Serie "DAS SCHÖNSTE PAAR" von Sven Taddicken mit Luise Heyer, Maximilian Brückner, Leonard Kunz, Jasna Fritzi Bauer, Teil 3/8
Elke Eich
Berlin (Weltexpresso) - Wir sehen eine Szene, in der Liv ihre Therapie abschließt, quasi mit der Verarbeitung der schlimmsten Dinge „durch ist“. Die Tragik direkt nach der Vergewaltigung erleben wir gar nicht.
Gerade das finde ich auch toll: Der Film wechselt immer das Tempo und die Farbe! Es fängt als ganz hartes Vergewaltigungsdrama an, dann wird es ein Liebesfilm und kippt wieder in die Stimmung des Vergewaltigungsszenarios... Beim Lesen war mir DAS gar nicht mal bewusst.
Wie war die Vorbereitung im Austausch mit dem Regisseur und der Kollegin?
Wir haben miteinander geprobt. Luisa ist natürlich eine Hammer-Kollegin, die einfach super spielt, und wir zwei funktionieren als Pärchen hervorragend.
Wie gehen Sie an Ihre Rollen, bzw. wie gingen Sie an diese konkrete Rolle ran?
Ich lerne meinen Text und denke drüber nach. Es ist also nicht so, dass ich Querliteratur lese, oder mir Filme über solche Themen angucke. Ich mache mir meine Gedanken dazu, wie die Figur, so, wie sie beschrieben wird, mit der Situation umgehen könnte. Ansonsten mache ich da gar nicht so viel. Was man später auf der Leinwand sieht, passiert dann einfach im Spiel.
In diesem speziellen Fall war es also keine Option für Sie, mit Männern darüber zu sprechen, wie sie mit den Vergewaltigungen ihrer Partnerinnen umgegangen sind?
In meinem Beruf gibt es 1000 Möglichkeiten, wie man diese Dinge angeht. Der Eine macht das so, der andere liest und ein Dritter macht Musik. Ich denke halt darüber nach und lerne Text.
Im Nachhinein würde ich meine Figur so beschreiben: „In der Ruhe liegt Aggressivität!“ Das habe ich mir aber vorher nicht so zurechtgelegt, sondern bei mir passiert sowas immer irgendwie.
Das Profil Ihrer Figur entwickelt sich also recht organisch in ihrem Kopf?
Ich lese die Szene und denke darüber nach, was die Figur hier und da machen könnte. Wie redet sie? Schreit die Figur, spricht sie langsam oder leise? Dann sehe ich: Aha, da steht jetzt „schreien“. Ich fände es aber besser, wenn sie jetzt ganz ruhig redet. Oder ich finde: Den Satz streichen wir einfach! Es ist viel besser, wenn er jetzt nichts sagt. - Aber, wie gesagt: Jeder Schauspieler geht da anders ran.
Um nochmal auf das Grundproblem von Malte zurückzukommen: Als Mann, der seine Frau Liv vor der Vergewaltigung nicht schützen konnte, obwohl er gegen drei Typen, die zudem auch noch mit Messern bewaffnet waren, überhaupt keine Chance hatte: Was macht diese männliche Disposition, auch mit dem damit zusammenhängende Schuldgefühl, für Sie aus?
Ich glaube, da geht es um einen männlichen Urinstinkt, der auf einen zurückfällt: Man will seine Familie schützen und kann seine Familie, bzw. seine Frau aber nicht schützen! Das löst extreme Selbstzweifel aus und geht mit seinem Ego nicht zusammen. Das versucht Malte ja den ganzen Film über wiederzufinden. Und das ist erst wieder da, als er ganz am Schluss den Vergewaltiger hätte erwürgen können und ihn auch fast schon erwürgt hat. Erst ab da hat er wieder seinen Stolz und sein Selbstwertgefühl zurück.
Malte stellt sich damit also selbst ins Zentrum des Interesses?
Eigentlich handelt Malte sehr egoistisch, weil er die Revanche für sich braucht, und vergisst dabei teilweise seine Frau. Das sind Prozesse, und da gibt es kein Richtig oder Falsch. Er handelt halt so, wie er kann. Wie gesagt: Ich mochte an der Geschichte, dass zwei Menschen unterschiedlichen Geschlechts komplett verschieden mit der Erfahrung umgehen. Dass man es gleichzeitig versteht und doch wiederum nicht versteht, finde ich toll.
Wie sehen Sie die Figur des Vergewaltigers Sascha? Dieses aggressive Potential ist ja scheinbar tief in ihm verwurzelt. Das zeigt sich auch am Ende der Geschichte erneut, als er verächtlich auf Liv reagiert.
Sascha, der Vergewaltiger, verdrängt auch auf eine gewisse Art, dass er das getan hat. Er hat jetzt eine tolle Beziehung, die läuft. Er liebt seine Freundin, und da kommt die Vergangenheit und holt ihn ein. Das Verbrechen verdrängt er da natürlich und versucht es mit Gewalt weg zu halten.
Sehr stark finde ich auch die Szene, in der die Freundin ihn fragt, warum er das gemacht hat und er antwortet: „Weil ich es konnte!“ Das ist so banal und lapidar. Und trotzdem trifft es die Sache genau auf den Punkt.
Beeindruckend an seinem Satz war für mich, dass da nicht erklärt wurde, dass er das getan hat, weil er so wütend war oder sich so schlecht gefühlt hat, oder weil er als Kind geschlagen wurde, oder was auch immer. Sondern er antwortet auf die Frage: „Warum hast Du es getan?“ einfach „Weil ich es konnte.“
Mit anderen Worten: Das Böse ist banal! Und: Verhalten bekommt unter Umständen eine Eigendynamik, weil keine Grenzen gesetzt werden?
Da macht jemand einfach etwas. Man guckt einfach mal, wie weit man es treiben kann. Oh! Es geht noch weiter! Da steckt auch eine Form von Neugier drin. Hält mich tatsächlich keiner auf? Okay, dann gucke ich mal, ob ich sie auch erschießen kann! Was da passiert, hat viel mit Machtrausch zu tun.
Darüber müssten Sie aber mal mit dem Leo sprechen, der den Sascha gespielt hat. Der wird das besser erklären können.
FORTSETZUNG Serie: "Das schönste Paar" 4/8 - 8/8
Interviews mit Hauptdarsteller Maximilian Brückner und Regisseur Sven Taddicken
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Foto:
1) Maximilian Brückner
© One Two Films
Info:
"DAS SCHÖNSTE PAAR"
90 minuten
FSK-Freigabe ab 16 Jahren
Kinostart: 02. Mai 2019
Regie & Drehbuch
Sven Taddicken
Darsteller
Luise Heyer (Liv), Maximilian Brückner (Malte),
Leonard Kunz (Sascha), Jasna Fritzi Bauer (Jenny),
Florian Bartholomäi (Henning), Inga Birkenfeld (Maren),
Oskar Bökelmann (Janko), Matthias Lier (Boris), Aurel Manthei (Ben),
Julius Nitschkoff (Karl), Susanne Sachsse (Therapeutin), Hannah Schiller (Lydia),
Jakob Schmidt (Hendrik), Vivien Sczesny (Clara), Mirko Kraft (Julius),
Ronald Kukulies (Anwalt), Varia Linnéa Sjöström (Franzi)
Musik
Éric Neveux
Kamera
Daniela Knapp
Schnitt
Andreas Wodraschke
Casting
Simone Bär
Produktion
One Two Films GmbH,
Arsam International, WDR - Westdeutscher Rundfunk, Arte
Verleih
Koryphäen Film