Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Kaum sieht man die alten Menschen und liest solche Straßennamen wie Spielberg Place, weiß man, was ja schon der Titel andeutet, daß wir uns in einem Altersheim in Hollywood befinden und – muß spontan an diesen wunderbaren Film KUSS DER TOSCA denken, den Daniel Schmid 1985 über die Bewohner des Altersheims La Casa Verdi in Mailand drehte, eine Einrichtung, die Giuseppe Verdi persönlich im Jahr 1896 gegründet hatte.
Dieses Altersheim ist für Opernsängerinnen und -sänger, das Altersheim in Hollywood dagegen, über das im vorherigen Artikel die Details erzählt wurden, wird nicht von den Superstars von gestern bewohnt, sondern von der zweiten Garde und auch der Nachhut – dafür aber in der Breite der Berufe im Filmgeschäft, natürlich auch Schauspieler, aber auch diejenigen, die hinter der Kamera stehen, fürs Bild, für den Ton, für die Beleuchtung, für die Masken, Kostüme etc. zuständig waren, aber auch diejenigen, die Drehbücher schreiben oder überhaupt als Produzenten die Filme ins Kino bringen.
Von den über 200 Bewohnern hat Filmemacher Uli Gaulke sehr geschickt seine personelle Auswahl getroffen, Personen, die uns durch den Film begleiten, immer wieder auftauchen oder wie das Ehepaar Joel und Deborah Rogosin – er Produzent, sie gewesene Psychotherapeutin – die Grundmelodie dieses so melancholischen wie heiteren Dokumentarfilms abgeben. Es beginnt mit der zur Zeit der Dreharbeiten 103jährigen Connie Sawyer, die als Älteste in der Runde eine besonders Muntere ist und zudem jemand, der auf sein Äußeres, einschließlich des farbliche passenden Nagellack höchsten Wert legt. Ein lockeres Mundwerk hat sie auch und man ist baff, wie gut sie sich erinnert und Substantielles zur Vergangenheit kundtut. Und erneut hat Uli Gaulke eine gute Idee, wenn er einerseits Connie Sawyer zum Reden bringt, andererseits unaufdringlich sie in Filmausschnitten in verschiedenen Rollen zeigt, wo man mitbekommt, daß sie mit bedeutenden Regisseuren und bekannten Kollegen gedreht hatte.
So werden auch alle anderen in ihrer Vergangenheit dargestellt, wenn möglich in Filmausschnitten und sonst in alten Aufnahmen. Die Vergangenheit bildet jedoch nur den notwendigen Hintergrund für die Gegenwart in diesem Altersheim, die geprägt ist von filmischen Projekten, für die sich einzelne in Gruppen zusammenfinden. Zwei solche Projekte bilden einen roten Faden durch den Film, wobei insbesondere der Schreibwerkshop lebhafte Diskussionen auslöst. Eigentlich sollte dieser nur einige Monate laufen, befindet sich jedoch schon im dritten Jahr mit der neuen, von den Mitgliedern erdachten Aufgabe, eine Fortsetzung von CASABLANCA, 1942, mit einem Wiedersehen von Rick und Ilsa Lund zu schreiben und filmisch umzusetzen.
Einen eigenen Kanal hat das Altersheim auch, den MPTF-Channel 22, für den dreht Jerry Sedley Kaufmann gerne, der eine rasante Karriere hatte und nun seine Fähigkeiten und Fertigkeiten gebündelt abliefert. Sein Projekt SANTA CLAUS FOR ALL SEASONS mit der Schauspielerin Dena Dietrich ist ein Dauerbrenner. Doch es geht nicht nur um die Weiterführung des Arbeitslebens im Alter. Es geht auch um die Beziehungen von Paaren, die seit Jahrzehnten oder auch erst gerade zusammen sind. Wie aus einem Hollywoodfilm der Dreißiger/Vierziger Jahre sind die Dialoge des Ehepaares Rogosin, witzig, polarisierend und durch Liebesbezeugungen immer wieder ins Lot gebracht. Mit großer Zärtlichkeit und sprachlich brillant bringen die beiden uns Zuschauern ihre Zusammengehörigkeit unter die Haut und sind so etwas wie ein Pegel für den Gehalt des Films, der Wahrheit mit Poesie und Leidenschaft für den Film vereint.
Als Einzelinterview ist zwischengeschnitten Daniel Selznick, Sohn von David O. Selznick, dem legendären Produzenten von VOM WINDE VERWEHT, und Enkel von Louis B. Mayer. Wenn er davon erzählt, wie alle ihn auf den Film als Lebensziel festlegen wollten, er aber anderes vorhatte, ist das genauso interessant wie, daß er dann doch beim Filmproduzieren landete. Mit wichtigen Ergebnissen. So hatte er sich für ein Projekt des jungen Regisseurs George Lucas ausgesprochen, das als AMERICAN GRAFFITI weltberühmt wurde und Lucas zum Starregisseur machte.
Daß die Filmwelt weiß und hauptsächlich männlich war, wo Frauen als schmückende Beigabe auftraten, vermittelt der Film deutlich, ohne daß dies angesprochen würde. Aber man sieht daran, daß wir längst schon weiterdenken, auch wenn das nicht Absicht des Films war. Der ist nicht kritisch, sondern auf Seiten der Leute, die er porträtiert.
Fotos:
© Verleih
Info:
Connie Sawyer
SCHAUSPIELERIN
Tony Lawrence
AUTOR UND PRODUZENT
Madie Smith
SCHAUSPIELERIN
Dena Dietrich
SCHAUSPIELERIN
Anne Faulkner
SCHAUSPIELERIN
Daniel Selznick
PRODUZENT
Wright King
SCHAUSPIELER
Joel Rogosin
PRODUZENT
Deborah Rogosin
PSYCHOTHERAPEUTIN
Jerry Sedley Kaufmann
REGISSEUR
Phil Haberman
EDITOR
Brett Hadley
SCHAUSPIELER
Ted Witzer
AGENT
Maggie Malooly
SCHAUSPIELERIN
Duke Anderson
TONMEISTER
© Verleih
Info:
Connie Sawyer
SCHAUSPIELERIN
Tony Lawrence
AUTOR UND PRODUZENT
Madie Smith
SCHAUSPIELERIN
Dena Dietrich
SCHAUSPIELERIN
Anne Faulkner
SCHAUSPIELERIN
Daniel Selznick
PRODUZENT
Wright King
SCHAUSPIELER
Joel Rogosin
PRODUZENT
Deborah Rogosin
PSYCHOTHERAPEUTIN
Jerry Sedley Kaufmann
REGISSEUR
Phil Haberman
EDITOR
Brett Hadley
SCHAUSPIELER
Ted Witzer
AGENT
Maggie Malooly
SCHAUSPIELERIN
Duke Anderson
TONMEISTER