f the hole1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 2. Mai 2019, Teil 2

Kirsten Liese

Berlin (Weltexpresso) - Eine verwirrte Frau (Kati Outinen) ist die Vorbotin mysteriöser Vorgänge. Wie ein Zombie auferstanden aus dem Schlamm, in dem sie eben noch mit dem Kopf vornüber wie eine Tote lag, klopft die Alte aufgeregt an die Autoscheibe der alleinerziehenden Sarah (Seána Kerslake) und behauptet, der Junge auf der Rückbank sei nicht deren richtiger Sohn. Die Fahrerin hält die Prophetin für verrückt, beobachtet aber fortan das Kind genauer und meint, Fremdartiges in ihm zu erkennen.

Ist nun dieser Chris tatsächlich ein Anderer oder stellt sich das Sarah nur vor? Mit dieser Ungewissheit spielt der Ire Lee Cronin in seinem kryptischen Gruselstück.

Er laboriert dazu mit abgenutzten, bekannten Genre-Elementen wie huschenden Schatten, knarrenden Dielen, flackerndem Licht, dunklen Räumen und einem beunruhigenden Soundtrack, doch gelingen ihm auch eindrucksvolle Effekte mit einfachen Mitteln. Vor allem in der ersten Sequenz stellt er das Bild eines durch die einsame irische Landschaft fahrenden Autos aus der Vogelperspektive plötzlich auf den Kopf, so dass der Wald am oberen Bildrand hängt und sich am unteren Ende ein Nichts auftut.

Analog dazu wird die Heldin zunehmend den Boden unter den Füßen verlieren, als der Verdacht wächst, Chris könnte ausgetauscht oder verhext worden sein. Oder leidet Sarah an Wahnvorstellungen? Beide Hauptfiguren erscheinen suspekt: Sie hat eine seltsame Narbe aus einem alten Leben am Kopf und benötigt Tabletten zur Beruhigung gegen Angstzustände. Chris überkommen seltsame Anwandlungen, wenn er plötzlich Spinnen vertilgt oder kurzzeitig spurlos verschwindet.

Von Anfang an kommt es ohnehin zwischen Mutter und Sohn zu Spannungen, weil der Achtjährige seinen Vater vermisst, den Sarah verlassen hat, als dieser gewalttätig wurde. Um sich und den Sohn zu schützen, ist sie eigens in die abgeschiedene irische Provinz gezogen, nichtsahnend, dass die Sorge um den Filius in Furcht vor ihm umschlagen könnte.

Unweigerlich erinnert „The Hole in the ground“ an zahlreiche andere Horrorfilme mit dämonisierten, schrecklichen Kindern. Nur dass sich hier Vermutungen nicht bestätigen. Vielmehr kommt mit dem im Titel verankerten Loch im Boden - ein riesiger Krater mitten im Wald, der wie ein Ungeheuer alles zu verschlingen droht – eine surreale Komponente in die Geschichte.

Ein weiteres böses Omen beschert ein Zerrspiegel auf einem Rummelplatz, auf dem Chris’ Gesicht zu einer Fratze wird. Diese Impression greift der Film an späterer Stelle wieder auf, wenn er darauf hinweist, dass Spiegel nicht lügen, mithin die Wahrheit offenbaren, wo man den Augen nicht mehr trauen kann. Daran knüpft sich allerdings die Erwartung einer Pointe, die Cronin nicht einlöst. Zwar belegt das Oeuvre eines David Lynch, dass es einem Mystery-Film gut tun kann, wenn Vieles kryptisch bleibt. Aber an dessen Meisterwerken, die ohne konventionelle Schockmomente auskommen, vielmehr Spannung aus psychologisch-spirituellen Phänomenen wie Déjà-Vu, Reinkarnation oder Telepathie beziehen, reicht „The Hole in the Ground“ nicht heran.

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© Verleih

Info:
Regie:  Lee Cronin
Drehbuch:  Lee Cronin, Stephen Shields
Besetzung:  Seána Kerslake James Quinn Markey Kati Outinen James Kosmo Simone Kirby