f freundeSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. April 2019, Teil 5

Redaktion

Berlin (Weltexpresso) – Wie kamen die UNHEIMLICH PERFEKTEN FREUNDE und Marcus H. Rosenmüller zusammen?

Die Produzenten Benedikt Böllhoff und Max Frauenknecht haben mich gefragt, ob ich dieses Projekt realisieren möchte. Ausschlaggebend waren wohl dabei die beiden Autorinnen Nora Lämmermann und Simone Höft. Ihnen hatte das Warmherzige in meinen vorangegangenen Filmen gut gefallen. Ich habe selbst gerade ein anderes Kinderfilmprojekt in der Entwicklung, in dem es um den Leistungsdruck in unserer Gesellschaft geht. Deshalb konnte ich mit Noras und Simones Drehbuch sehr viel anfangen. Vor allem auch, weil hier eine magische, unterhaltsame Geschichte voller Abenteuer und Spannung erzählt wird, die gleichzeitig aber auch ihre Tiefe nicht verliert.


Was den anspruchsvollen Part betrifft, erinnert die Geschichte ein wenig an Goethes „Faust“.

Ja, dieses klassische Thema von einem, der seine Seele verkauft, um selbst besser dazustehen, aber darüber sein eigenes Ich verliert, steckt da mit Sicherheit auch drin.


UNHEIMLICH PERFEKTE FREUNDE entstand unter dem Label „Der besondere Kinderfilm“. Was hältst Du von dieser Initiative?

Ich halte sehr viel davon, weil es ein Ansporn ist, Originalstoffe fürs Kino zu realisieren. Lesen ist für Kinder wahnsinnig wichtig. Deshalb finde ich es ein bisschen schade, wenn bestimmte Bücher verfilmt werden. Denn dadurch wird jede Geschichte, die in den Köpfen der Kinder individuell entstanden ist, plötzlich gefixt. Ich will da niemandem etwas ankreiden, wir haben mit unserer Produktionsfirma Lieblingsfilm ja schon selbst Bücher wie die „Rico, Oskar“-Reihe oder „Mein Lotta-Leben“ adaptiert. Aber es müssen auf der anderen Seite auch Originaldrehbücher gefördert werden. Denn viele Produzenten trauen sich schon gar nicht mehr an solche Stoffe heran, weil es natürlich viel leichter ist, einen Film zu produzieren, dessen Vorlage schon oft verkauft wurde.


Eigentlich schade, dass es solche Initiativen geben muss, um die deutsche Kinderkinolandschaft bereichern zu können...

Absolut, aber manchmal können derartige Modelle auch Initialzündung sein. Ich selbst habe beispielsweise auch mein anderes Projekt beim „besonderen Kinderfilm“ eingereicht. Leider wurde es nicht genommen. Aber es war wichtig, dass ich es in die Welt hinausgetragen habe. Und ich werde trotz der Ablehnung weiter daran schreiben und es vorantreiben.


Der französische Regisseur Francois Truffaut hat einmal gesagt: Arbeiten mit Tieren und Kindern ist schwierig, weil niemand wirklich weiß, wie die zu drehende Szene verlaufen wird. Wie sind da Deine Erfahrungen?

Bei mir ist es schon so, dass ich mich gewissermaßen mit den jungen Protagonisten verbünde. Ich merke es auch an mir selbst, wie gut es mir tut, wenn ich ein bisserl Kind bleibe. Denn in diesen Momenten sollte man sich unbedingt diesen Enthusiasmus der eigenen Kindheit bewahrt haben. Bei der Zusammenarbeit mit ihnen zählt aber nicht nur das Bemühen, dass man eine Szene so gut wie möglich spielt, sondern das Miteinander. Und hier habe ich auch meistens großes Glück mit meinen erwachsenen Schauspielern, die in ihrem Innersten „kindische Leute“ im besten Sinne geblieben sind. Insofern gibt es da keine großen Probleme. Im Gegenteil! Mir bereitet es sogar besonderen Spaß, mit Kindern zu drehen. 


In UNHEIMLICH PERFEKTE FREUNDE ist ja auch großes Abenteuer angesagt, zum Beispiel in dem aufgelassenen Schwimmbad, das den Schülern als großartig-skurriles Refugium dient.

Wir haben diese Szenen im Alpamare gedreht, einem Ort, der sehr viel mit meiner eigenen Biographie zu tun hat. Das war mein Kindheitstraum. Ich war vielleicht ein oder zweimal dort, weil es leider ein bisserl teuer war. Aber es war damals natürlich das Größte, ins Alpamare zu fahren und dort die Rutschen auszuprobieren.


Inzwischen ist das Erlebnisbad in Bad Tölz bereits seit über drei Jahren geschlossen.

Dass solche Kinderparadiese brachliegen, ist doch Sinnbild dafür, dass man heutzutage wahnsinnig viel für Bildung, fürs Übermorgen, für die Zukunft der Kinder investiert. Darüber wird aber vollkommen vergessen, einfach mal im Jetzt sein zu können, Spaß zu haben, der sinnlos ist und nur zur Befriedigung von Abenteuerlust und Gaudi dient. So wie unser Protagonist Frido, der sich seine eigenen Flitzer bastelt, damit die Rutschen runtersaust und sich damit ein bisschen ausprobiert.


Wie kommst Du mit unserem aktuellen Schulsystem klar?

Ich denke schon, dass es ein bisschen besser, weil durchlässiger, geworden ist. Aber es nimmt meines Erachtens viel zu viel Platz ein. Kinder brauchen einfach viel mehr Freizeit.


Wie war denn das in Deiner Jugend? Hast Du Druck verspürt, als es in der vierten Klasse darum ging, auf welche Schule es gehen soll?

Von daheim gab es überhaupt keinen Druck. Ich habe selber erst gar nicht gewusst, was ich wollte. Aber dann hat meine damalige Lehrerin nach der fünften Klasse gesagt, dass das Gymnasium was für mich ist. Sie hat mich also mehr oder weniger dorthin geschickt. Aber ich war eher ein mittelmäßiger Schüler, bin halt so durchgekommen (lacht). Mit Hausaufgaben habe ich nicht so viel anfangen können. Dafür hatte ich nette Lehrer. Außerdem bin ich immer gerne in die Schule gegangen, weil ich mich auf meine Kumpels gefreut habe.


Eine weitere Schlüsselszene des Films findet im Elite-Gymnasium statt. Da eskaliert eine biedere Versammlung plötzlich in eine abgefahrene Tortenschlacht.

Auch hier geht es wieder um die Sinnhaftigkeit unseres Seins. Und dass man viel Spaß haben kann im Dadaistischen. Der Zufall, das Chaos, der Punk – sie alle besitzen eine tolle Energie. Das muss ja nicht nur sein, aber beides kann sich gut in einem Wechselspiel gegenseitig beflügeln. Ich habe dieses Thema bereits in den Titeln mit den dadaistischen Schriften und der Krähe, die Kikeriki schreit, aufgenommen. In der Szene im Gymnasium liegt der Witz natürlich im Kontrast: Erst erzählt der Rektor der Eliteschule von Ordnung und Struktur, und als dann das erste Dominosteinchen fällt, geht innerhalb weniger Sekunden alles drunter und drüber.


Für wen hast Du UNHEIMLICH PERFEKTE FREUNDE gemacht?

Für mich ist das eindeutig ein Kinderfilm, geeignet vor allem für Sieben- bis 13-Jährige. Und die Eltern, die mit ihren Kindern reingehen, werden nicht sagen: „So ein Käse“. Sie werden sicher auch ihre Freude daran haben. Aber gemacht habe ich ihn für die Kinder und für all diejenigen, die das Kind in sich immer noch mit sich mittragen.


Eine abschließende Frage: Du lehrst seit kurzem an der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film. Wie kommst Du damit klar?

Das macht mir großen Spaß. Die Arbeit mit den Studenten ähnelt der mit den Kindern am Set. Man wird schon auch gefordert, kann mit seiner Erfahrung aber der Jugend schon ein bisserl was beibringen. Andererseits lernt man auch von den Studenten und profitiert von ihren frischen Ideen. Ich sehe diese Tätigkeit wirklich als Geschenk.

Foto:
Frido (Luis Vorbach)
© SquareOne Entertainment

Info:
„Unheimlich perfekte Freunde“, D 2019, 92 Minuten, KINOSTART 4. April
Regie Marcus Rosenmüller mit Margarita Broich, Jona Gaensslen, Luis Vorbach, Maja Beckmann u.a.

Abdruck aus dem Presseheft