Bildschirmfoto 2019 03 28 um 12.38.24Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. März 2019, Teil 6

N.N.

Los Angeles (Weltexpresso) – Selbst in den an Exzentrikern reichen Annalen berühmter Gesetzesbrecher ist Forrest Tucker ein Unikum: Ein professioneller Bankräuber, der 18 Mal aus dem Gefängnis entkam und bis in seine 70er Überfälle verübte. Das brachte den Journalisten und Autor David Grann (Die versunkene Stadt Z – 2003) dazu, über ihn einen Artikel im Magazin The New Yorker zu veröffentlichen – drei Jahre nachdem der legendäre Verbrecher mit 80 Jahren wieder ins Gefängnis gewandert war, als er zur Krönung seines Lebens einen weiteren Coup durchgezogen hatte. Grann zeigte einen sympathischen Mann, der für seine Arbeit einen erstaunlich nachempfindbaren und ehrenwerten Stolz empfand – obwohl es sich hier um einen Gesetzlosen handelte.

Die Produzenten Jeremy Steckler und Dawn Ostroff hatten diese Geschichte schon frühzeitig gelesen. Nachdem Redford bereits zugesagt hatte, präsentierten sie diese Idee David Lowery, der gerade den visuell überwältigenden Texas-Krimi THE SAINTS – SIE KANNTEN KEIN GESETZ (2013) inszeniert hatte. Er dreht seine Filme so, wie David Grann schreibt”, so Ostroff. „Er beleuchtet die menschliche Seite der Geschichte, die er minuziös konzipiert.”

„Ich wollte nicht so viel über den echten Forrest herausfinden, denn ich wusste, dass Bob ihn komplett neu definieren und sich zu eigen machen würde,” so Filmemacher Lowery. Dank dieser Vorgehensweise bekam die Figur mehr Entfaltungsmöglichkeiten: „Die erste Fassung des Drehbuchs war viel länger und ziemlich journalistisch gehalten”, erklärt Lowery.

„ Ich habe mich wirklich in die Fakten vertieft. Im wahren Leben war die “OverThe-Hill-Gang” viel größer und draufgängerischer - es gab Drogen und Todesfälle und viele unappetitliche Elemente. Aber ich gab diesen Ansatz schnell auf, zum einen weil das nicht meine Stärke ist und zum anderen weil ich die ganze Zeit die Kamera auf Bob richten wollte. Granns Artikel war meine Bibel und ich wich kaum davon ab.” Die innere Harmonie der Hauptfigur gab das Leitmotiv für Lowerys Erzählweise vor. Er interessierte sich nicht so sehr für die Abläufe der Verbrechen; diese spielten ebenso wie die Verfolgungsjad nur eine sekundäre Rolle. Ihm ging es um Atmosphäre und seelische Befindlichkeiten: „Ich wollte, dass Forrest Eindruck auf uns macht. Als Geschichtenerzähler tendiere ich naturgemäß zu Melancholie und es gibt definitiv einige tragische Aspekte in Forrests Geschichte. Aber ich wollte diese Instinkte ausnahmsweise einmal zurückhalten und einen Film machen, der die Menschen zum Lächeln bringt.”

Als sich Lowery von Fassung zu Fassung vorwärtskämpfte, fokussierte er die Handlung auf zwei hoch vergnügliche Katz-und-Maus-Spiele: zum einen die Liebesgeschichte zwischen Tucker und der vielleicht einzigen Frau, die sich mit seiner ungewöhnlichen Karriere abfinden könnte, und zum anderen die Story der Verfolgung durch einen desillusionierten Polizisten.

Er wollte auch das Flair vermitteln, den Verbrechen und Gesetzesvollzug noch vor wenigen Jahrzehnten besaßen. Ohne Internet oder Smartphone und kaum mit Computern ausgestattet, musste die Polizei ihre Informationen über die Staatsgrenzen per Telefon oder Post übermitteln. Die meisten Cops trugen noch Revolver, keine automatischen Waffen. „Alle meine Filme spielen in der amerikanischen Provinz, bevor die Technologie in unserem Leben allgegenwärtig war”, so Lowery.

Es war eine Ära, in der sich ein Polizist noch Zeit nehmen konnte, um einen Verbrecher zu jagen. Damals war der Prozess der Jagd entscheidender als die letztendliche Gefangennahme – was auch die Geschichte von Forrest Tucker und dem Polizisten John Hunt reflektiert. „Die ganze Energie konzentriert sich auf die Verfolgung”, bemerkt Lowery. „Deshalb ist es am Schluss immer ein wenig enttäuschend, wenn diese vorbei ist. Insgeheim hoffe ich immer, dass der Polizist den Verbrecher ziehen lässt. Und genau das tut Hunt bei Forrest, als er die Chance dazu hat. Das ist wahrscheinlich eines der persönlichsten Elemente meines Drehbuchs. Das bin einfach nur ich. Ich wollte nicht, dass Forrest erwischt wird.”

Lowery wollte auch unbedingt hervorheben, dass Forrest versuchte alles auf friedliche Weise zu lösen und Niemandem wehzutun. Grann hatte bereits in seinem Artikel erwähnt, dass Forrest in willkürlicher Gewalt das Zeichen eines Amateur-Bankräubers sah. „Die besten Räuber waren nach seiner Auffassung wie Bühnenschauspieler, die einen Raum durch ihre pure Präsenz in Bann schlugen. Manche trugen sogar Make-up und probten, um sich in ihre Rolle zu versetzen”, so Grann. Das passte Lowery gut ins Konzept: „Forrest trug eine Waffe, aber es war für ihn wichtig, dass niemand sie sah. Wenn der Artikel nicht als ‚The Old Man and the Gun‘ betitelt gewesen wäre, dann hätte ich vermutlich komplett auf Feuerwaffen verzichtet.”

Von so viel Zurückhaltung war Patrick Newall, einer der ausführenden Produzenten, beeindruckt. „Das erinnert fast an die James Cagney-Filme mit ihrer ganzen Unschuld. Forrest wollte niemand erschießen. David traf eine ganz klare kreative Entscheidung, dass es nicht darum gehen sollte. Und das entsprach Forrests Natur. Er war ein Gentleman – wenn auch ein Gentleman mit kriminellen Absichten.” Laut Johnston verlieh Lowery dem Drehbuch überdies eine texanische Anmutung. „Davids Vision entwickelte den ursprünglichen Artikel zu einer persönlicheren Geschichte weiter. Er beleuchtete das Janus-Gesicht von Cop und Verbrecher, und als Texaner hatte ich das Gefühl, dass er auch den Nimbus dieses Staates einfing.”

„David gelang mit seinem Drehbuch eine Gratwanderung, weil er über die Figur Forrests kein Urteil fällt”, so Newall. „Gleichzeitig führte er andere Charaktere ein, die das Bild eines problemgeplagten Mannes mit seinen persönlichen Obsessionen in Frage stellten. Die Geschichte ist lustig, sie ist bewegend und manchmal auch aufregend. David hat das einzigartige Talent, etwas zu schaffen, das auf all diesen Ebenen funktioniert.”

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Info:
mit ROBERT REFORD, CASEY AFFLECK, DANNY GLOVER, TIKA SUMPTER ,KEITH CARRADINE, ISIAH WHITLOCK, JR. JOHN DAVID WASHINGTON mit TOM WAITS und SISSY SPACEK