f gold1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21. März 2019, Teil 22

N.N.

München (Weltexpresso) - Über die Produktion und die Anfänge von DIE GOLDFISCHE: Die Idee, einen humorvollen Film über Menschen mit Behinderung zu machen, hatte Justyna Muesch, Produzentin bei der Münchner Produktionsfirma Wiedemann & Berg Film, schon länger und auch Quirin Berg und Max Wiedemann waren von Anfang an davon begeistert. „Wenn ich den Umgang mit Menschen mit Behinderung beobachte, fällt mir auf, dass viele vor lauter Mitleid häufig unbeholfen handeln, weil plötzlich die Behinderung im Vordergrund steht und nicht der Mensch.“

Das war der ursprüngliche Ausgangspunkt, aus dem die Idee entstand, einen ehrgeizigen Banker in den Mittelpunkt des Films zu rücken, der Menschen mit Behinderung für persönliche Zwecke ausnutzt und dadurch einen ganz anderen Blick auf das Leben gewinnt. „Diesen Perspektivenwechsel stellte ich mir erzählerisch spannend und gleichzeitig sehr komisch vor“, sagt die Produzentin.

Entscheidend war dann die Erkenntnis, dass derjenige, der ausnutzt, nach einem Schicksalsschlag selbst eine Behinderung haben müsste. „Mir gefiel diese Ausgangssituation“, meint Justyna Muesch „einen Film mit einer derart provokativen Prämisse zu machen, bei der man Unsicherheiten und Vorurteile entlarvt, aber gleichzeitig darüber lachen kann. Dabei war uns wichtig nie die Augenhöhe zu verlieren.“ Die Suche nach dem richtigen Drehbuchautor war somit eine Herausforderung. Bis zu dem Moment als Justyna Muesch Behinderte Ausländer sah, einen 45-Minüter, den der junge Filmemacher Alireza Golafshan während seiner Zeit an der HFF gemacht hatte. Sie war „begeistert und fasziniert, denn der Film hatte genau die Augenhöhe, die uns für DIE GOLDFISCHE vorschwebte. Er nahm sein Thema ernst, erzählte es aber unterhaltsam und zugleich sensibel und intelligent.“

„Alles fing mit einem klassischen Exposé Auftrag an“, erinnert sich Alireza Golafshan an seine ersten Kontakte mit Justyna Muesch. „Justyna hat mich angerufen, weil sie nach einem Drehbuchautor suchte. Sie hatte Behinderte Ausländer gesehen und erzählte von der Grundidee. Sie fragte sich nur, wie man die Balance zwischen Humor und Political Corretness halten könne.“ Natürlich war es niemals das Ziel, eine Haudraufkomödie zu machen. Erste Priorität war es, dem Thema gerecht zu werden. Und dann daraus die Komödie zu entwickeln. „Justynas Idee war eine Geschichte über einen jungen Banker, der selbst im Rollstuhl sitzt und sich positive Diskriminierung zu Nutze macht, um Geld vom Ausland nach Deutschland zu schmuggeln. Da hat es bei mir sofort Klick gemacht“, sagt Golafshan.

Zunächst einmal war er völlig baff, überhaupt einen Anruf zu erhalten. „Justyna kannte mich ja überhaupt nicht“, erklärt der Filmemacher. „Sie hatte einfach nur ein gutes Grundgefühl und hat da mehr daran geglaubt als ich“, erzählt Golafshan. „Es ist nicht das, was man sich unter einem klassischen Debütstoff vorstellt, das Gegenteil eines Kammerspiels, eine Komödie mit aufwändiger Action, Stunts, Kamelen und einem großen Ensemble. Ihr war es auch wichtig, dass nach der doch recht herausfordernden Stoffentwicklung nicht noch ein Dritter dazukam, der sich erst auf die feine Tonalität einstellen musste. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie viele Szenen wir wieder verwarfen, weil wir den Eindruck hatten, dass wir den Ton nicht richtig getroffen hatten.“

„Ali hat allen Figuren unmittelbar eine ganz unverkennbare und eigenwillige Identität gegeben“, erinnert sich Justyna Muesch. „Mit jeder neuen Werkstufe wurde die Erzählung präziser und das Drehbuch hatte von Anfang an den richtigen Ton bei der Gratwanderung zwischen Anspruch und Humor, war visuell überzeugend erzählt und vor allem sehr, sehr lustig.

Dass Wiedemann & Berg, eine Firma, die sich in den letzten zehn Jahren zu einer der erfolgreichsten deutschen Produktionsfirmen entwickelt hat, einem Debütanten die Regie einer turbulenten Actionkomödie anvertraute, hat auch damit zu tun, dass die Arbeit mit jungen Filmemachern zur „DNA der Firma“ gehört, wie Max Wiedemann es ausdrückt. Mit dem Debütfilm Das Leben der Anderen gewann die Firma bereits einen Oscar® als bester fremdsprachiger Film. Mit Friendship! (wie Who Am I – Kein System ist sicher ebenfalls für Sony entstanden) und Willkommen bei den Hartmanns produzierten sie den erfolgreichsten deutschen Film des jeweiligen Kinojahres und mit Dark die erste deutsche Netflix-Originals-Serie.

So wurde der junge Filmemacher, der eigentlich nur als Drehbuchautor für ein vielleicht mögliches Filmprojekt angestellt worden war, zum Kapitän einer turbulenten Komödie, die gerade grünes Licht erhalten hatte. „Ich hatte mir keine großen Hoffnungen gemacht als Filmemacher, der keinerlei Referenzen vorzuweisen hat. Wir hatten dann aber das Glück, dass das Drehbuch sehr gut ankam, auch bei einem Star wie Tom Schilling, der bisher nicht unbedingt als Komödiant bekannt ist. Er war sofort dabei, ohne Wenn und Aber. Und das brachte den Stein endgültig richtig ins Rollen.“

Während seiner Zeit an der HFF hatte Golafshan beim Schreiben seiner Drehbücher immer schon gewusst, dass er diese auch inszenieren würde. Bei DIE GOLDFISCHE kam er als Regisseur erst an Bord, als er das Drehbuch bereits geschrieben hatte: „Das war eine interessante Erfahrung“, erinnert er sich. „Tatsächlich schreibt man anders. Ich hatte die Anweisung, dass es groß und actionreich sein soll, ich sollte mir keine Gedanken über das Budget machen. Und so habe ich es dann auch geschrieben, unbelastet davon, ob und wie man das dann umsetzen würde können. Das wäre ja im Zweifelsfall nicht mein Problem gewesen. Sollen der Regisseur und die Produzenten das dann rausfinden. Das Auto überschlägt sich achtmal’, schreibt sich sehr leicht. Es zu inszenieren, ist dann eine ganz andere Sache.“

Rückblickend empfand Golafshan das aber als lohnende Erfahrung: „Ich musste mich aus meiner Komfortzone rausbewegen. Es ist gut, wenn man größer denkt. Wenn ich gewusst hätte, dass ich das später auch in Szene setzen würde, hätte ich mich vielleicht stärker zurückgenommen, auch was den Humor betrifft, den ich sonst wohl nicht so überspitzt geschrieben hätte. Aber es war genau richtig so, wie wir es gemacht haben.“

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Info:
DIE BESETZUNG

Oliver Overrath      TOM SCHILLING
Laura Ferber         JELLA HAASE
Rainer „Rainman“ Schnellinger AXEL STEIN
Eddy Patzke          KIDA KHODR RAMADAN
Magda Grabowski BIRGIT MINICHMAYR
Michael „Michi“ Wolter             JAN HENRIK STAHLBERG
Franzi Maier           LUISA WÖLLISCH
Julius                     KLAAS HEUFER-UMLAUF
Ingeborg Zschetzsche               MARIA HAPPEL
Olivers Mutter          JOHANNA GASTDORF
Saphira                    SIBYLLE CANONICA

Abdruck aus dem Presseheft