maxresdefaultSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 7. März 2019, Teil 13

Eva Mittmann

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Ein skurriles Erlebnis melancholischer Poesie, dieser Film von Veit Helmer.Dieser gänzlich diologfreie Film von Veit Helmer entführt uns in die weite Landschaft von Aserbaidschan. Dort ist Lokführer Nurlan unterwegs durch die Vorstädte, wo die Eisenbahnschienen direkt durch die Wohngebiete der Vororte geleitet sind.

Gleich zu Beginn des Films sieht man die Frauen der Dörfer, wie sie ihre Wäscheleinen zwischen den herunter gekommenen Wohnhäusern über die Schienen spannen, um dort ihre durchaus aparte Unterwäsche aufzuhängen. Und als ob das nicht schon skurril genug wäre: Folgen gleich darauf ihre Männer, die direkt auf den Schienen ihre Tische zum Schachspiel aufgestellt haben, während sie dort teetrinkend beim Spiel sitzen. Sobald der Zug naht, rennt ein kleiner Junge in Windeseile über die Gleise und scheucht sie alle auf: Männer und Frauen gleichermaßen. Und so passiert es, dass eines Tages eine Frau mit dem Abhängen ihrer wunderhübschen Unterwäsche nicht schnell genug ist und sich ihr Büstenhalter in der Lokomotive verfängt. Grund genug für den Finder Nurlan, sich auf den Weg zu machen, dessen Besitzerin zu suchen. Dabei entwickelt sich eine urkomische Aschenputteliade, in deren Verlauf so mancher wildbärtige Ehemann den Eindringling Nurlan mit roher Gewalt zu vertreiben versucht. Dies wird begleitet von beschwingt lustiger Musik, die uns an die Filmmusik Alain Romans‘ erinnert, dem Lieblingskompositeur von Jacques Tati.

Apropos Filmmusik. Durchaus erwähnenswert an dieser an dieser Stelle ist auch Nurlans Nachfolger am Arbeitsplatz: Mit gekonnten Trompetensoli, begleitet von percussiven Klangcollagen getrommelt auf allen erreichbaren Metallteilen, braust er durch die weite aserbaidschanische Landschaft. Man fühlt sich erinnert an das "grande finale" der Gruppe STOMP live on Broadway in San Francisco! Unvergesslich – eine epische Erfahrung! Mit selbigen Klangcollagen, gespielt auf Schwermetallteilen wiegt er sich abends in absurd-komischer Weise in den Schlaf. Mit diesem Focus auf Bild- und Klangcollagen, die vor unseren Augen und Ohren eine Geschichte ausbreiten wie ein Laken, kommt dieser Film gut und gerne ohne Sprache aus.

Und beschwingt fröhlich setzt der Film seine Erzählung in Musik und Bildern fort – bis schließlich die sich gehörnt geglaubten Ehemänner Nurlan überwältigen und unser Held im dramatischen Finale reichlich lädiert und mit schweren Eisenketten gefesselt auf den Gleisen liegt... Doch Rettung naht: In Gestalt des kleinen Jungen mit der Trillerpfeife. Der zersägt in heldenhaft mutiger Tat die Ketten kurz bevor die heranbrausende Lokomotive unseren Protagonisten überrollt!

Großartiges Kino, das dem Vergleich mit Jacques Tatis „Ferien des Monsieur Hulot“ durchaus standzuhalten vermag!

Foto:
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Info:
Darsteller
Nurlan                  Miki Manojlović
Lehrling                Denis Lavant
Weichenstellerin  Chulpan Khamatova
Kleiner Junge       Ismail Quluzade
Betrügerin            Maia Morgenstern
Vergessliche Frau Paz Vega
Tänzerin                Frankie Wallach
Braut                     Boriana Manoilova
Dorfmädchen        Sayora Safarova

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