Bildschirmfoto 2019 03 28 um 12.38.12Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. März 2019, Teil 9

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ein Film, in dem der weltberühmten Darstellers und Regisseurs Robert Redford einen wohlerzogenen Bankräuber spielt, der das Ausrauben nicht lassen kann, und damit augenzwinkernd – ob er es nun selbst erkannt hat oder nicht – auch einen Film über den 82jährigen Robert Redford macht, der das Filmemachen und Schauspielerdasein nicht lassen kann!

Er selbst hat das als Abschiedsfilm angekündigt, aber sein Alter ist heute kein Alter, das Aufhören erzwingt. Das sind persönliche Entscheidungen. Auf jeden Fall schon witzig, einen nichtaufhörenden Bankräuber ins Spiel zu bringen, den es tatsächlich gegeben hat und über den ein David Gran, („The Old Man and the Gun,” The New Yorker) geschrieben hatte: „Die Polizisten waren baff, als sie begriffen, daß der Mann, den sie verhaftet hatten, nicht nur 78 Jahre alt war – er sah, so Captain James Chinn, richtig taufrisch aus...“ Erst ganz am Schluß des Presseheftes lesen wir: „Basierend auf einem Artikel im Magazin ‚The New Yorker‘ von David Gran“, dem sich also der Film verdankt und wo es in einer anderen Zeitung heißt: „ Im Alter von 79 Jahren führt er immer noch ein erfolgreiches Verbrecherleben.( Los Angeles Times).

Und schon stutzt man, denn im Film wird ein 70jähriger daraus, denn der Film erzählt die unglaubliche und wahre Geschichte des 70-jährigen Gentleman Forrest Tucker (Robert Redford). Das können wir nicht verstehen, denn auch wenn der 82jährige Redford gerade noch als Siebzigjähriger durchgeht, wäre es doch auch spannend einen 78jährigen als Helden vorzuführen. Traut man soviel Empathie den Zuschauern nicht zu?

Also los mit der Geschichte, die gemächlich und mit allen Schikanen erzählt wird. Eine Geschichte, die man von vielen Filmen kennt, die aber hier der Schauspieler wegen und des angekündigten Abschieds wegen goutiert werden kann, obwohl der Film – ehrlich gesagt – nicht nötig gewesen wäre. Aber das gilt für viele Filme und dieser tut nicht weh. Leider. Forrest Tucker ist kein alter Mann, er ist ein älterer Herr. Wir erleben ihn überhaupt von Anfang bis Ende nur gentlemanlike. Dabei war er schon 17 Mal im Gefängnis – und immer derselben Sache wegen, die ja über ein privates Hobby hinausgeht, aber doch so etwas wie eine Sucht bedeutet: das Bankausrauben. Übrigens hat er selten, nein überhaupt nie, seine Strafe abgesessen, denn wer sich Zugang zu einer Bank verschaffen kann, der kann ja wohl auch aus Gefängnissen ausbrechen. Ist ja dieselbe logistische Sache nur umgekehrt. Und in einem ist unser Forrest so begabt wie im anderen.

Also Forrest Tucker ist Mitglied, ja Anführer einer Gang, einer Bankräuberbande. Auch die anderen älteren Herren wissen genau, was sie tun. So eine Art kitzliger Unterhaltung, wie sie den Bankraub vorbereiten und durchführen. Denn die Planung ist das A und O. Das lernen wir schnell. Und die Planung macht Forrest, läßt aber die anderen mitspielen. Systematisch kommt eine Bank nach der anderen dran. Immer auf dieselbe Weise. Erst ausspionieren, schon privat in den Räumen, um das Geschehen und die Kameras(!) zu verfolgen und dann mit Hut und elegant gekleidet wie immer die Bank betreten und an der Kasse sehr höflich, um die Füllung der Tasche mit allem Geld zu bitten. Noch öfter geht Herr Tucker direkt zum Chef der Bank und läßt diesen das Geldeinpacken veranlassen.

Und nun unterbrechen zwei Gegebenheiten die normale Bankausräuberntour, die immer einsetzt, wenn die alten Herren und besonders ihren Anführer und Raubstrategen die Lust übermannt. Forrest taucht nach einem Beutezug ab in eine Cafébar, eines der üblichen Plastikrestaurants, wo ihm gegenüber eine ältere Frau sitzt, mit der er ins Gespräch und später mehr kommt. Jewel (Sissy Spacek) ist Witwe und erst führen die zwei ein anregendes Gespräch, wo sich Junggeselle Forrest über die Sicherheit der Witwe wundert, mit der sie ihre Situation sieht und ihre Gedanken zum Leben und zum Alleinsein bewundert.

Das andere ist, daß die Banküberfälle derart zugenommen haben, daß eine Sonderkommission der Polizei gebildet wird. Deren Leiter ist Cop John Hunt (Casey Affleck), den man – den Schauspieler – kaum erkennt, denn das Ganze siedelt in den frühen Achtzigern und genau so sah man damals aus! Das Design des Films ist wirklich erstaunlich echt. Der Cop ist Familienvater und will diesen Gentlemengangstern an den Kragen. Denn die treiben es wirklich zu weit. Das Gemeine an der Angelegenheit ist ihr edles Auftreten. Denn wer so fein und wie es einst üblich war, im Ausgehanzug mit Hut gekleidet ist, zudem die perfekten Umgangsformen hat, darüber hinaus höflich und zuvorkommend ist, der wird von den Angestellten und den Bankchefs eben erst einmal für einen Gentleman gehalten. Daß er ein Gangster ist – der Titel EIN GAUNER & GENTLEMAN ist eigentlich zu wohlmeinend, Gaunereien sind Kleinmist, aber Bankräuber in diesem Stil sind schon Verbrecher, also Gangster – erkennen die Bankleute erst, wenn er – die nicht geladene – Pistole zieht und seine blauen Augen beschwörend in sein Gegenüber versenkt.

Natürlich ist das eine Romantikkomödie im Stil von Bonny&Clyde und vielen anderen Vorbildern der letzteren Zeit. Und die Fiesheit des Regisseurs David Lowery oder auch seine Kunst, ist es, wie er uns geradezu zwingt, diesen Bankräuber als guten Menschen zu sehen, so daß wir hoffen, daß er nicht gefaßt wird. Was aber geschieht, weil dem leicht tumben John Hunt dann doch ein Korn vor die Nase fällt, das er sieht. Und dann legt er gekonnt los. Darum geht alles so ordentlich aus, wie die Moral erfordert: Forrest wird gefaßt, sitzt erstmals seine angesichts des Alters und seiner Zuvorkommenheit erträgliche Strafe ab und weiß, daß seine Zukunft an der Seite seiner Jewel ruht, deren schon fast gepfändetes herrliches Anwesen mit Pferden er zuvor mit dem Räubergeld beim zuständigen Bankdirektor freigekauft hatte.

Foto:
© Verleih

Info:
mit ROBERT REFORD, CASEY AFFLECK, DANNY GLOVER, TIKA SUMPTER ,KEITH CARRADINE, ISIAH WHITLOCK, JR. JOHN DAVID WASHINGTON mit TOM WAITS und SISSY SPACEK