Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. März 2019, Teil 8
Margarete Frühling
München (Weltexpresso) - 1956 ist Ruth Bader Ginsburg (Felicity Jones) eine der wenigen Jura-Studentinnen in Harvard. Sie ist bereits mit Martin (Marty) Ginsburg (Armie Hammer) verheiratet, der ein Jahr über ihr studiert, und sie haben eine einjährige Tochter, Jane. Bei einer Einladung bei Erwin Griswold (Sam Waterston), dem Dekan ihrer Fakultät, wird sie gefragt, warum sie als Frau Männern den Platz wegnimmt. Auch in den Vorlesungen von Prof. Brown (Stephen Root) wird sie nicht besser behandelt. Beide werden später einen Prozess gegen Ruth verlieren.
Kurz danach wird bei Marty Hodenkrebs festgestellt. Während Martins zwei Operationen und der Chemotherapie besucht Ruth sowohl ihre eigenen Vorlesungen als auch die ihres Mannes; gleichzeitig gekümmert sie sich um ihren kranken Mann und ihre kleine Tochter.
Nach Abschluss seines Studiums bekommt Martin Ginsburg eine Anstellung in einer großen Steuerberatungsfirma in New York. Da Erwin Griswold (Sam Waterston), als Dekan ihrer Fakultät in Harvard Ruth kein Fernstudium genehmigen will, studiert sie an der Columbia Universität weiter und macht dort als Jahrgangsbeste ihren Abschluss.
Doch egal bei welcher Anwaltskanzlei sie sich bewirbt, sie erhält nur Absagen und arbeitet die nächsten Jahre als Professorin sowohl an der Rutgers Universität in New Jersey als auch an der Columbia University Law School. Während dieser Zeit bekommen Ruth und Martin noch einen Sohn - James.
In den 1970er Jahren beschäftigt sie sich sowohl in ihren Vorlesungen als auch juristisch mit dem Problemfeld der sexuellen Diskriminierung. Dabei arbeitet sie zusammen mit der American Civil Liberties Union (ACLU) - der amerikanischen Bürgerrechtsunion. Allerdings hat sie mehr als einmal unterschiedliche juristische Vorstellungen zu deren Direktor Mel Wulf (Justin Theroux).
Da erhält Ruth von ihrem Mann eine Akte, in dem es um den Fall von Charles Moritz (Chris Mulkey) geht, der als alleinstehender Mann aufopferungsvoll seine demenz-kranke Mutter pflegt, aber aufgrund seines Geschlechts nicht den dafür üblichen Steuernachlass erhält.
Ruth will diesen Fall benutzen - auch gegen den ausdrücklichen Wunsch von Mel Wulf -, um mit Hilfe eines Präzedenzfalls die Gesetzeslage zu verändern. Besonders bemerkenswert ist, dass neben dem ehrgeizigen jungen ehrgeizigen Anwalt Jim Bozarth (Jack Reynor) Ruth Ginsburgs alte Harvard-Professoren Griswold und Brown die Gegenseite vertreten.
Dies wird einer der ersten Fälle sein, in dem Ruth Bader Ginsburg Menschen bei Diskriminierung wegen ihres Geschlechtes vertreten wird. Durch ihre Arbeit wird den nächsten Jahren noch in vielen Fällen die Gesetzeslage in den USA verändert werden...
In den USA ist Ruth Bader Ginsburg, auch bekannt unter ihrem Kürzel RBG, berühmt als lebenslange Kämpferin für die Gleichberechtigung von Frauen und Männer. Sie ist dort inzwischen zu einem Phänomen geworden, besonders auch weil sie mit ihren beinahe 86 Jahren immer noch als Richterin am Obersten Gericht der Vereinigten Staaten tätig ist und es auch bis zu ihren Tod bleiben will.
"Die Berufung - Ihr Kampf für Gerechtigkeit" ist innerhalb eines Jahres der zweite Film, der sich mit dem Leben von Ruth Bader Ginsburg beschäftigt. In Deutschland ist bereits am 13. Dezember 2018 die Oscar-nominierte Dokumentation "RBG - Ein Leben für die Gerechtigkeit" der Regisseurinnen Betsy West und Julie Cohen angelaufen.
"Die Berufung" hatte in den USA ganz bewusst am 25. Dezember 2018 unter dem Namen "On the Basis of Sex" Premiere - zum 25. Jahrestag von Ruth Bader Ginsburgs Berufung an den Supreme Court. Der Film hat - ebenso wie auch die Dokumentation - mit Mimi Leder eine Regisseurin. Das Drehbuch wurde von Daniel Stiepleman verfasst. Er ist der Sohn von Martin Ginsburgs Schwester und er hat in Interviews immer wieder betont, dass er während des Schreibens sowohl mit seiner Tante Ruth als auch mit deren Tochter Jane Rücksprache gehalten hat.
Während die Dokumentation an Hand von Gerichtsfällen von aufgebaut war, hat Daniel Stiepleman mit Charles E. Moritz v. Commissioner of Internal Revenue bewusst nur den ersten Geschlechts-Diskriminierungsfall in den Mittelpunkt gestellt, den Ruth Bader Ginsburg vor Gericht vertreten hat.
Obwohl der Film dadurch ein typisches amerikanisches Gerichtsdrama wurde, konnten auch wichtige Einblicke in das Familienleben der Ginsburgs gewonnen werden. Denn Ruth konnte nur deshalb so erfolgreich werden, weil sie mit Martin einen Ehemann im Hintergrund hatte, der sich an der Hausarbeit beteiligt und sie auch sonst als Partnerin Ernst genommen hat. Dies erkennt man nicht nur daran, dass Marty Ruth den Fall Moritz zuspielt, sondern auch dadurch, dass die beiden zu Hause auf Augenhöhe miteinander juristische Probleme diskutieren. Im Film wird darüber hinaus gezeigt, dass Martin im Gegensatz zu seiner Frau hervorragend kochen konnte und das auch mit großer Begeisterung gemacht hat.
Für die Hauptrollen konnte die Regisseurin Mimi Leder mit Felicity Jones und Armie Hammer zwei bekannte Schauspieler gewinnen, die beide in der Lage sind, Ruth und Martin Ginsburg hervorragend darzustellen, auch wenn sich einige Journalisten in der amerikanischen Presse daran gestört haben, dass man bei der Engländerin Felicity Jones das eine oder andere Mal einen englische Akzent hören konnte.
Auch die weiteren Schauspieler wie Kathy Bates als Dorothy Kenyon, die bekannte New Yorker Rechtsanwältin, Richterin, Feministin und politische Aktivistin für Bürgerrechte, Justin Theroux als Mel Wulf oder Cailee Spaeny als Ruths selbstbewusste Tochter Jane. konnten in ihren teilweise recht kleinen Rollen überzeugen. Gerade bei Jane Ginsburg konnte der Film hervorragend zeigen, welche Veränderungen vor allem Frauen in den USA gerade zu dieser Zeit durchgemacht haben, denn Jane ist nicht nur eine selbstbewusste junge Frau, sondern auch eine Aktivistin gegen den Vietnam Krieg.
Insgesamt ist "Die Berufung – Ihr Kampf für Gerechtigkeit" ein spannender Film über eine außergewöhnliche Frau. Der Film zeigt aber auch, dass Ruth Bader Ginsburg als verheiratete Frau mit Familie in den 1960 und 1970er Jahren nur deshalb zur führenden Anwältin für Frauenrechte und später Richterin am obersten Gerichtshof der USA werden konnte, weil sie einen unterstützenden Ehemann und verständnisvolle Kinder hatte. Das macht den Film auch heute noch relevant und deshalb unbedingt sehenswert. "Die Berufung – Ihr Kampf für Gerechtigkeit" mag kein überragender Film sein, aber er ist auf jeden Fall eine interessante und sehr gut gemachte Biografie einer bemerkenswerten Frau. Wenn möglich sollte man sich den Film unbedingt zusammen mit der Dokumentation "RBG - Ein Leben für die Gerechtigkeit " ansehen.
Foto: Armie Hammer als Martin Ginsburg, Cailee Spaeny als Jane Ginsburg und Felicity Jones als Ruth Bader Ginsburg © Entertainment One
Info:
Die Berufung – Ihr Kampf für Gerechtigkeit (USA 2018)
Originaltitel: On the Basis of Sex
Genre: Biopic
Filmlänge: 120 Minuten
Regie: Mimi Leder
Drehbuch: Daniel Stiepleman
Darsteller: Felicity Jones, Armie Hammer, Justin Theroux, Kathy Bates, Sam Waterston, Cailee Spaeny, Jack Reynor, Stephen Root u.a.
Verleih: Entertainment One
FSK: ab 0 Jahren
Kinostart: 07.03.2019