen Erzählungen immer die rasanten gesellschaftlichen Veränderungen im Blick, die China zurzeit durchläuft.

In seinem neuen Spielfilm "Asche ist reines Weiss" erzählt Zhang-ke Jia die Liebesgeschichte zwischen der Arbeitertochter Qiao (Zhao Tao) und dem Gangsterboss Guo Bin (Liao Fan) vor dem Hintergrund realgesellschaftlicher Verhältnisse.

Von dem mächtigen Unterweltboss Guo Bin lernt Qiao, sich in dem von Triaden kontrollierten Milieu zu behaupten, während ihr Vater, ein Minenarbeiter, die Abwicklung des Bergbaus in der Region nicht wahrhaben will und unermüdlich für die Rechte der Arbeiter kämpft.

In drei Episoden überspannt die Geschichte einen Zeitraum von 18 Jahren, in dem sich nicht nur die Charaktere, sondern auch das Land sehr verändert hat. Im Jahr 2001 herrscht in der Industriestadt Datong in der Provinz Shanxi nur noch Niedergang und Verfall. Auf einem Spaziergang mit Guo Bin sagt Qiao einmal, dass Reinheit doch am klarsten in der Asche eines Vulkans zu finden sei. Angesichts der hohen Temperaturen müsste diese von reinstem Weiss sein. So gesteht sie ihm ihre Liebe und Guo Bin vertraut ihr sein Geheimnis an, eine Pistole, die ihm Macht verleiht, gerade weil Waffenbesitz in China streng verboten ist. Nur wenige Tage später wird Qiao ihm damit bei einem Überfall das Leben retten. Sie geht sogar für ihn ins Gefängnis ohne ihn je zu verraten. Pointiert zeigt Zhang-ke Jia den Gefängnisalltag als letzte Bastion kommunistischen Drills, der sich nicht nur in der morgendlichen Gymnastik auf dem verschneiten Innenhof zeigt, sondern auch in dem alles durchdringenden Befehlston.

Fünf Jahre später kommt Qiao frei und macht sich auf die Suche nach Guo Bin, der inzwischen in Fengkie in einer grossen Immobilienfirma tätig ist. Völlig mittellos spricht sie dort vor und muss erfahren, dass er mit einer anderen liiert ist. Unverrichteter Dinge geht Qiao wieder. Das Gefängnis hat sie verändert und es sind die dort erlernten Tricks, die ihr nun helfen, ein Mittagessen oder etwas Reisegeld zu beschaffen.

Die dritte Episode des 141 Minuten dauernden Films spielt wieder in Datong. Vor einer gigantischen Baukulisse wartet ein hilflos wirkender Mann im Rollstuhl. Die elegante Dame in schwarzem Ledermantel und Sonnenbrille, die auf ihn zu kommt, ist Qiao - die neue Qiao, die augenscheinlich Karriere gemacht hat in einem Milieu, das sie kannte. Während der einst mächtige Unterweltboss nach einem Schlaganfall gelähmt im Rollstuhl sitzt, führt sie nun ihren eigenen Nachtclub. Qiao glaubt noch immer fest an ihre Liebe und, dass alles wieder so werden kann wie früher. Doch für Guo Bin ist die Liebe längst einer Leere gewichen.

Die im Wechsel von unterschiedlichen Kameratechniken und eindrucksvollen Panoramaeinstellungen (Kamera: Eric Gautier) erzählte Liebesgeschichte fokussiert auf Qiao, die am Übergang vom kommunistischen Arbeitermilieu zum keineswegs besseren neuen China ihren Weg sucht. Legte Zhang-ke Jia 2013 in "A Touch of Sin" sein Augenmerk auf das kleinkriminelle Milieu, so nimmt er nun über einen langen Zeitraum kriminelle Machenschaften grösseren Ausmasses in den Blick. Der Clubbetreiber Guo Bin entkommt seiner Gefangennahme und landet in der Chefetage eines grossen Immobilienkonzerns, der von einem befreundeten Triadenmitglied geführt wird. Die grossen Bauprojekte, die allenthalben China prägen, scheinen nicht ganz aus staatlichen oder privaten Mitteln finanziert zu sein. Qiao muss sich dagegen auf eigene Faust durchschlagen und gewinnt gerade dadurch an Stärke. In ihrer Wandlungsfähigkeit glänzt die Schauspielerin Zhao Tao, die mit Zhang-ke Jia verheiratet ist und bereits in zahlreichen seiner Filme zu sehen war.

Foto:
© Verleih

Info:
Qiao     Zhao Tao
Bin       Liao Fan
            Zheng Xu
            Casper Liang